Revolutionärer Bürgermeister in Süditalien festgenommen
Domenico Lucano wird unter anderem vorgeworfen, Scheinehen zwischen Bewohnern seines Dorfes und Migrantinnen arrangiert zu haben.
Durch die erfolgreiche Integration von Flüchtlingen wurde der Bürgermeister des süditalienischen Dorfes Riace europaweit bekannt – jetzt ist Domenico Lucano festgenommen worden.
Wie die Staatsanwaltschaft im kalabrischen Locri am Dienstag mitteilte, wurde Lucano wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung und finanzieller Unregelmässigkeiten bei der Müllabfuhr unter Hausarrest gestellt. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, Scheinehen zwischen Bewohnern seines Dorfes und Migrantinnen arrangiert zu haben.
Die Staatsanwaltschaft beruft sich auf abgehörte Telefongespräche Lucanos. In einem Telefonat empfahl er demnach einer Nigerianerin eine Scheinehe, um an eine Aufenthaltsgenehmigung zu kommen. «Wissen Sie, was meines Erachtens die einzige Möglichkeit ist?», fragte der Bürgermeister der Staatsanwaltschaft zufolge. «Dass Sie heiraten, so wie Stella es gemacht hat. Stella hat Nazareno geheiratet. Ich bin für das Standesamt zuständig, ich kann sofort eine Eheschliessung mit einem italienischen Staatsbürger vornehmen.»
Intergration zum Vorzeigen
Lucano hatte das 1800-Einwohner-Dorf Riacezu einem Musterbeispiel für die Integration von Flüchtlingen gemacht. In den vergangenen Jahren nahm er dutzende Menschen etwa aus Afghanistan, Eritrea und dem Irak auf und quartierte sie in leerstehenden Häusern in dem von Landflucht betroffenen Dorf Riacezu ein. Die Dorfschule wurde wieder geöffnet, von Flüchtlingen und Dorfbewohnern neu eröffnete Geschäfte und Ateliers zogen Touristen an.
2010 kam Lucano bei der Wahl der besten Bürgermeister weltweit auf Platz drei, 2016 wurde er von der Zeitschrift «Fortune» in die Liste der 50 einflussreichsten Persönlichkeiten aufgenommen. Der deutsche Regisseur Wim Wenders drehte einen Film über ihn, ein italienischer Fernsehfilm soll im Februar ausgestrahlt werden.
Seit dem Sommer regiert in Italien eine Regierung aus der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtsextremen Lega. Vor allem Vizeregierungschef und Innenminister Matteo Salvini von der Lega-Partei verfolgt einen flüchtlingsfeindlichen Kurs. Er lässt etwa keine Schiffe von Hilfsorganisationen mehr in italienische Häfen.
AFP/nag
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