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Raiffeisen klagt «Inside Paradeplatz» ein

Für die Raiffeisen-Zentrale um den Ende Jahr abtretenden CEO Patrik Gisel war dieser Beitrag zu viel: Gisel (r.) zusammen mit VR-Präsident Pascal Gantenbein an einer Medienkonferenz in Zürich. (Archiv)
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Beinahe wöchentlich hat das Banker-Portal «Inside Paradeplatz» pikante Details und Gerüchte zu den Vorgängen bei Raiffeisen publiziert – immer um Punkt 8 Uhr, exakt zum Start des Banker-Büroalltags. Mal handelten die Titel der Blogbeiträge vom «gefälligen Gutachten für Herrn Vincenz», mal vom «Fake Delegierten der Raiffeisen» mal von «Sex, Crime, Rock'n'Roll nach Vincenz' U-Haft». Es folgten bissige, oft hämische, zuweilen verletzende Leser-Kommentare.

Anfang Woche nun publizierte das Portal einen Beitrag mit dem Titel «Ich wusste von Vincenz-Deals. Andere auch». Zentral im Text ist ein Brief eines angeblichen Ex-Raiffeisen-Kadermannes. Für die Raiffeisen-Zentrale um den Ende Jahr abtretenden CEO Patrik Gisel war dieser Beitrag zu viel. Wie «Inside Paradeplatz» am Freitag berichtet, hat Raiffeisen den Blog Mitte Woche am Zürcher Handelsgericht eingeklagt. Streitwert: 200'000 Franken.

Bei der Raiffeisen-Medienstelle heisst es auf Anfrage: Man habe die Entfernung des Beitrags verlangt. Das Handelsgericht habe dem Antrag vollumfänglich entsprochen. Im Schreiben werden laut einer Bank-Sprecherin anonym und unbelegt Vorwürfe gegen Mitarbeitende, Verwaltungsräte und Geschäftsleitungmitglieder von Raiffeisen erhoben, die in den bisherigen Untersuchungen nicht ansatzweise zu Tage getreten seien.

Heikelste Passagen wurden entfernt

Im Rahmen einer superprovisorischen Verfügung hat das Gericht den Journalisten und Inside-Paradeplatz-Macher Lukas Hässig gezwungen, den Artikel zu löschen. Bei Zuwiderhandlung droht eine Busse von bis zu 10'000 Franken. Zudem untersagte das Gericht dem Blog, eine grosse Anzahl von Aussagen des angeblichen Ex-Raiffeisen-Manns in Zukunft zu publizieren. «Inside Paradeplatz» stand ganz am Anfang der Affäre Vincenz. Das Portal hatte schon 2016 erste geheime Zahlungen an den langjährigen Raiffeisen-Lenker Pierin Vincenz enthüllt.

Im Gespräch mit 20 Minuten sagt Lukas Hässig, er habe im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Zuschrift nicht mit einer superprovisorischen Massnahme des Gerichts gerechnet. «Solche Streitigkeiten sind immer unangenehm», so der Journalist und Buchautor. Er stehe aber nach wie vor zu seinem Beitrag. «Der Mann hat etwas zu sagen», sagt Hässig über den anonymen Briefschreiber und erklärt, «Inside Paradeplatz» habe gewisse Passagen aus dem Brief sogar entschärft, um keine Grenzen zu überschreiten.

«Wir tolerieren keine unbelegbaren Wortmeldungen»

Der Blog hat nun einen Monat Zeit, um Stellung zu nehmen. Danach entscheidet das Handelsgericht, ob der umstrittene Beitrag wieder aufgeschaltet werden darf. Raiffeisen hat in der Vergangenheit regelmässig bei «Inside Paradeplatz» interveniert. Die Berichterstattung sowie die dazugehörigen Kommentare gegen die Bank und einzelne Exponenten seien nicht tolerierbar, beschied Raiffeisen dem Blog. Die Kommentare auf «Inside Paradeplatz» seien Ausdruck einer Vielzahl von insgesamt schwerwiegenden rufschädigenden Äusserungen gegen Raiffeisen.

Hat Raiffeisen nun zum Rachefeldzug gegen «Inside Paradeplatz» ausgeholt? Bei der Bank heisst es dazu: Man begrüsse offene und kritische Stimmen sowie Beiträge, die zur Aufklärung beitrügen. «Was wir nicht tolerieren sind falsche, anonyme und nicht belegbare Wortmeldungen», so eine Sprecherin.

«Inside Paradeplatz» stritt auch mit CS

Inside-Paradeplatz-Macher Hässig hat Erfahrung in gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Banken. Im März 2018 endete nach zweieinhalb Jahren ein Streit zwischen «Inside Paradeplatz» und der Credit Suisse. Nach dem Urteil des Zürcher Handelsgerichts frohlockte Hässig auf seinem Portal und titelte: «Eins-zu-Zwei-Niederlage für Multi, Scheck für Blog.»

Übernommen von «20 Minuten» und bearbeitet von Redaktion Tamedia.