Verblüffende EntdeckungRauchgas verbessert die Ausdauer
Kohlenmonoxid kennen viele als Abgase aus dem Autoverkehr. Wenn man das giftige Rauchgas aber in geringen Mengen inhaliert, kann es die Leistung erhöhen, haben Forscher herausgefunden.
Zur Steigerung ihrer Ausdauerleistungsfähigkeit müssen Sportler viel trainieren. Eine mögliche Form ist das Training unter Sauerstoffmangel (Hypoxie). Dies geschieht etwa in den Bergen, wo die Luft dünner ist. Es gibt aber auch Trainingsmöglichkeiten im Flachland, meist in Form von speziellen Zimmern oder -zelten, in denen der Sauerstoffgehalt der Atemluft künstlich reduziert und so ein Höhentraining simuliert wird. Sportmediziner der Universität Bayreuth um Professor Walter Schmidt zeigen jetzt in ihrer Studie, dass es einen weiteren Weg gibt, um die Ausdauer zu verbessern: eingeatmetes Kohlenmonoxid.
Wirkt wie ein Höhentraining
Das klingt erst einmal widersinnig. Kohlenmonoxid ist bekanntlich jenes Gas, das zum Beispiel bei Autos hinten aus dem Auspuff kommt oder bei unvollständigen Verbrennungen entsteht und zu lebensgefährlichen Rauchgasvergiftungen führen kann.
Der positive Effekt auf die Ausdauer lässt sich jedoch einfach erklären: Kohlenmonoxid hindert Sauerstoffmoleküle daran, sich mit Hämoglobin zu verbinden, das den Körper normalerweise mit Sauerstoff versorgt. Dadurch kommt es zu einem Sauerstoffmangel. Den versucht der Organismus nun auszugleichen – indem er mehr rote Blutkörperchen bildet. Der Körper reagiert also mit ähnlichen Anpassungseffekten wie bei einem klassischen Höhentraining.
Ungeklärte Fragen
Für die Studie hatten elf gesunde und moderat trainierte Männer drei Wochen lang fünfmal täglich eine geringe Menge Kohlenmonoxid eingeatmet; elf weitere Probanden erhielten eine Placebo-Inhalation. Während des Versuchs stieg die Hämoglobinmasse in der Kohlenmonoxid-Gruppe um rund fünf Prozent.
«Eine gezielte Inhalation von Kohlenmonoxid in geringen Dosen könnte somit eine Alternative sein zu einem Höhentraining oder anderen Massnahmen, die den Organismus einem kontrollierten Sauerstoffdefizit aussetzen», sagt Walter Schmidt, der an der Universität Bayreuth die Abteilung für Sportmedizin und Sportphysiologie leitet. Allerdings müssten vor der praktischen Anwendung unbedingt ethische Fragen geklärt und medizinische Aspekte noch genauer erforscht werden.
«Ein gefährliches Gas»
Das sieht auch German Clénin so, der Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Sportmedizin. Die Studie sei «plausibel und nachvollziehbar». Doch weil man die längerfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit nicht kenne, stuft er die Methode als «höchst problematisch» ein: «Kohlenmonoxid ist und bleibt ein gefährliches Gas.»
Sportarzt Clénin, der seinen deutschen Fachkollegen Schmidt als «hochkompetenten und seriösen» Mediziner kennt, glaubt, dass dieser mit seiner Studie vor allem eine Diskussion anstossen will: damit die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) und die Sportverbände die Kohlenmonoxid-Methode möglichst schnell verbieten.
Andernfalls, schreiben auch Schmidt und seine Studienmitautoren, hätten sie womöglich «eine Büchse der Pandora» geöffnet.
Quellen: «Swiss Medical Weekly», «Deutsche Ärzte-Zeitung», Aponet.
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