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Wegen irreführender Fleischwerbung
Lauterkeitskommission rügt Fleischverband

Proviande Schweizer Fleisch Kampagne. © Proviande
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Die Werbung von Proviande fällt auf: Bilder von saftigen Steaks hängen an Plakatwänden oder poppen prominent online auf. Zuletzt war der Fleischerverband mit seiner Kampagne zum Tierwohl präsent, die im vergangenen Sommer auf diversen Newsportalen gestreut wurde. 

Im Titel des bezahlten Werbeartikels hiess es: «Haben es Nutztiere in der Schweiz besser als Tiere im Ausland?» Der Text vermittelt: Ja. Das Tierschutzgesetz sei hierzulande viel strenger als im benachbarten Ausland. «Keinem Tier darf Schmerz, Leid oder Schaden zugefügt werden», stand geschrieben. Es sei in der Schweiz auch strafbar, Schweine und Hühner zu kupieren.

Die Tierrechtsorganisation Tier im Fokus (TIF) taxierte diese beiden Aussagen in der Werbung von Proviande als irreführend und reichte im Herbst Beschwerde bei der Lauterkeitskommission ein. Darin hält TIF fest, dass es laut Schweizer Tierschutzgesetz tatsächlich Situationen gebe, in denen einem Tier Schmerz, Leid oder Schaden zugefügt werden dürfe, etwa bei der Schlachtung. Auch das Kupieren von Schweinen und Hühnern sei unter gewissen Voraussetzungen erlaubt. 

Mit dem Weglassen des Wortes «ungerechtfertigt» lasse Proviande einen entscheidenden Teil des Gesetzes aus – und stelle die rechtliche Situation nicht korrekt dar. Damit werde der Verbraucher in die Irre geführt, hielt TIF in seiner Beschwerde fest.

Aussagen waren laut Kommission tatsächlich irreführend

Nun liegt der Entscheid der Lauterkeitskommission vor. Sie kommt zu einem ähnlichen Schluss wie die Tierrechtsorganisation. «Die Weglassung des Begriffs weckt den falschen Eindruck, dass Tieren in der Schweiz unter keinen Umständen Schmerz, Leid oder Schäden hinzugefügt werden dürfe», hält das Gremium, bestehend aus drei Experten fest. Auch mit dem Satz, «in der Schweiz sei es strafbar, Schweine und Hühner zu kupieren», schaffe Proviande Unklarheit. 

In ihrem dreiseitigen Entscheid kommt die Kommission zur Einschätzung: Die beanstandeten Aussagen waren tatsächlich «irreführend». Sie empfiehlt, die strittigen Punkte zu ergänzen oder vielmehr klarer auszuführen. Die Entscheide der Lauterkeitskommission haben nur empfehlenden Charakter und sind rechtlich nicht bindend. Doch droht den Absendern der irreführenden Werbung ein Imageschaden. 

Es ist nicht das erste Mal, dass Proviande wegen unlauterer Werbung vor der Lauterkeitskommission landet. 2018 wurde sie wegen der Aussage gerügt, wonach «Geflügel in tierfreundlichen Ställen tagsüber stets Zugang zu einem Wintergarten» habe. Dabei ist dieser Zugang bis kurz vor der Schlachtung freiwillig. 2022 wurde Proviande gerügt, weil sie in einer Werbung behauptete, dass 90 Prozent der Schweizer Rinder einheimisches Futter erhielten und der Selbstversorgungsgrad bei 84 Prozent liege. Dabei ist die hiesige Fleischproduktion zu einem grossen Teil auf Futter aus dem Ausland angewiesen.

Proviande: «Nur einzelne Worte gerügt»

In einer Stellungnahme weist Proviande den Vorwurf zurück, man würde «regelmässig falsche oder irreführende Aussagen in der Werbung verbreiten». In den bisherigen Beschwerden seien nur «einzelne Worte» gerügt worden, «die unterschiedliche Interpretationen zur Folge hatten», sagt ein Sprecher. «Wurden missverständliche Formulierungen festgestellt, haben wir diese umgehend korrigiert.» Beim Fleisch handle es sich inzwischen nicht nur um ein Nahrungs- und Genussmittel, sondern um ein politisches Gut, «weshalb es auch permanent im kritischen Fokus stehe», heisst es. 

Der Fleischverband steht auch unter Beobachtung, weil er vom Bund mit Steuergeldern unterstützt wird. Laut Geschäftsbericht erhielt Proviande zuletzt allein für Werbung knapp 6 Millionen Franken, ausbezahlt vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW).

Tobias Sennhauser von TIF: Die Organisation fordert einen Kurswechsel des Bundes bei der Finanzierung von Fleischwerbung.

«Wie lange wird Proviande weiterhin mit Steuergeldern unterstützt, obwohl ihre Werbung oft unlauter ist?», fragt TIF-Präsident Tobias Sennhauser. Die Tierrechtsorganisation fordert einen Kurswechsel und verweist auf einen Bericht des Bundesrates zur Ernährungszukunft. Darin kommt er zum Schluss, dass weniger Fleisch und mehr pflanzliche Gerichte das Ziel seien. «Die staatliche Unterstützung für Proviande steht im Widerspruch zur Klimastrategie des Bundes», sagt Sennhauser.

Das BLW hält fest, auch in Zukunft die Werbung für Schweizer Fleisch finanziell unterstützen zu wollen: «Die Finanzhilfen des Bundes sind subsidiärer Natur; die Branche finanziert mindestens 50 Prozent der Kosten der Massnahmen.» Verantwortlich für Strategie und Umsetzung sei immer der Verband selbst. Zu den irreführenden Behauptungen schreibt das Bundesamt: «Wir stellen fest, dass die vereinzelten Rügen der Lauterkeitskommission Wirkung zeigen, indem die beanstandete Kommunikation jeweils umgehend korrigiert oder eingestellt wird.»