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Wie eine normale Bank
Postfinance soll mit Krediten wieder Geld verdienen

Ein Mitarbeiter der Postfinance in Bern berät einen Kunden.
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Einst war Postfinance die Milchkuh des Post-Konzerns. Heute werden die Erträge wegen tiefer Zinsen immer kleiner. Mit Hypotheken und Krediten soll Postfinance wieder Geld verdienen. Um an Eigenkapital zu kommen, soll das Unternehmen teilweise privatisiert werden.

Den Grundsatzentscheid hatte der Bundesrat schon im Herbst 2018 gefällt. Am Freitag schickte er nun eine Änderung des Postorganisationsgesetzes in die Vernehmlassung. Damit will er Postfinance ein neues Geschäftsmodell ermöglichen.

Neu soll die Post-Tochter auch Kredite und Hypotheken vergeben dürfen. Das Volumen wird beschränkt auf Kundeneinlagen, die dem Unternehmen wegen des Grundversorgungsauftrags im Zahlungsverkehr zufliessen. Laut Postministerin Simonetta Sommaruga handelt es sich um höchstens 50 Milliarden Franken – 5 Prozent des gesamten Marktvolumens. «Das wird kein grosser Player», sagte sie vor den Bundeshausmedien.

Obwohl Postfinance seit 2012 eine Banklizenz besitzt, hatte der Bundesrat das Vordringen in den neuen Markt bisher kategorisch ausgeschlossen. Nun zwingen ihn die Zahlen zum Umdenken: Im Lauf der letzten acht Jahre ist das Betriebsergebnis (Ebit) von 623 Millionen Franken auf 240 Millionen Franken gesunken.

Zu wenig Eigenkapital

«Das ist nicht der Fehler von Postfinance», stellte Sommaruga klar. Das ändert nichts daran, dass Postfinance so weder ausreichend zur Finanzierung der Grundversorgung beitragen noch das Eigenkapital aufbauen kann, welches das Unternehmen als systemrelevante Bank braucht.

Laut Serge Gaillard, Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung, fehlen dafür rund 3 Milliarden Franken. Im aktuellen Zinsumfeld sei es nicht möglich, diesen Betrag zu erwirtschaften, sagte er.

Doch auch im Kredit und Hypothekargeschäft wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Zahlen wollte Gaillard nicht nennen, weil die Schätzungen vor der Corona-Krise erstellt wurden. Doch immerhin sei die Marge im Hypothekargeschäft «noch deutlich positiv».

Gleichzeitig will der Bundesrat mit den Krediten etwas für die Umwelt tun. Laut Sommaruga kann er der Post als Eigner diesbezüglich Vorschriften machen. Welcher Anteil der Postfinance-Kredite an klimaverträgliche Projekte gehen soll, konnte sie aber noch nicht sagen.

Garantie vom Bund

Zu Eigenkapital soll Postfinance durch eine Teilprivatisierung kommen. Der Bund würde wie bei der Swisscom die Aktienmehrheit behalten. Eine Gesetzesänderung ist dafür nicht nötig. Wann Postfinance-Aktien verkauft werden, hat der Bundesrat vorerst offengelassen.

Bis der Post neues Kapital zufliesst, könnte der Bund in die Bresche springen. Mit der Vernehmlassungsvorlage stellt der Bundesrat eine befristete Kapitalisierungszusicherung zur Diskussion: Um die Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen, würde sich der Bund verpflichten, Postfinance im Fall einer drohenden Insolvenz mit Darlehen zu unterstützen.

Keine Alternativen

SP-Bundesrätin Sommaruga ist von der Teilprivatisierung zwar nicht begeistert. Sie verwies jedoch auf die fehlenden Alternativen. Nach ihrer Einschätzung wären weder Abstriche bei der Grundversorgung noch Subventionen politisch mehrheitsfähig. «Es ist nicht die perfekte Lösung, aber es ist eine Option, um die Grundversorgung zu sichern.»

Von der Vernehmlassung erwartet Sommaruga Rückmeldungen zur Vorlage, aber auch zu den Alternativen. 2018 war das erste Echo auf den Vorschlag nicht gut gewesen, die Teilprivatisierung stiess auf breite Ablehnung. Während die einen den Verkauf von Aktien grundsätzlich ablehnten, verlangten andere eine vollständige Privatisierung.

