Reaktionen auf Henry Kissingers Tod«Am dankbarsten bin ich für seine Freundschaft»
Frühere Weggefährten wie der ehemalige US-Präsident George W. Bush würdigen den verstorbenen Ex-Aussenminister. Aber es gibt auch kritische Stimmen.

Nach dem Tod des früheren US-Aussenministers Henry Kissinger (lesen Sie hier den ausführlichen Nachruf) gibt es zahlreiche Würdigungen von Politikerinnen und Politikern aus aller Welt, zum Teil aber auch kritische Anmerkungen in Bezug auf sein Wirken. Kissinger war stets umstritten. Während er etwa von früheren Weggefährten als einer der grössten Diplomaten des 20. Jahrhunderts und geschickter Verteidiger von US-Interessen gelobt wird, werfen ihm Kritiker Skrupellosigkeit und Machtbesessenheit vor. Ein Überblick über die wichtigsten Reaktionen:
George W. Bush
Der frühere US-Präsident George W. Bush sagt: «Mit dem Tod von Henry Kissinger hat Amerika eine der verlässlichsten und unverwechselbaren Stimmen in Fragen der Aussenpolitik verloren.» Kissinger habe in den Regierungen zweier US-Präsidenten gearbeitet und viele weitere beraten, schreibt Bush – auch ihn selbst. «Ich bin dankbar für diesen Dienst und Rat, aber am dankbarsten bin ich für seine Freundschaft.» Er habe Kissinger bewundert, der als Junge vor den Nazis floh und sie später in der US-Armee bekämpfte.
Olaf Scholz
In einem Beitrag auf der Onlineplattform X betont der deutsche Kanzler Olaf Scholz, wie wichtig Kissingers Einsatz für die transatlantische Freundschaft zwischen den USA und Deutschland gewesen sei. «Henry Kissinger prägte die amerikanische Aussenpolitik wie nur wenige andere.» Scholz schreibt weiter: «Die Welt verliert einen besonderen Diplomaten.»
Ursula von der Leyen
Kissingers diplomatische Strategie und seine Exzellenz hätten die Weltpolitik im gesamten 20. Jahrhundert geprägt, schreibt EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen auf X. «Sein Einfluss und sein Vermächtnis werden bis weit ins 21. Jahrhundert hinein nachwirken.»
Offizielle Reaktion aus China
In Peking bezeichnete Aussenamtssprecher Wang Wenbin Kissinger als «guten alten Freund des chinesischen Volkes». Er sei ein Pionier und Erbauer der Beziehungen zwischen den USA und China gewesen. «Er wird in den Herzen der Menschen in China immer als geschätzter alter Freund lebendig bleiben», schreibt Chinas Botschafter in den USA, Xie Feng, auf X. Erst im Juli hatte Kissinger den chinesischen Staatschef Xi Jinping in Peking getroffen – zu einem Zeitpunkt, als sich die amerikanisch-chinesischen Beziehungen auf einem Tiefpunkt befanden. In China wird der ehemalige US-Aussenminister dafür gefeiert, dass er unter Nixon für eine Annäherung zwischen den USA und China gesorgt hatte.
Wladimir Putin
Der russische Präsident Wladimir Putin hat den verstorbenen früheren US-Aussenminister Henry Kissinger als «weisen Staatsmann und Visionär» gewürdigt. Putin verwies am Donnerstag in einem Kondolenzschreiben an Kissingers Witwe auf den Beitrag des Diplomaten für eine Entspannung in den Beziehungen zwischen der früheren Sowjetunion und den USA.
«Der Name Henry Kissinger ist fest verbunden mit seiner pragmatischen Aussenpolitik, die zu seiner Zeit den Weg für eine Entspannung der internationalen Spannungen geebnet hat», erklärte Putin laut einer Mitteilung des Kreml. Kissingers Aussenpolitik habe die wichtigsten Abkommen zwischen der Sowjetunion und den USA ermöglicht, «die zu einer Stärkung der globalen Sicherheit beigetragen haben».
David Cameron
Der britische Aussenminister David Cameron hat Kissinger gemäss der Deutschen Presse-Agentur (dpa) als grossen Staatsmann und zutiefst respektierten Diplomaten gewürdigt. Erst vor ein paar Monaten habe er mit Kissinger noch über den russischen Krieg gegen die Ukraine, den Iran sowie neue Herausforderungen durch Russland und China gesprochen, schrieb der frühere Premierminister im Kurznachrichtendienst X (einst Twitter). «Selbst mit 100 strahlten seine Weisheit und Nachdenklichkeit durch.» Er werde auf der Weltbühne vermisst werden.
Angehörige von US-Präsident Richard Nixon
Nixons Töchter, Tricia Nixon Cox und Julie Nixon Eisenhower, sagen, ihr Vater und Kissinger hätten «eine Partnerschaft genossen, die eine Generation des Friedens für unsere Nation hervorgebracht hat». Sie würdigen Kissingers herausragende Rolle bei der «historischen Öffnung» der USA gegenüber der Volksrepublik China und bei der Entspannung der Beziehungen mit der Sowjetunion – Initiativen, die das Ende des Kalten Krieges einleiteten. «Seine ‹Shuttle-Diplomatie› in den Nahen Osten habe dazu beigetragen, die Spannungen in dieser unruhigen Region der Welt zu entspannen», heisst es in einer Erklärung der Nixon-Töchter.
Kritik in den sozialen Medien
In den sozialen Medien hingegen fallen die Reaktionen weit weniger wohlwollend aus. Einige User veröffentlichen Videos, in denen sie den Tod Kissingers feiern. Das Magazin «Rolling Stone» titelt: «Henry Kissinger, der von der herrschenden Klasse Amerikas geliebte Kriegsverbrecher, ist endlich gestorben.» Mehr als fragwürdig ist die Rolle, die Kissinger bei der Bombardierung Kambodschas spielte. Schwer wiegen auch die Vorwürfe wegen seiner Rolle beim Militärputsch 1973 in Chile. Kissinger musste sich auch immer wieder die Frage gefallen lassen, ob er wirklich auf die Beendigung des Vietnamkriegs gedrungen habe oder ihn nicht eher, um Nixons Wahlchancen zu steigern, unnötig verlängert hat.
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