Aus für Zürcher Traditionslokal Das Café Schlauch schliesst im Mai
Nach 35 Jahren hört das Wirtepaar der über 100-jährigen Institution auf. Wie es mit dem Lokal im Niederdorf weitergeht, ist offen.
Tische aus altem Kirschbaumholz statt aus hippem Marmor, Würfelparkett statt verputzer Boden, Schnitzel mit Spaghetti und Gerstenküchlein statt Bowls und Tacos: Das Café Schlauch im Obergeschoss des Hauses gegenüber der Bodega Española im Niederdorf gehört zur aussterbenden Spezies jener Gastrobetriebe, die sich nie verändern und gleichzeitig einzigartig sind.
Bio-Pioniere
Das Café Schlauch ist in der Stadt nicht nur für seine versteckte Gartenterrasse, sondern auch für seinen Billardsaal bekannt; ebenso für den schönen Gastraum mit Oberlicht. Was saisonale Biokost angeht, war der Schlauch ein Vorreiter: Lange bevor sich Bioprodukte in den Supermärkten durchsetzten, setzte das Gastgeberpaar Gabriela Weingand-Schnepf und Rolf Weingand in seiner Vollwertküche auf Frischprodukte aus Bioanbau.
Nun soll das über 100-jährige Lokal mit Billardtischen und verwunschenem Hinterhofgarten aus der Zürcher Gastrolandschaft verschwinden. Zumindest in seiner jetzigen Form: Wie das «Regionaljournal Zürich-Schaffhausen» vergangene Woche zuerst berichtete, hören die Weingands, die im Pensionsalter sind, Ende Mai auf.
Seit 1989 haben Gabriela Weingand-Schnepf und Rolf Weingand mit grossem Einsatz die Institution und Stadtoase im Niederdorf geführt. Jetzt ist Schluss. Es sei für sie eine riesige Erleichterung, aufhören zu können, auch wenn es ihr für die Gäste leidtue, sagte Gabriela Weingand-Schnepf in einem Beitrag auf TeleZüri vom Sonntag. Zuletzt hatten sie und ihr Mann auch mit Personalmangel zu kämpfen. Wer das Café Schlauch übernimmt, ist bis jetzt offen.
Der Schlauch, benannt nach dem früheren Stammlokal der Feuerwehr, wurde 1920 von Gabriela Weingands Grossvater Franz Schnepf gegründet. Der gelernte Schreiner war nach der Jahrhundertwende von Meran nach Zürich gekommen und eröffnete im heutigen Lokal eine Tanzschule. Später richtete er in der Gaststätte auch einen Billardsaal ein.
Traditionslokale verschwinden – aber nicht alle
Das Café Schlauch ist nicht das einzige Traditionslokal mit über 100 Jahren auf dem Buckel, das schliesst. Vergangenes Jahr ging das Cooperativo im Kreis 4 nach 118 Jahren zu. Eine Neuauflage steht bislang aus. Nicht fix geschlossen, aber umgebaut und erneuert wird derzeit das Sprüngli-Café im 1. Stock am Paradeplatz im Jugendstilhaus von 1909/10. Es bleibt bis im Herbst zu.
Eine lange Lebensdauer heisst aber nicht unbedingt das Ende eines Restaurants, selbst wenn die Wirtefamilie wechselt. Dafür steht die Bodega Española. 72 Jahre nach der Familie Winistörfer bekam das spanische Restaurant im vergangenen Jahr mit Markus und Daniela Segmüller ein neues Wirtepaar. Zudem wurde es optisch leicht aufgefrischt. Es feiert dieses Jahr den 150. Geburtstag.
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