Riesenslalom in AdelbodenOdermatt macht den Showman – und warum sein Chef zur Demut mahnt
Trotz verkürztem Rennen deklassiert der Nidwaldner die Konkurrenz. Mit seinem dritten Sieg in Folge am Chuenisbärgli stellt er sich auf die Stufe mit einer Legende.
Und dann hat er sogar noch die Energie für eine Showeinlage. Auf seinem Hintern rutscht Marco Odermatt über die Schutzmatte im Ziel, sehr zur Freude der 25’000 Zuschauerinnen und Zuschauer, die völlig aus dem Häuschen geraten. Jubel, Trubel, Bierdusche in Adelboden.
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Wegen der schlechten Sicht musste der Riesenslalom um 15 auf 40 Tore verkürzt werden. Und trotzdem ist Odermatt mindestens 1,26 Sekunden schneller als die Konkurrenz. Der überraschende Zweite Aleksander Kilde – es handelt sich um seinen ersten Podestplatz im Riesenslalom – und Filip Zubcic sind die Besten des Rests. Den Grundstein für seinen 29. Weltcupsieg legt Odermatt bereits im ersten Lauf mit einem Vorsprung von über einer Sekunde. «Ich weiss, was ich kann und was es braucht. Und so bin ich im zweiten Lauf gefahren. Gerade bei solchen Bedingungen hilft es, wenn du nicht bei jedem Tor alles riskieren musst», sagt er.
Der Himmel hängt voller Geigen für Odermatt an diesem Samstag. Doch er vergisst trotz lauter Trubel nicht, sich bei den Pistenarbeitern zu bedanken, die mit ihrem Effort ein Rennen erst möglich gemacht haben.
Nur Stenmark ist noch erfolgreicher
Denn es ist tatsächlich noch Winter geworden in Adelboden. Am Freitagnachmittag begann es zu schneien und bis nach dem Rennen hat es nicht mehr aufgehört. Während der ganzen Nacht standen 100 Helfer im Einsatz, neben Militär und Zivilschutz wurde kurzfristig gar die Skischule Adelboden aufgeboten, um die Piste vom Neuschnee zu befreien. Es hat sich gelohnt: Die Unterlage präsentiert sich in einem Top-Zustand, was angesichts der Umstände – Regen und Wärme im Vorfeld, dann Schnee – keine Selbstverständlichkeit ist.
Fast ein wenig an Peking habe ihn dieses Szenario erinnert, sagt Odermatt. Bei den Olympischen Spielen vor zwei Jahren stand er vor dem Riesenslalom noch ohne Medaille da, entsprechend gross war der Druck. Dann lieferte er im Schneegestöber ab. Nach seinem neuerlichen Triumph in Adelboden sagt er: «Ich habe schon bei allen Bedingungen und in jeder Situation gewinnen können, das hilft.»
Der Nidwaldner strotzt vor Selbstvertrauen. Die Frage ist längst nicht mehr, ob er im Riesenslalom gewinnt, sondern wer hinter ihm Zweiter wird. Das siebte Rennen in Folge hat er nun für sich entschieden, nur Ingemar Stenmark ist ihm diesbezüglich noch voraus: Der Schwede reüssierte einst 14 Mal in Folge, in Adelboden zwischen 1979 und 1982 viermal am Stück. Mit seinem dritten Streich in Folge hat Odermatt am Chuenisbärgli mit Hermann Maier gleichgezogen. Er könne es hier viel mehr geniessen als noch vor ein paar Jahren, meint der sichtlich gelassene Dominator.
Das Teamergebnis: Okay – aber nicht mehr
Dabei ist es noch gar noch nicht so lange her, da war für die Schweizer am Chuenisbärgli nicht ansatzweise ans Geniessen zu denken, ja mutierte dieses für sie zum «Chummerbärgli». Zwischen 2009 und 2020 standen sie hier nicht auf dem Podest, Jahr für Jahr scheiterten sie grandios. «Ich habe das nicht miterlebt, aber unsere Leute mussten manchmal die Skijacke umdrehen, wenn sie hier aus der Arena liefen», sagt Swiss-Ski-CEO Walter Reusser. Zu gross war die Enttäuschung und der Frust beim Publikum, der auf die Athleten und Betreuer niederzuprasseln drohte. «Und das war irgendwie auch verständlich. Umso schöner ist es, können wir den Fans nun etwas zurückgeben», sagt Reusser.
