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Prozess zum F/A-18-Absturz am Sustenpass
Überraschende Wende beim angeklagten Fluglotsen

McDonnell Douglas F/A-18C Hornet fighter jet of the Swiss Air Force performs during the annual airshow of the Swiss Army in the Axalp area near Meiringen, Canton of Berne, Switzerland, Wednesday, October 18, 2023. (KEYSTONE/Anthony Anex)
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Der zweite Prozesstag ist ein unangenehmer für den angeklagten Fluglotsen. 

Er wird vom Gericht zum Unglück befragt, wieder und wieder. Er sieht Videoaufnahmen des am Unfalltag mitgeflogenen F/A-18-Kampfjets. Er hört den fatalen Funkspruch, der zum Unglück am Hinter Tierberg im Sustenmassiv geführt hat. «Ich habe gehofft, dass ich das nie mehr hören muss», sagte er, nachdem der Dialog abgespielt worden war.

Im August 2016 teilte der Fluglotse dem 27-jährigen Piloten kurz nach dem Start in Meiringen eine Flughöhe von 10’000 Fuss mit. Knapp eine Minute später kollidierte der Pilot in einer dichten Wolkenmasse 11 Meter unter dem Grat mit dem Sustenmassiv. Für die Region um Meiringen wäre eine Mindesthöhe von 15’000 Fuss vorgeschrieben gewesen. 

Zuvor hatte der Verunglückte keinen Radarkontakt zum kurz vor ihm gestarteten F/A-18-Piloten herstellen können – ein sogenannter Breaklock. Eine Situation, die der Fluglotse nur aus der Theorie kannte. Er sei dafür nicht im Simulator geschult worden und habe die Situation bis dahin nicht in der Praxis erlebt gehabt. 

Wende des Lotsen: Flughöhe sei Absicht gewesen

Als der Fluglotse gefragt wird, weshalb er dem Piloten diese falsche Höhe angegeben habe, kommt es zu einer überraschenden Wende. In der Einvernahme nach dem Unglück hatte er noch gesagt, dass er die beiden Flughöhen vertauscht habe. Nun sagt er, es sei kein Versprecher gewesen, sondern «Intuition» und «ein Reflex». Er habe die tiefere Flughöhe absichtlich angewiesen.

Auf seinem Radar habe er gesehen, wie die beiden Piloten den Mindestabstand unterschritten hätten und der hintere Punkt immer näher gekommen sei. «Gemäss dem Radarbild war die sofortige Separation nötig», sagt er. Separieren heisst: dafür sorgen, dass es zu keiner Kollision kommt. «Das ist meine allergrösste Priorität.» Er wusste wegen eines vorherigen Funkspruchs, dass der Leader sich im Steigflug auf einer Höhe von 11’500 Fuss befand. Er gab die Anweisung, der Trailer, also der nachfolgende Pilot, solle sich auf eine Höhe von 10’000 Fuss begeben. 

«20, 30 Sekunden später» habe er realisiert, dass die Flughöhe fatal gewesen sei. «Ich war panisch und aufgeregt», sagt der angeklagte Fluglotse über diesen Moment. Erschwerend kam hinzu, dass er kurz nach seinem fatalen Funkspruch die beiden Piloten der Einsatzzentrale in Dübendorf zur Überwachung übergab und keinen Funkkontakt mehr zu ihnen hatte. Wenig später berichtete der zweite Pilot von «black smoke», dem Absturz.

Die Unfallstelle der abgestürzten F/A-18 auf dem Sustenpass, aufgenommen am Mittwoch, 31. August 2016.

Das Militärgericht muss nun die argumentative Wende des Fluglotsen einordnen und auch prüfen, ob sie Prozesstaktik ist. Ebenfalls muss es beurteilen, ob sich der zweite Pilot, der dem Opfer vorangeflogen war, schuldig gemacht hat. Dieser wich bei seinem Start in Sachen Tempo und Steigungswinkel von den Richtlinien ab. 

Der Verteidiger des Fluglotsen wies in seinem Plädoyer darauf hin, dass der Pilot die Mindesthöhe hätte wissen sollen. Der militärische Ankläger hingegen forderte für den Fluglotsen und den Piloten je eine bedingte Freiheitsstrafe von zwölf respektive neun Monaten. Für die beiden gilt die Unschuldsvermutung. Das Urteil wird am kommenden Dienstag erwartet.