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Bericht zu sexueller Belästigung
Die «Republik» behandelte Hinweis­geberin «unangebracht und ohne Wertschätzung»

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Im Sommer wurden schwere Vorwürfe gegen einen Journalisten des Onlinemediums «Republik» bekannt. Nun liegen die Ergebnisse einer externen Untersuchung vor. Veranlasst wurde sie durch einen Bericht von SRF.

Demnach soll der Mann, der zu den profiliertesten Journalisten des Magazins gehörte, mehrere Frauen innerhalb und ausserhalb der «Republik» sexuell belästigt haben. Dabei soll es auch zu einem «massiven sexuellen Übergriff» gekommen sein. In der Folge wurde der Journalist freigestellt und eine interne Untersuchung in Auftrag gegeben. 

Der Untersuchungsbericht, dessen Zusammenfassung die «Republik» am Freitagmorgen veröffentlichte, kritisiert nun unter anderem das Vorgehen der damaligen «Republik»-Redaktionsleitung gegenüber einer Hinweisgeberin. 

Bereits 2018 äusserte eine Journalistin Bedenken

Diese hatte bereits 2018 im Rahmen eines «Republik»-Mittagessens Bedenken über die geplante Anstellung des Journalisten geäussert. Sie sagte, er solle Frauen sexuell belästigt haben. Dennoch wurde der Journalist wenig später angestellt.

Laut Untersuchungsbericht ist unklar, wie und ob die Redaktionsleitung den Hinweisen nachgegangen ist. Es gebe «widersprechende Aussagen» dazu. Klar ist jedoch, dass sie die eingegangenen Vorwürfe mit dem heutigen Beschuldigten besprachen. Zusätzlich sollen sie ihm versichert haben, dass die entsprechende Journalistin sich noch bei ihm melden werde. Explizit klargemacht, dass übergriffiges Verhalten nicht geduldet wird, hat die Redaktionsleitung hingegen nicht – im Bericht wird dies als vertane Chance bezeichnet. 

Die Hinweisgeberin hingegen soll unter Druck gesetzt worden sein, sich zu entschuldigen. In einer Mail an alle Mitarbeitenden rügte die Redaktionsleitung ihr Vorgehen. Sie hätte sich direkt an Vorgesetzte oder das HR wenden sollen. Der Bericht kommt laut «Republik» zum Schluss, dass die Redaktionsleitung die Hinweisgeberin «unangebracht und ohne Wertschätzung» behandelt hat. 

35 Meldungen von 20 Personen zu Missständen

Stattdessen hätte die «Republik» aus Sicht der Autorin des Berichts schon damals geeignete Massnahmen ergreifen sollen, um zukünftige sexuelle Belästigung zu verhindern. Erst im vergangenen Frühling hat das Medium eine externe Meldestelle errichtet, Schulungen gemacht und andere entsprechende Massnahmen ergriffen. 

Nach dem SRF-Bericht richtete die «Republik» zusätzlich eine temporäre Meldestelle für aktuelle und ehemalige Mitarbeitende ein. Dort gingen laut Angaben des Onlinemediums bisher rund 35 Meldungen von 20 Personen ein, etwa die Hälfte davon im Zusammenhang mit dem beschuldigten Journalisten. Die restlichen betreffen andere Mobbingfälle und das generelle Arbeitsklima, wie Michel Huissoud, der Verwaltungsratspräsident der «Republik», auf Anfrage sagt.

Am 5. Oktober entschied sich die «Republik», den Journalisten per sofort zu entlassen. Eine Trennung sei angesichts der eingegangenen Meldungen «alternativlos», hiess es auf der Website des Onlinemediums. Eine Konfrontation des Beschuldigten mit den konkreten Anschuldigungen habe es nicht gegeben.

SRF-Bericht wird als «existenzbedrohend» angesehen

Der betroffene Journalist nimmt die Kündigung laut seiner Anwältin zur Kenntnis. Diese werde jedoch «voraussichtlich Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen» sein. Gegen den SRF-Bericht hat der Beschuldigte bei der Ombudsstelle Beschwerde eingereicht. Seine Anwältin betont, dass ihr Klient nie die Möglichkeit gehabt habe, zu konkreten Vorwürfen Stellung zu nehmen, und auch keine Strafanzeige gegen ihn eingereicht worden sei.

Laut SRF entspricht dies jedoch nicht den Tatsachen. Man habe dem Journalisten im Rahmen der Berichterstattung angeboten, ausführlich zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Die Rechtsvertretung des Journalisten habe dies jedoch mehrmals schriftlich abgelehnt.*

Für die «Republik» geht es bei der Angelegenheit um viel. Laut dem Branchenmagazin «Schweizer Journalist» wurde der SRF-Bericht intern als «existenzbedrohend» eingestuft. Die «Republik» finanziert sich nur durch Spenden und Abonnemente. Seit ihrer Gründung kämpfe das Medium um seinen Platz in der Medienwelt, schreibt die «Republik» in ihrer Stellungnahme zum Bericht. Darauf sei alle Energie verwendet worden. 

Darunter habe «die Harmonie der zwischen­menschlichen Beziehungen» leider teilweise gelitten. Die Auswertung der Meldungen habe gezeigt, dass «die Republik AG von Anfang an mit personellen Konflikten, Führungskämpfen und verletzendem persönlichen Verhalten auf verschiedenen Ebenen konfrontiert war». Das wolle der Verwaltungsrat nun mit weiteren Massnahmen ändern.

* Dieser Absatz mit der Stellungsnahme des SRF wurde nach der ersten Veröffentlichung am 28.10.2023 um 12:47 Uhr hinzugefügt.