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Polemik um SP-Fraktionschef
Plötzlich ein Schmutzfink

SP-Fraktionschef Roger Nordmann achtet stets auf politische Korrektheit. Nach einer Kampfansage gegen eine bürgerliche Allianz wird er in der Romandie nun als Schandmaul beschimpft.
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Nach innen einpeitschen, nach aussen austeilen. Auch das gehört zu den Aufgaben eines Fraktionschefs im Bundeshaus. SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann tut das eine wie das andere mit ziemlicher Zurückhaltung. Als Sohn einer Bundesrichterin wurden ihm Disziplin und Korrektheit sozusagen mit in die Wiege gelegt. Trotzdem wird Nordmann in der Westschweiz nun öffentlich als politisches Schandmaul und Schmutzfink dargestellt. Bürgerliche fordern vom 50-jährigen Nationalrat aus Lausanne eine öffentliche Entschuldigung. 

Es geschah nach dem Entscheid der St. Galler Ersatzwahl für den Ständerat. SVP-Frau Esther Friedli hatte SP-Frau Barbara Gysi klar distanziert und der SP den Ständeratssitz von Paul Rechsteiner abgejagt. In St. Gallen habe sich die «Geld-und-Gülle-Allianz» durchgesetzt, analysierte Roger Nordmann danach in der Freiburger Zeitung «La Liberté». «Es besteht ein echtes Risiko, dass der Ständerat unter dem Einfluss der Allianz sehr reaktionär wird», so Nordmann. Das sagte er mitten in der Sondersession des Bundesparlaments in Bern, als sich andeutete, dass sich Bürgerliche gegen ein Boniverbot für Spitzenbanker stemmten und gleichzeitig höhere Eigenmittel für gobal tätige Grossbanken bekämpften.  

Esther Friedli gewinnt am 30. April den zweiten Wahlgang um den Ständeratssitz von Paul Rechsteiner, links Toni Brunner (SVP) und rechts Parteipräsident Walter Gartmann.

Die SP-Spitze befürchtet seit langem, dass das rechtskonservative Lager dank einer neuen Zusammenarbeit zwischen Bauernverband, Economiesuisse, Arbeitgeberverband und Gewerbeverband die nationalen Wahlen im Oktober für sich entscheiden könnte (Lesen Sie hier mehr über die Allianz).

Provokation sass

In der Deutschschweiz haben links-grüne Politiker der Allianz von Bauern und Wirtschaftsverbänden längst das Label «Geld-und-Gülle-Allianz» verpasst. Und auch in den sozialen Medien verwenden sie #GeldundGülle als Hashtag. Doch die Provokation verpuffte weitgehend wirkungslos. Gegenreaktionen dazu gab es kaum.
Die Polemik entzündet sich erst jetzt, als der zweisprachige Nordmann das Label letzte Woche über den Röstigraben in die Romandie importierte und mit «l’alliance du fric et du fumier» übersetzte.

Bei seiner wörtlichen Übersetzung unterschätzte Nordmann womöglich, dass in der Frankofonie die Bezeichnung «fumier» auch so viel wie «Arschloch» bedeuten kann.

Die SVP reagiert

Der Begriff sei gegenüber Landwirten eine Beleidigung, echauffierten sich jedenfalls zwei Vertreter der Jungen SVP aus Freiburg und Neuenburg während Tagen in den sozialen Netzwerken. Es folgten Leserbriefe in Zeitungen und Meinungsartikel auf den Internetseiten von Westschweizer Medien. «Dieser kleine Satz wirkt wie eine Bombe», schrieb Yohan Ziehli, Vizepräsident der SVP Waadt. Der Waadtländer SVP-Nationalrat Jacques Nicolet verlangte von Ratskollege Nordmann eine öffentliche Entschuldigung. «Wenn er als Bundesparlamentarier die Landwirtschaft mit Gülle vergleicht, beschmutzt er (...) die gesamte Branche und alle Bauernfamilien, so Nicolet. Menschen, die morgens aufstehen, um zur Arbeit zu gehen, 365 Tage im Jahr mit Leidenschaft einen schwierigen Beruf ausüben, Steuern zahlen, wählen gehen und vor allem unsere Teller und die unserer Kinder füllen.» 

«Wenn meine Formulierung Bäuerinnen und Bauern verletzt hat, dann tut mir das leid.»

Roger Nordmann, Waadtländer SP-Nationalrat

Schliesslich wurde Nordmann auch von den Chefredaktoren der Regionalzeitungen in der Waadt und Freiburg getadelt. «Die Formulierung ist schockierend», befand Claude Ansermoz in einem Kommentar in der Zeitung «24 Heures». Und François Mauron schrieb in «seiner» Zeitung «La Liberté»: «Roger Nordmanns verbale Entgleisung ist ein Symptom für ein anderes Übel: Sie zeigt die Kluft, die sich zwischen Stadt und Land aufgetan hat, in aller Deutlichkeit.»

Roger Nordmann ist das alles gar nicht recht. Das sagt er auch auf Anfrage dieser Zeitung. «Wenn meine Formulierung Bäuerinnen und Bauern verletzt hat, dann tut mir das leid. Das war nicht meine Absicht», sagt er. Die Junge SVP scheint dem Waadtländer bereits verziehen zu haben. Sie will ihm nun ein paar Gummistiefel nach Lausanne schicken und erklärt dazu: «damit er sich bei seinem nächsten Besuch eines Bauernhofs seinen Anzug nicht schmutzig macht».