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Berner Justizdrama
Peter gegen Peter: Alain Bersets Chefstratege schlägt zurück

Kam im vergangenen Mai wegen Verdachts auf Amtsgeheimnisverletzung hinter Gitter: Peter Lauener (links), damals noch im Amt, mit Bundesrat Alain Berset am 17. September 2021 in Bern.
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Peter Marti mischt Bundesbern auf. Aber vielleicht nicht mehr lange. Denn dem Sonderermittler droht selber Ungemach – und zwar von Peter Lauener, der bis vor kurzem einer der gewieftesten Kommunikatoren in der Schweizer Verwaltung war.

Peter gegen Peter also: Zuerst ging der ältere, der pensionierte Zürcher Oberrichter Marti, als ausserordentlicher Staatsanwalt des Bundes gegen den jüngeren vor. Marti beendete Laueners Karriere beim Bund, indem er ihn im Mai einige Tage in Haft schmoren liess. 

Auch für Alain Berset war dies ein herber Schlag. Der 52-jährige Lauener war weit mehr, als sein offizieller Titel «Leiter Kommunikation im Eidgenössischen Departement des Innern» verriet. Er war Bersets Chefstratege – bis Marti ihn wegen Verdachts auf Amtsgeheimnisverletzung hinter Gitter steckte. Bei einem solchen mutmasslichen Delikt ist dies eine unübliche Zwangsmassnahme. Sie wirkte insofern, als Lauener kurz darauf ohne genauere Angabe von Gründen aus dem Bundesdienst ausschied.

Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs

Wird Sonderermittler Peter Marti nun sein forsches Vorgehen zum Verhängnis? Machte er sich gar selber strafbar? Oder handelte er korrekt? Und mit der Hartnäckigkeit, die es zur Aufklärung von Straftaten braucht? 

Für den ausserordentlichen Staatsanwalt Peter Marti gilt – wie für die (Ex-)Kadermitarbeiter des Bundes, die er verfolgt – die Unschuldsvermutung.

Dies alles wird nun ein unabhängiger Staatsanwalt oder eine unabhängige Staatsanwältin prüfen müssen. Denn der jüngere Peter schlägt zurück: Lauener hat Strafanzeige gegen Marti eingereicht: wegen Amtsmissbrauchs und allenfalls anderer Delikte. Infrage kommt bei unrechtmässiger Haft sogar Freiheitsberaubung. Für Marti gilt – wie für die (Ex-)Kadermitarbeiter des Bundes, die er verfolgt – die Unschuldsvermutung.

Oft aussichtslos, hier nicht

Beschuldigte reichen nicht selten Strafanzeigen gegen jene ein, die sie verfolgen. Meist dringen sie damit nicht durch. Doch in diesem Fall könnte es anders sein, denn der ältere Peter hat ein Problem: Für die Strafverfahren, die er führt, ist er gemäss Rechtsexperten gar nicht zuständig. Sonderermittler wie Marti können nur eingesetzt werden, wenn gegen Angestellte der Bundesanwaltschaft vorgegangen werden soll. Für die Verfolgung aller anderen Straftaten liegt die Kompetenz direkt bei der Bundesanwaltschaft oder bei den kantonalen Staatsanwaltschaften. 

Peter Marti war als ausserordentlicher Staatsanwalt eingesetzt worden, um zu untersuchen, weshalb Erkenntnisse aus einem – kurz darauf ohnehin publizierten – parlamentarischen Bericht zur Crypto-Affäre öffentlich geworden waren. 

Theoretisch hätte ein Teil des Lecks bei der Bundesanwaltschaft gewesen sein können. Doch dieser nicht dringende Anfangsverdacht hat sich nicht erhärtet. Bis heute ermittelt Marti nicht gegen Mitarbeitende der Bundesanwaltschaft. 

Statt seine Übung abzubrechen, hat Peter der Ältere sein Untersuchungsgebiet ausgedehnt. Er ermittelt nun auch, weshalb Pläne des Bundesrats zu Corona-Massnahmen vorzeitig publik wurden. Hier kommen Angestellte der Bundesanwaltschaft als Täterschaft nicht einmal mehr hypothetisch infrage. Denn ihre Behörde hatte mit der Pandemiebekämpfung nichts zu tun. Ganz anders Peter der Jüngere: Lauener wich Alain Berset in der Gesundheitskrise kaum je von der Seite. 

Sonderermittler gegen Sonderermittler?

Die Bundesanwaltschaft bestätigt den Eingang der Strafanzeige Laueners gegen Marti, die sie an die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft weitergeleitet habe. Auch diese bestätigt den Eingang und äussert sich aber nicht zu ihrem weiteren Vorgehen. 

Bei Strafanzeigen gegen Angestellte der Bundesanwaltschaft setzt diese in der Regel einen ausserordentlichen Staatsanwalt oder eine ausserordentliche Staatsanwältin ein. Ein Sonderermittler müsste also gegen den Sonderermittler vorgehen – doch geschehen ist dies noch nicht: Peter Marti hat von der Redaktion Tamedia von der Strafanzeige gegen ihn erfahren. Er sagte, er könne sich nicht dazu äussern, ohne die Vorwürfe zu kennen. Peter Lauener reagierte nicht auf Anfragen. 

* In diesem Artikel stand ursprünglich, Peter Lauener sei in U-Haft gewesen. Dies stellte sich als falsch heraus und wurde angepasst.  Lauener war von Peter Marti «nur» vorläufig festgenommen worden. Bis er freikam, dauerte es allerdings vier Tage. In dieser Zeit lief Sonderermittler Marti mit seinem Antrag auf U-Haft bei einem Zürcher Zwangsmassnahmengericht auf. Entweder sah das Zwangsmassnahmengericht bei Lauener keinen Haftgrund wie Verdunkelungsgefahr erfüllt. Oder keinen dringenden Tatverdacht. Marti reichte daraufhin Beschwerde beim Bundesstrafgericht ein. Gleichzeitig verlangte er dort, dass Lauener bis zum Entscheid über seine Beschwerde hinter Gittern bleiben sollte. Doch auch damit scheiterte Marti. Lauener wurde am 20. Mai um 21 Uhr aus der Haft, die keine U-Haft war, entlassen.