Doch ist der Berner stets darauf bedacht, sich nicht vom Momentum blenden zu lassen: «Athleten wie Odermatt kannst du nicht entwickeln. Sie kommen von sich aus und du kannst nur hoffen, dass sie die richtige Nationalität haben.» Natürlich hilft es, einen solchen Überfahrer in den eigenen Reihen zu haben, weil er für Ruhe im Umfeld sorgt. Aber Reusser misst den Erfolg nicht nur an Odermatt. «Es ist schön, wenn einer gewinnt, aber es ist eben auch wichtig, wenn du sieben, acht Fahrer in den ersten 30 hast. Dann wird der eine oder andere auch einmal nach vorne fahren.»
Insofern geht das Ergebnis von Adelboden aus Schweizer Optik in Ordnung – aber eben nicht mehr. Gino Caviezel und Justin Murisier liebäugelten beide mit einem Podestplatz. Nun belegen sie die Ränge 12 und 13. Livio Simonet (22.) und Thomas Tumler (25.) holen ebenfalls ein paar Weltcup-Punkte. Ohne Odermatt hätten die Schweizer ihre Jacke beim Verlassen der Arena nicht umdrehen müssen. Aber sie hätten eben auch nichts zu feiern gehabt.
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Startnummer 8 – Alexander Schmid
Der Deutsche verliert fast zwei Sekunden und fährt auf Zwischenrang 5.
Startnummer 7 – Loïc Meillard
Bitterer Heimauftritt für Loïc Meillard. Der Neuenburger ist gut unterwegs, doch dann öffnet ihm die Skibindung. Das ist sehr unglücklich, schwärmte Meillard doch im Sommer noch von der Bindung.
Startnummer 6 – Gino Caviezel
Der Reiz der langen Latten - es gibt ihn auch bei Gino Caviezel. Im Super-G ist der Bündner ganz passabel unterwegs, das zeigte er jüngst mit Rang 10 in Bormio. Doch obwohl ihn Odermatt und Murisier immer wieder pushten, dauerhaft auf die Speed-Disziplinen umzusteigen, wehrt sich Caviezel noch dagegen. Er setzt auf den Riesenslalom und den Super-G. Vergangenen Winter hat er in der Basisdisziplin als Zweiter von Schladming seinen zweiten Podestplatz geholt. In dieser Saison wartet er noch auf einen Exploit.
“Es ist noch nicht alles rund gelaufen, aber ich fühle mich gut, der Speed ist da und das Material passt. Nun hoffe ich, dass ich das zeigen kann.” Es ist ein solider Auftritt von Caviezel – er klassiert sich direkt hinter Odermatt.
Alexis Pinturault
2021 gewann er in Adelboden beide Geister-Riesenslaloms, wegen der Corona-Beschränkungen waren keine Zuschauer zugelassen. Nun verzichtet der Franzose auf einen Start – obwohl er noch am Freitag im Berner Oberland weilte. Der Grund ist freudig: Seine Frau Romane erwartet etwas verfrüht das erste Kind, sie liegt mit Wehen im Spital in Bern.
Startnummer 4 – Filip Zubcic
Der Kroate sagte vor wenigen Tagen, er befinde sich in der Form seines Lebens. Im ersten Riesenslalom von Alta Badia war er ja auch Zweiter geworden, brachte gar Marco Odermatt in Bedrängnis. Bleibt zu hoffen, dass er eine ruhige Nacht gehabt hat – er logiert in einem Hotel mitten im Dorf, auf dem Vorplatz des Hauses wird bis in die Nacht hinein an einer Bar gejohlt. Wie auch immer: Zubcic kann nicht mithalten, verliert 1,55 Sekunden.
