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Unklare Herkunft, verbotene Hormone
Bund verstärkt Kontrollen bei Fleischimport

Verletzte Pferde, die sich selbst überlassen werden: Im Bild eine Sammelstelle für den Schlachthof Clay in Uruguay.
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Verletzte, kranke und gestohlene Pferde: Tierschützer dokumentieren seit Jahren prekäre Zustände in Schlachthöfen in Argentinien und Uruguay; diese Redaktion hat darüber berichtet. Zu einem kritischen Befund kommen nun auch zwei jüngst veröffentlichte Audits der EU-Kommission.

Die Kommission bemängelt darin das Kontrollsystem der Behörden vor Ort: Eidesstattliche Erklärungen über die Behandlung mit Tierarzneimitteln würden oft fehlen oder sich zum Teil als falsch erweisen. Auch die Rückverfolgbarkeit der Pferde sei nicht gewährleistet, die Historie etwaiger tierärztlicher Behandlungen nicht nachvollziehbar.

In einem Fall haben die Kontrolleure in einem uruguayischen Betrieb, der Pferde an EU-zertifizierte Schlachthöfe liefert, eine «beträchtliche Anzahl von Pferden unbekannter Herkunft» identifiziert. In Verbindung mit Medienberichten über Ermittlungen der Polizei wegen Schmuggels mit Pferden aus Brasilien gebe dies Anlass zu «weiteren Bedenken». In anderen Fällen wurden Hormonpräparate gefunden, die in der EU und der Schweiz für Tiere, die verzehrt werden, verboten sind.

Mängel «nicht wirksam behoben»

Bereits in früheren Jahren haben EU-Kontrolleure solche Mängel festgestellt – Mängel, die bis heute «nicht wirksam behoben» seien, wie sie nun bilanzieren. Ihre Berichte schliessen mit einer Reihe von Empfehlungen. Das klingt dann beispielsweise so: Die Behörden vor Ort müssten «sicherstellen, dass das Wohl der Pferde, die für EU-Schlachtbetriebe bestimmt sind, nicht beeinträchtigt wird».

Tierschützern genügt das nicht. Der Tierschutzbund Zürich (TSB) verlangt einen sofortigen Importstopp. Die Forderung richtet sich nicht nur an die EU-Kommission, sondern auch an den Bund, denn Pferdefleisch aus Argentinien und Uruguay gelangt auch in die Schweiz. Letztes Jahr stammte knapp die Hälfte der Importe aus diesen beiden Ländern. Die Detailhändler Migros, Coop, Volg, Aldi und Denner verkaufen kein solches Fleisch, anders der Grossist Aligro. Auf eine Anfrage hat Aligro nicht reagiert.

Wie sich nun zeigt, sieht das zuständige Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) Handlungsbedarf. Importbeschränkungen wird der Bund aber nur in Absprache mit der EU verfügen, wie das Bundesamt im Departement von Alain Berset (SP) klarstellt.

Der Grund: Die Schweiz bildet mit der EU einen gemeinsamen Veterinärraum, kontrolliert werden die Schlachthöfe durch die EU. Sie ist es, die bei wiederholten Verstössen gegen die EU-Bestimmungen fehlbare Betriebe von der Liste streichen kann; so sieht es das entsprechende bilaterale Abkommen vor. Die Schweiz würde nachziehen. 

2022 fünf Sendungen kontrolliert

Einen eigenen Hebel hat der Bund aber sehr wohl. Sollte sich zeigen, dass die Konsumenten mit dem Verzehr des Pferdefleischs gesundheitliche Risiken eingehen, würde das BLV ein Importverbot erlassen, wie es 2021 angekündigt hat. Dazu braucht es aber verstärkte  Kontrollen. 

Die Zahl der Proben ist jedoch zu klein, zumindest sieht das der Tierschutzbund Zürich so. Letztes Jahr zum Beispiel hat das BLV fünf Sendungen untersucht, davon zwei aus Argentinien. Das BLV entgegnet, der grösste Teil des importierten Pferdefleischs komme nicht direkt in die Schweiz, sondern via EU; diese Sendungen würden von der EU kontrolliert.

«Wir haben entschieden, Pferdefleisch­importe verstärkt auf Medikamenten­rückstände zu untersuchen.»

Sarah Camenisch, Sprecherin BLV

Das BLV betont zudem, keine Kenntnis von nicht konformen Resultaten zu haben. «Dennoch haben wir entschieden, Pferdefleischimporte in den nächsten Wochen verstärkt auf Medikamentenrückstände zu untersuchen», sagt BLV-Sprecherin Sarah Camenisch. Präziser wird sie nicht. Mit dem Tierschutzbund Zürich soll ein Gespräch in den nächsten Tagen stattfinden. 

Das BLV versichert zudem, den Austausch nicht nur mit der EU-Kommission «aktuell wieder intensiviert» zu haben, sondern auch mit der Fleischbranche. Gefordert sei nicht nur die Politik. «Wenn die Branche mitzieht, lässt sich rascher etwas erreichen», sagt Camenisch. Dies zeigt das 2022 erlassene Verbot des Hormons PMSG in der Schweizer Schweinezucht, wo der Bauernverband aktiv geworden sei. 

«Das BLV wird seiner Verantwortung nicht gerecht.»

Sabrina Gurtner, Tierschutzbund Zürich

Die Reaktion des BLV überzeugt die Tierschützer nicht. «Das BLV wird seiner Verantwortung nicht gerecht», sagt Sabrina Gurtner vom Tierschutzbund Zürich. «Seit Jahren hören wir dieselben Argumente.» Das BLV verlasse sich auf die Selbstkontrolle der Importeure. Das sei fahrlässig.

Der Tierschutzbund Zürich erwägt, die Gespräche mit dem BLV abzubrechen. Im Rückblick auf zehn Jahre Informationsaustausch seien sie substanzlos im Ergebnis, sagt Gurtner. «Sie bringen keine Verbesserung für die Tiere.»