Recycling von Tetra PakGrüne fordern Sammelstellen für Getränkekartons
Es gibt kaum einen Ort in Zürich, um Kartonverpackungen von Getränken abzugeben. Das möchte auch der Zürcher Stadtrat ändern – mit einer nationalen Lösung.
Ob Eistee, Milch oder Fruchtsäfte: Getränke sind oft in Kartons, etwa von Tetra Pak, verpackt. Karton ist nach Glas und PET die dritthäufigste Verpackung. Jährlich werden in der Schweiz 700 Millionen Getränkekartons verkauft. Während 97 Prozent der Glas- und 83 Prozent der PET-Flaschen rezykliert werden, sind es bei Getränkekartons weniger als 5 Prozent.
Aufgrund dieser Zahlen fordert die Fraktion der Grünen den Stadtrat mit einer Motion dazu auf, in Zürich ein flächendeckendes Recycling von Getränkekartons einzuführen. Dies sei schon längst überfällig, begründete Selina Walgis am Mittwochabend den Vorstoss. Das Potenzial, Holz zu sparen, sei gross, und die Bevölkerung sei bereit dazu, doch es fehlten die Möglichkeiten, die Kartons auch abzugeben.
Wenige Sammelstellen in der Stadt Zürich
In der Stadt Zürich kann man Getränkekartons in den Recyclinghöfen Hagenholz und Werdhölzli, im Cargo-Tram und bei den mobilen Recyclinghöfen zur Wiederverwertung bringen. Und der Spar ist der einzige Detailhändler, der laut «Getraenkekarton.ch» an zwei Orten in der Stadt Sammelstellen eingerichtet hat. Hinzu kommen noch Anbieter von Recyling-Abos wie etwa Mr. Green, bei denen man die Getränkekartons auch abgeben kann.
Die gesammelten Kartons werden allerdings ins nahe gelegene Ausland gefahren und da rezykliert. In der Schweiz gibt es keine Recyclinganlage mehr, die das übernehmen würde, seit der Kartonverpackungshersteller Model in Weinfelden seine Anlage 2020 geschlossen hat.
Die tiefe Recyclingquote zeige, dass es in Zürich eine flächendeckende Lösung brauche, sagte Ursina Merkler (SP). Dabei könne man etwa auch mit dem Detailhandel zusammenarbeiten, ähnlich wie das bereits mit dem PET der Fall ist. Darauf zielte auch ein Textänderungsvorschlag der AL: Die Stadt Zürich solle den Detailhandel dazu verpflichten, Getränkekartons zurückzunehmen und zu rezyklieren. Denn in erster Linie solle man Einwegverpackungen vermeiden und Einkaufsläden würden eher auf Mehrwegsysteme setzen, wenn sie sich um das Recycling kümmern müssten, begründete Michael Schmid die Haltung der AL.
Nationale Lösung in Sicht
Im Namen des Stadtrats sagte Simone Brander, man unterstütze das Anliegen der Motion, doch man halte den Zeitpunkt momentan für falsch, denn in Bundesbern liefen bereits Bestrebungen für eine nationale Lösung. Die nationalen Räte haben dem Bundesrat eine Motion des St. Galler FDP-Nationalrats Marcel Dobler überwiesen, die eine Verordnung für eine flächendeckende Sammlung von Getränkekartons fordert. «Wir wären selbstverständlich bereit, uns im Rahmen eines Pilotbetriebs an der Erarbeitung einer nationalen Lösung zu beteiligen», sagte Simone Brander. «Eine eigene Lösung ist momentan nicht sinnvoll.»
Dies sieht auch die SVP so: Zürich brauche keine teure Sonderlösung, sagte Johann Widmer. Zudem engagiere sich bereits ein privater Verein, das Recycling der Getränkekartons zu verbessern. In der Privatwirtschaft ist man sich ebenfalls bewusst, dass eine nationale Lösung hermuss. So haben im vergangenen August über 70 Organisationen eine Absichtsvereinbarung unterzeichnet. Schweizweit soll ein Sammelsack angeboten werden. Zu den Unterzeichnern gehören etwa Tetra Pak, Emmi, Nestlé oder Coop und Migros. Ein konkretes Startdatum enthält die Absichtserklärung aber nicht.
Rat wandelt Motion in Postulat um
Man habe keine Zeit, zu warten, fand SP-Gemeinderätion Ursina Merkler. Es könne noch lange dauern, bis es eine nationale Lösung gebe. Diese Absicht unterstützten auch die FDP und die GLP – aber bloss in Form eines weniger verbindlichen Postulats statt einer Motion. Die Grünen stiegen auf diesen Deal ein, da ihr Anliegen sonst keine Mehrheit gefunden hätte. So wurde das Postulat schliesslich mit einer komfortablen Mehrheit von 95 zu 22 Stimmen überwiesen – bloss die SVP und die AL stellten sich dagegen.
Bei einer Motion hätte der Stadtrat zwei Jahre Zeit gehabt, um eine entsprechende Weisung vorzulegen. Ein Postulat fordert den Stadtrat bloss auf, das Anliegen zu prüfen. Dabei dürfte die Regierung zu einem ähnlichen Schluss kommen, wie er bereits am Mittwochabend kommunizierte: Es sei besser, auf eine nationale Lösung zu warten.
Korrektur vom 5.10. um 09.20 Uhr: In einer ersten Version dieses Artikels hiess es, in der Schweiz würden jedes Jahr 7 Millionen Getränkekartons verkauft. Korrekt ist: Es sind rund 700 Millionen.
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