Startnummer 3 – Marco Odermatt
“Solche Emotionen, wie ich sie in den letzten beiden Jahren in Adelboden erlebt habe, viel mehr geht nicht”, sagt Marco Odermatt. 2022 weinte er vor dem zweiten Lauf auf dem Sessellift, derart schwer lastete der Druck auf seinen Schultern. Mittlerweile meistert er die Riesenslaloms wie ein Meister.
Und Odermatt brilliert auch in diesem ersten Lauf von Adelboden. 1,54 Vorsprung auf Kristoffersen!
Startnummer 2 – Henrik Kristoffersen
Beim Norweger drückt der Schuh – und zwar so richtig. Er tut sich schwer in diesem Winter, steht noch immer ohne Podestplatz da. Ein Grund dafür ist offenbar der neue Skischuh: Im erfolgreichen letzten Winter war er mit einem Modell der Firma Lange unterwegs, doch der Ausrüster hat die Zusammenarbeit mit ihm wegen dessen Umstieg von der Skimarke Rossignol zu Van Deer beendet. Van Deer baute einen eigenen Schuh, mit der Abstimmung sei das aber so eine Sache, sagte Trainer Jörg Roten unlängst im «Blick». Aber: Adelboden liegt ihm. Und Kristoffersen nimmt Kranjec fast eine Sekunde ab und geht in Führung.
Startnummer 1 – Zan Kranjec
Apropos Zan Kranjec. Der Slowene eröffnet den Riesenslalom von Adelboden. 2020 hat er hier triumphiert, seither ist er aber nur noch einmal in die Punkte gefahren, als Fünfter im Vergangenen Jahr.
Kranjec ist unterwegs. Weil nicht von zuoberst gestartet wird, müssen die Athleten 15 Tore weniger, also 40 absolvieren.
Die Favoriten
Wer gewinnt den Klassiker am Chuenisbärgli? Eigentlich kann es nur einen geben: Marco Odermatt. Alle drei Riesenslaloms in dieser Saison hat der Nidwaldner gewonnen, zudem 2022 und 2023 am Chuenisbärgli triumphiert. Wer auf ihn setzt, erhält «nur» das 1,29-fache. Zum Vergleich: Zan Kranjec, der hinter Odermatt in diesem Winter zweimal Dritter wurde, hat eine Quote von 10,7.
Die Bierleichen
Gefragt nach einem Highlight in Adelboden, meinte Gino Caviezel am Freitag: “Das ist, wenn ich am Morgen früh zur Piste gehe und die Leute auf den Gassen antreffe, die noch gar nicht im Bett waren.
Nun, auch am Freitag wurde zünftig gefeiert. Und wir hoffen, dass es der junge Mann mit der prächtigen Vokuhila-Frisur doch noch irgendwann nach Hause geschafft hat, der da stundenlang im T-Shirt tanzend respektive wankend in der Kälte ausgeharrt hat.
Das Wetter
Über die Weihnachtstage konnten die Touristen bei milden 14 Grad im T-Shirt durch Adelboden flanieren. Dann kam der grosse Regen, der gerade den unteren Teil der Strecke aufweichte. Und seit Freitagnachmittag schneit es nun unaufhörlich. 100 Helfer standen vergangene Nacht am Berg, um die Piste vom Neuschnee zu befreien respektive in den optimalen Zustand zu bringen.
Doch der Schnee ist nicht das grösste Problem. Der obere Teil der Strecke ist in dicken Nebel gehüllt. Deshalb werden die Fahrer nicht von zuoberst, sondern vom Reservestart starten müssen. Und FIS-Renndirektor Markus Waldner bat die Kurssetzer, einen sicheren Lauf auszustecken. “Sind wir hier zu schnell unterwegs, wird es bei dieser Sicht sehr gefährlich.”
Herzlich Willkommen
Herzlich Willkommen zum Riesenslalom von Adelboden. Schön, verfolgen Sie den Klassiker am Chuenisbärgli mit uns. Wir freuen uns, Sie durch dieses Rennen führen zu dürfen.
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