Wahl in IsraelNetanyahu steht vor klarem Sieg – Rechtsextreme legen stark zu
Der vor einem Jahr abgelöste Premier kann sich berechtigte Hoffnungen auf eine Rückkehr an die Macht machen. Die Ultrarechten sind erstmals drittstärkste Kraft.
Nach Auszählung von fast 85 Prozent der Stimmen zeichnet sich in Israel ein klarer Wahlsieg des rechtskonservativen Oppositionsführers Benjamin Netanyahu ab.
Sein rechts-religiöses Lager konnte sich nach israelischen Medienberichten vom Mittwoch eine Mehrheit von 65 der 120 Sitze im Parlament (Knesset) sichern. Die Likud-Partei des 73-Jährigen, gegen den ein Korruptionsverfahren läuft, wurde den Angaben zufolge stärkste Kraft mit 31 Parlamentssitzen. Die Zukunftspartei des liberalen Ministerpräsidenten Jair Lapid kam mit 24 Sitzen an zweiter Stelle.
Auf den dritten Platz schaffte es zum ersten Mal in der Geschichte Israels ein rechtsextremes Bündnis. Die Religiös-Zionistische Partei von Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir gilt als Königsmacher für Netanjahu.
Die linksliberale Meretz-Partei sowie die arabische Balad-Partei könnten dagegen an der 3,25-Prozent-Hürde scheitern. Das vorläufige Endergebnis wird bis Donnerstag erwartet. Die Wahlbeteiligung war vergleichsweise hoch. Es lag mit Schliessung der Wahllokale um 21.00 Uhr (MEZ) am Dienstagabend bei 71,3 Prozent der rund 6,8 Millionen Wahlberechtigten.
Netanyahu vor Comeback
Für Netanyahu wäre es das zweite Comeback auf den Posten des Regierungschefs. In Israels Geschichte war niemand länger im Amt als er.
Der rechtskonservative Politiker war von 1996 bis 1999 Ministerpräsident, danach wieder durchgängig von 2009 bis 2021. Mit seiner Ablösung im vergangenen Jahr durch Naftali Bennett an der Spitze einer Acht-Parteien-Koalition galt die Ära Netanjahu vorerst als beendet. Die Koalition von Parteien vom rechten bis zum linken Spektrum war jedoch im Juni nach inneren Streitigkeiten zerbrochen. Im Anschluss übernahm Aussenminister Lapid den Posten des Regierungschefs.
Ultrarechte zur drittstärksten Kraft aufgestiegen
Den grössten Erfolg aber feierten die ultrarechten Religiösen Zionisten, die ihr Ergebnis gegenüber der vorigen Wahl mehr als verdoppelten und zur drittstärksten Kraft aufgestiegen sind. Die Vertreter dieser Partei sind offen rassistisch und haben im Wahlkampf auch bei Likud-Wählern mit dem Versprechen gepunktet, Netanyahu vor einer Verurteilung in dem gegen ihn laufenden Korruptionsprozess zu schützen.
Nötig geworden war diese fünfte Parlamentswahl innerhalb von dreieinhalb Jahren, weil im Sommer eine von Netanyahus Gegnern gebildete Acht-Parteien Koalition nach nur einem Jahr kollabiert war. Seit Juni regierte Jair Lapid von der liberalen Zukunftspartei deshalb ohne parlamentarische Mehrheit als Übergangspremier. Er war mit dem Ziel angetreten, erneut ein breites Bündnis aus Parteien der Mitte, von rechts, links und aus dem arabischen Sektor zu bilden.
Fehler gefunden?Jetzt melden.