Regierungsumbildung verzögert sich In Kiew herrscht Verwirrung um den Verteidigungsminister
Olexi Resnikow bleibt, entgegen jüngsten Meldungen, vorerst im Amt. Neue Chefs erhalten das Innenministerium und der Geheimdienst.
Eine Auswechslung des ukrainischen Verteidigungsministers Olexi Resnikow steht doch noch nicht unmittelbar bevor. Diese Erwartung hatte der Vertraute von Präsident Wolodimir Selenski, Dawyd Arachamia, geschürt. Der Chef der Präsidialfraktion «Diener des Volkes» verkündete im ukrainischen Parlament am Sonntag, es werde einen neuen Innenminister, einen neuen Geheimdienstchef und einen neuen Verteidigungsminister geben – und er nannte auch schon den angeblichen Nachfolger Resnikows: Kyrylo Budanow, den auch öffentlich bekannten angesehenen Chef des Militärgeheimdienstes GUR.
Doch am Montag ruderte Arachamia zurück: «Personaländerungen in der Sphäre der Verteidigung finden in dieser Woche nicht statt.» Im Klartext: Resnikow bleibt im Amt – zumindest vorerst. Der Verteidigungsminister, der den Posten seit November 2021 bekleidet, war inmitten der Abwehr des russischen Angriffskriegs zuletzt wegen eines Skandals um überteuerte Lebensmittelkäufe für die Armee in die Kritik geraten. (Lesen Sie zum Thema auch den Kommentar «Halbherziger Kampf gegen Korruption»).
Nur Zivilist darf Verteidigungsminister sein
Laut der gewöhnlich gut informierten Internetzeitung «Zerkalo Nedeli» scheiterten Entlassung und Neuernennung an Generalssternen: Nur ein Zivilist darf Verteidigungsminister sein. Doch der Karrieresoldat und im Rang eines Generalmajors stehende Militärgeheimdienstchef Budanow wollte offenbar nicht formell aus der Armee ausscheiden und seinen Rang verlieren.
Ob der angeschlagene Verteidigungsminister sein Amt dauerhaft behält, ist fraglich. Resnikows wichtigste Aufgabe besteht seit Beginn des russischen Überfalls in Verhandlungen mit westlichen Verteidigungsministern über weitere westliche Waffen für die Ukraine.
Resnikow erwartet nicht, dass die Russen von Weissrussland aus angreifen werden.
Fest stehen indes der neue Innenminister und der künftige Leiter des Geheimdienstes SBU. Der designierte Innenminister Ihor Klymenko ist ein 51 Jahre alter Karrierepolizist, der kürzlich verkündet hat, die in der Ukraine teils paramilitärisch auftretende Polizei baue gerade neue «Sturmbrigaden» aus Ukrainern auf, die «ihr Haus oder Verwandte im Krieg verloren haben». Sie sollen helfen, russisch besetzte Gebiete zurückzuerobern. Der kommende Geheimdienstchef Wassyl Maljuk ist gerade 39 Jahre alt und hat sein Leben überwiegend beim Geheimdienst zugebracht. Als Abteilungsleiter kämpfte er angeblich auch gegen die beim SBU notorische Korruption.
Der noch amtierende Verteidigungsminister sorgte inzwischen für Aufsehen mit seiner Einschätzung, dass er keinen neuen Angriff Russlands von allen Seiten wie am 24. Februar 2022 erwarte. «Wir sehen kein solches Risiko», sagte Resnikow in einem am Montag veröffentlichten Interview der «Ukrajinska Prawda». In Weissrussland, von wo aus russische Truppen vergangenen Februar auf die Hauptstadt Kiew vorgerückt waren, «beobachten wir nichts Ungewöhnliches». Angesichts des Jahrestags des russischen Einmarschs in die Ukraine am 24. Februar hat Präsident Selenski vor einer «symbolhaften Aktion» der Besatzer gewarnt.
Selenski will am EU-Gipfel teilnehmen
Selenski erwägt offensichtlich eine Reise nach Brüssel. Mehrere Mitarbeiter des Europäischen Parlaments erklärten laut Medienberichten, dass es am Donnerstag die «Wahrscheinlichkeit einer ausserordentlichen Plenartagung in Anwesenheit des ukrainischen Präsidenten» gebe. Am selben Tag treffen sich auch die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten in Brüssel zu einem Gipfel.
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