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Verschärfung beim Covid-Zertifikat
Politikerinnen lassen Corona-Taskforce abblitzen

Wer noch nicht geimpft oder von Covid-19 genesen ist, erhält auch nach einem negativen Schnelltest das Zertifikat, das für eine Veranstaltung erforderlich ist – wie hier Anfang August bei einem Club in Bern.
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In ihrem jüngsten Lagebericht schlägt die Corona-Taskforce des Bundes vor, ein Covid-Zertifikat nur noch an Geimpfte und Genesene auszustellen, Getestete also davon auszuschliessen. Das könnte dazu beitragen, die rapide steigenden Infektionszahlen zu bremsen, heisst es.

«GGG-Veranstaltungen zielen darauf ab, die Zahl der aktuell infektiösen Personen auf einer Veranstaltung tief zu halten», schreiben die Forscher. Da die derzeit dominierende Delta-Variante des Coronavirus jedoch besonders ansteckend sei, sinke auch der Schutz der GGG-Kontrollen. «Durch Streichung des dritten G (Getestet) könnte insbesondere Superspreading in Getesteten, welche keine Immunität aufweisen, vermieden werden», führen die Experten aus. Mit anderen Worten: Menschen, die nicht geimpft sind, sind bei Grossveranstaltungen besonders gefährdet, selbst wenn sie ein negatives Testergebnis vorweisen können.

Epidemiologisch vernünftig, politisch heikel

Von Gesundheitspolitikerinnen unterschiedlichster Parteien wird dieser Vorschlag abgelehnt – auch wegen des bevorstehenden Referendums gegen das Covid-19-Gesetz. «Epidemiologisch mag das vernünftig sein, aber politisch ist es äusserst heikel», sagt Ruth Humbel, Mitte-Politikerin aus dem Aargau und Vorsitzende der Gesundheitskommission des Nationalrats. «Wir müssen mit verschärfenden Massnahmen aufpassen, da bin ich sehr skeptisch.»

Beim Corona-Zertifikat sei immer versprochen worden, dass es nicht nur für Geimpfte und Genesene, sondern auch für Getestete gelten sollte. «Es ist nicht opportun, während des Spiels die Spielregeln zu ändern», sagt Humbel. «Die Lösung, die wir jetzt haben, finde ich angemessen, auch wenn sie das Risiko gewisser Ansteckungen beinhaltet.»

«Wir wären gut beraten, diesen Schritt nicht zu gehen.»

Flavia Wasserfallen, SP-Nationalrätin (Bern)

Getestete vom Corona-Zertifikat auszuschliessen, um damit den Druck zur Impfung zu erhöhen, sei der falsche Weg, findet auch Melanie Mettler, GLP-Nationalrätin aus Bern. «Es ist nicht der richtige Moment, um die möglicherweise Impfwilligen, die aber noch nicht geimpft sind, unter Druck zu setzen», sagt sie. «Wichtig ist es, dass wir die Bevölkerung weiter informieren.»

In Frankreich sei zu beobachten, dass selbst Ärzte und Pflegepersonal sowie Geimpfte gegen die restriktive Anwendung des Zertifikats protestierten, warnt SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen. «Der Unmut, der Widerstand sind gross», sagt die Bernerin. «Wir wären gut beraten, diesen Schritt nicht zu gehen, gerade aus gesellschaftspolitischen Überlegungen, weil er eine unerwünschte Gegenreaktion auslösen könnte.»

Vor dem Referendum

Vor allem im Vorfeld des Referendums gegen das Covid-Gesetz, das im November ansteht, sollte mit Zurückhaltung vorgegangen werden, meint Wasserfallen: «Es ist wichtig, dass wir behutsam und mit Überzeugung erklären, was die Vorteile dieses Gesetzes sind.» Denn die SVP wolle das Gesetz frontal bekämpfen.

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi betont, dass aus seiner Sicht eine Gültigkeit des Covid-Zertifikates nur für Geimpfte und Genesene für seine Partei nicht infrage komme. «Damit würde definitiv eine Zwei-Klassen-Gesellschaft geschaffen», sagt er. «Vielmehr sollte das Zertifikat im Inland nicht mehr verwendet werden dürfen.» Nur für internationale Reisen würde es noch notwendig sein. Eine Ausweitung der Zertifikatspflicht etwa auf Restaurants oder Fitnesscenter, wie sie manche Experten vorschlagen, sei ausgeschlossen. «Alle, die es wollten, sind geimpft», betont Aeschi. «Als Geimpfter muss man keine Angst haben, da die Impfung – selbst bei einer sehr selten vorkommenden Ansteckung – einen milden Verlauf sicherstellt.»

Der Bundesrat wird voraussichtlich an seiner Sitzung nächste Woche neue Massnahmen in der Corona-Politik beschliessen. Er hat schon in Aussicht gestellt, dass die meisten Corona-Tests für ein Zertifikat in Zukunft kostenpflichtig werden sollen. In der noch laufenden Vernehmlassung haben mehrere Kantone diesem Vorhaben schon zugestimmt.