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Katastrophe im Jemen
Prinz Salman kann den Krieg nicht mehr einfach so stoppen

Hat sich mit dem Krieg im Jemen verspekuliert: Der saudische Verteidigungsminister und Kronprinz Muhammad bin Salman.
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Als Saudiarabiens neuer Verteidigungsminister damals den Befehl zum Angriff gab, war er überzeugt, in wenigen Wochen einen glänzenden Sieg zu erringen. Die im März 2015 beginnende Intervention seiner hochgerüsteten Armee im benachbarten Jemen, so war sich Muhammad bin Salman sicher, würde die schiitischen Huthi-Rebellen schnell in die Schranken weisen und seine eigene Karriere weiter befördern.

Statt weniger Wochen dauert der Krieg nun schon sechs Jahre, und selbst in Riad ist man mittlerweile zur Erkenntnis gelangt, dass die Schlacht nicht mehr zu gewinnen ist. Muhammad bin Salman, der trotz der Fehlkalkulation 2017 zum Kronprinzen aufstieg, sieht sich nun zu Kompromissen gezwungen. Er beauftragte den Aussenminister, den Huthi-Rebellen ein Angebot zu machen: «Wir wollen, dass alle Waffen vollkommen schweigen», lautete die Botschaft. Während einer Waffenruhe sollen Gespräche eine politische Lösung bringen, als Zeichen des guten Willens bot Saudiarabien an, seine Blockade des Flughafens Sanaa aufzuheben und wieder Importe über den wichtigen Hafen Hodeida am Roten Meer zuzulassen. «Ich rufe die Regierung des Jemen und die Huthis auf, die Initiative zu akzeptieren», sagt der Aussenminister.

250’000 Jemeniten starben an Kriegsfolgen, vier der 28,5 Millionen Einwohner wurden vertrieben.

Der Krieg im Nachbarland hat Muhammad bin Salman nicht nur Dutzende Milliarden Dollar für Kriegsgerät gekostet, sondern zusammen mit dem Mord am Publizisten Khashoggi auch seine Reputation. Selbst wenn das Königreich schliesslich versuchte, die Not im Nachbarland mit Hilfsprogrammen abzufedern, ist die Bilanz des Krieges verheerend: 250’000 Jemeniten starben an Kriegsfolgen, vier der 28,5 Millionen Einwohner wurden vertrieben. Vier von fünf sind auf Hilfe angewiesen, Millionen hungern.

Nach Angaben von Hilfsorganisationen stirbt im Land immer noch alle zehn Minuten ein Kind unter fünf Jahren an Unterernährung und vermeidbaren Krankheiten, zu ihnen zählt die im Land grassierende Cholera. Die Seuche wäre mit den richtigen Medikamenten eigentlich leicht zu behandeln, doch die gelangen wegen der saudischen Blockade ebenso wenig in das Land wie viele Hilfslieferungen. Die UNO nannte die Lage im Jemen deshalb schon 2017 die «grösste humanitäre Katastrophe der Gegenwart» – seither ist die Lage eher noch schlechter geworden.

Alle zehn Minuten stirbt ein Kind unter fünf Jahren an Unterernährung: Eine Mutter mit ihrem Säugling in einer jemenitischen Klinik. 

Der neue US-Präsident Joe Biden entzog dem Verbündeten Saudiarabien deshalb die Unterstützung für den Krieg, den das US-Militär anfangs logistisch befördert hatte. Sein Land werde «alle relevanten Waffenverkäufe» an Saudiarabien beenden, kündigte Biden an. «Unser Fokus liegt darauf, den Krieg im Jemen zu beenden», fasste ein Sprecher des Aussenministeriums die neue Haltung in Washington zusammen.

Huthi-Rebellen haben Aufwind

Die Huthi-Rebellen erteilten der saudischen Initiative jedoch zunächst eine Absage. Ihr Sprecher Mohammed Abdul Salam sagte, das Angebot aus Riad gehe nicht über frühere Vereinbarungen hinaus, man könne es deshalb nicht ernst nehmen. Die Rebellen, die von hohen saudischen Militärs noch vor wenigen Jahren in Hintergrundgesprächen als disziplinlose Barfuss-Truppe verhöhnt wurden, können sich diese Haltung derzeit leisten: Sie beherrschen immer noch einen Grossteil des Territoriums inklusive der Hauptstadt Sanaa. Sie sind mittlerweile in der Lage, Infrastruktur auf saudischem Territorium mit Drohnen anzugreifen. Und sie sind dabei, die ölreiche jemenitische Provinz Marib von den Truppen der von Saudiarabien gestützten Regierung zu erobern.

Sechs Jahre nach Beginn des Einsatzes lernt Muhammad bin Salman gerade eine harte Lektion, die schon viele vermeintlich überlegene Feldherren lernen mussten: Es ist immer einfacher, eine Intervention zu beginnen, als sie geordnet zu Ende zu bringen.