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Projekt von Natalie Rickli
Zürich kämpft gegen die Beschneidung von Frauen und Mädchen

Zusammenfassung *LIVE-Wahldebatte 2 aus der TA-Redaktion* mit Priska Seiler Graf, Silvia Steiner, Daniel Sommer und Natalie Rickli #wahldebatte, moderiert von Mario Staeuble.
17.01.2023
(URS JAUDAS/TAGES-ANZEIGER)
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«Meistens passiert es im Ausland. Zum Beispiel wenn Schulmädchen von der Schweiz in den Schulferien mit in die Heimat genommen werden», sagt Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli. Sie spricht von Genitalverstümmelung. «Allein in Zürich sind geschätzt 2900 Mädchen und Frauen bedroht oder betroffen.» Deshalb brauche es die neu eröffnete Anlaufstelle für Betroffene weiblicher Genitalbeschneidung (kurz: FGM für Female Genital Mutilation). Im Ambulatorium Kanonengasse können sich ab sofort Betroffene, Gefährdete und Angehörige kostenlos informieren und beraten lassen. Und sie bekommen eine erste Unterstützung. Bei Bedarf werden Mädchen und Frauen von hier aus auch an spezialisierte Fachkräfte überwiesen. 

Hilfe, Austausch, Sensibilisierung

Eine wichtige Aufgabe der Anlaufstelle sei auch der Austausch unter Betroffenen und Ärztinnen und Ärzten, Migrationsgemeinschaften, Spitälern, Schulen, Asyl- und Flüchtlingsstrukturen, hiess es bei der Eröffnung am Dienstagabend.

Bei der Planung wurden neben Polizei, Opferhilfe und Ärztinnen auch Expertinnen und Experten vom Netzwerk gegen Mädchenbeschneidung Schweiz beigezogen. Und Sara Aduse. Sie unterstützte das Projekt von Anfang an. Die Zürcherin wurde selber im Alter von 7 Jahren in ihrem Heimatland Äthiopien genital verstümmelt. In ihrem Film «Do You Remember Me?» dokumentiert sie ihre Reise als junge Erwachsene zu ihrer Beschneiderin.

«Höllische Schmerzen, komplette Zerstörung des Vertrauens zu den Liebsten, absolute Hilflosigkeit»: So erinnert sich Aduse im Nachhinein wieder an ihre Genitalverstümmelung – als Kind hatte sie ihr Trauma verdrängt. Erst mit viel Therapie und nach zahlreichen Fehldiagnosen von der Depression über die Borderline-Störung habe sie ihre innere Unruhe und Wut dem Ursprung zuordnen können – ihrer Genitalverstümmelung. 

Frauen, denen es ähnlich gehe wie ihr, will sie nun helfen. Mit ihrer 2022 gegründeten Stiftung «Sara Aduse Foundation» und im Rahmen der neuen Anlaufstelle. 

«Es braucht mehr Aufklärung»

«Es braucht viel Aufklärung und Community-Arbeit», sagt sie. Denn obwohl die Genitalverstümmelung in Äthiopien seit 2007 verboten sei, «wird sie immer noch oft als Tradition angeschaut und im Verborgenen durchgeführt». Oft sei die Beschneidung ein Ritus für die spätere Ehe, ein Mittel, um die weibliche Sexualität zu kontrollieren oder um Lust und Ehebruch zu verhindern. Zudem würde auch oft die Fehlinformation kursieren, eine Verstümmelung habe gesundheitliche Vorteile, dass sie beispielsweise vor Krankheiten schütze oder die Fruchtbarkeit fördere. 

Das Gegenteil ist der Fall.

Die Folgen der Genitalverstümmelung

Victoria Pomp, Gynäkologin und Oberärztin am Kantonsspital Winterthur (KSW), kennt die Folgen aus ihrer Arbeit. Das KSW und das Stadtspital Zürich sind Teil von FMG Help. Pomp zählte die Komplikationen auf, wenn Teile der Klitoris oder sogar die ganzen äusseren Genitalien mit unsterilen Instrumenten entfernt und in manchen Fällen die Genitalien danach wieder zusammengenäht werden: Infektionen, Blutungen, Verletzungen benachbarter Organe, Probleme beim Wasserlassen, Menstruationsschmerzen, Blasenentzündungen, Narbengewebe, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, psychische Traumata.

Die ersten Anfragen an die neue Anlaufstelle sind bereits eingegangen.