Letzteres ist für den Bundesrat keine Option, ebenso wenig wie die Aufgabe des Service public. Das Loch soll auch nicht mit höheren Gebühren gestopft werden. Stattdessen will der Bundesrat die Rahmenbedingungen verbessern, wie Sommaruga sagte. «Wir brauchen eine zukunftsfähige Lösung.»

Zufriedene Post

Die Post und Postfinance reagierten erfreut auf den Entscheid des Bundesrats. Die Aufhebung des Kredit- und Hypothekarverbots sei «unentbehrlich» und eine «überfällige Gleichbehandlung» mit den übrigen Schweizer Banken, heisst es in einer Mitteilung.

Die Post unterstützt auch den Vorschlag, das Aktionariat der Postfinance zu öffnen, sowie die allfällige Kapitalzusicherung des Bundes. Die Post könne die erhöhten Eigenkapitalvorschriften aus eigener Kraft in absehbarer Zukunft nicht mehr erfüllen.

Gemischte Reaktionen

Die geplante Aufhebung des Kreditverbots sorgt für gemischte Reaktionen. Während der Entscheid auf Bankenseite zunächst sehr zurückhaltend aufgenommen wird, kommt vom Gewerbeverband eine entschiedene Ablehnung.

Von der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) gab es am Freitag in einer ersten Reaktion keine klaren Worte: Der Verband wolle die Vorlage zunächst mit seinen Mitgliedern «im Detail prüfen und sich im Rahmen der Vernehmlassung dazu äussern», hiess es beim Branchenverband am Freitag lediglich.

Die Akteure des Finanzplatzes hätten Gelegenheit, anlässlich der Vernehmlassung Stellung zu beziehen, hiess es etwa auch bei der Raiffeisen-Gruppe auf Anfrage. Grundsätzlich sei Raiffeisen aber der Meinung, dass die Kunden im Schweizer Kredit- und Hypothekarmarkt dank dem «starken Wettbewerb von zahlreichen Anbietern und einem grossen Angebot profitieren könnten», liess sich die drittgrösste Bankengruppe der Schweiz verlauten.

Ablehnung vom Gewerbeverband

Eine dezidierte Ablehnung kommt hingegen vom Schweizerischen Gewerbeverband (SGV), der von einem «Fehlentscheid» sprach. «Ein Staatsbetrieb mit Staatsgarantie, der sich in finanzpolitische Abenteuer verirrt, ist dezidiert abzulehnen», so der Verband.

Der Hypothekar- und Kreditmarkt der Schweiz funktioniere gut, so der Gewerbeverband: Der Entscheid des Bundesrates sei entsprechend «völlig unnötig». Darüber hinaus sei der Entscheid gar potenziell schädlich, sei doch das «Post-Konglomerat» ein Betrieb mit Staatsgarantie. «Aus der Postfinance eine Bank zu machen ist eine grosse Hypothek auf Kosten der Steuerzahlenden.»

Gewerkschaften gegen Teilprivatisierung

Teilweise Zustimmung kam derweil von Gewerkschaftsseite. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) begrüsse die Aufhebung des Kredit- und Hypothekarverbots für die Postfinance, teilte er am Freitag mit. Gleichzeitig äusserte er aber auch Zweifel ob die Postfinance als Späteinsteigerin im hart umkämpften Markt überhaupt noch eine Gewinnmarge erwirtschaften könne.

Kritik übte der Gewerkschaftsbund an der beabsichtigten Teilprivatisierung der Postfinance. Er befürchte mit einer Öffnung des Aktionariats «massiv mehr Druck auf eine Gewinnoptimierung» und eine Gefährdung des Grundversorgungsauftrags. Beides würde die PostFinance auf dem neuen Weg belasten, aber keinesfalls stärken, hiess es in der Mitteilung.

Für die Gewerkschaft Syndicom ist die Verknüpfung des Zugangs zum Kreditmarkt mit einer Teilprivatisierung «nicht nachzuvollziehen». «Eine Teilprivatisierung schwächt den Service public und steht somit im Widerspruch zum eigentlichen Ziel der angekündigten Öffnung», heisst es in einer Stellungnahme der Syndicom. Diese sei entsprechend weder politisch erwünscht noch notwendig und deshalb abzulehnen.