Uneinigkeit über politischen KursParteichef verlässt die AfD im Streit
Jörg Meuthen kehrt der rechts-populistische Partei den Rücken. Dabei kritisiert er sie scharf.
AfD-Chef Jörg Meuthen gibt sich im internen Machtkampf geschlagen und verlässt seine Partei. Teile der AfD stünden seiner Meinung nach «nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung», begründete Meuthen am Freitag seinen Parteiaustritt gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio. In dem Interview sprach er nach ARD-Angaben selbst von einer Niederlage im Machtkampf mit dem formal aufgelösten rechtsextremen Flügel der Partei um die Ausrichtung der AfD.
Meuthen verband seine Austrittsankündigung mit harter Kritik am Zustand seiner Partei: «Das Herz der Partei schlägt heute sehr weit rechts und es schlägt eigentlich permanent hoch», sagte er. «Ich sehe da ganz klar totalitäre Anklänge.»
Er sei als Parteichef mit seinem Einsatz für einen anderen Weg gescheitert, räumte Meuthen ein. Gerade in der Coronapolitik habe die AfD etwas Sektenartiges entwickelt. Allenfalls als ostdeutsche Regionalpartei sehe er noch eine Zukunft für die AfD.
Zerrüttete Verhältnisse
Bereits im Herbst hatte Meuthen angekündigt, nicht mehr für den Parteivorsitz der AfD zu kandidieren. Dies war bereits als Eingeständnis der Niederlage im Machtkampf gegen den extrem rechten Parteiflügel und gegen seine Widersacher im Parteivorstand gewertet worden.
So gilt Meuthens Verhältnis etwa zu seinem Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla und Parteivize Alice Weidel als zerrüttet. In dem ARD-Interview nannte Meuthen mehrere seiner Widersacher namentlich: «Chrupalla, Weidel, Gauland, Höcke, Brandner nicht zu vergessen – die werden sich richtig freuen, dass der Meuthen nun endlich weg ist», sagte er – und fügte hinzu: «Haben sie lange dran gearbeitet.»
Sein Mandat als Abgeordneter im Europaparlament in der rechtspopulistischen Fraktion «Identität und Demokratie» will der 60-Jährige den Interviewäusserungen zufolge behalten. Er wolle sich auch in Zukunft politisch betätigen.
Meuthen ist nicht der erste AfD-Chef, der die Partei im Streit verlässt. Auch die früheren Vorsitzenden Bernd Lucke und Frauke Petry haben sich von der AfD abgewandt. Meuthen war 2013 in die AfD eingetreten und im Sommer 2015 nach Luckes Abgang Bundessprecher geworden. Zunächst führte er die AfD an der Seite von Petry, dann mit Alexander Gauland und zuletzt mit Tino Chrupalla.
Weidels scharfe Replik
Der AfD-Vorstand reagierte schmallippig auf Meuthens Ankündigung. Dessen Parteiaustritt werde «zur Kenntnis» genommen, erklärte er. Er dankte Meuthen «für die Weiterentwicklung der AfD als einzige Oppositionspartei in Deutschland».
Deutlich schärfer als das Parteigremium reagierte AfD-Vizechefin Alice Weidel. Dass Meuthen «die Partei, der er lange vorgestanden ist, mit Schmutz bewirft, spricht nicht von Charakter», sagte Weidel den «Stuttgarter Nachrichten» und der «Stuttgarter Zeitung». Sie vermute einen Zusammenhang zwischen Meuthens Austritt und der geplanten Aufhebung seiner Immunität als Europaabgeordneter.
In den AfD-Vorständen der Bundesländer stiess Meuthens Austritt auf unterschiedlichen Widerhall. Meuthen habe sich «in letzter Zeit mit Alleingängen zunehmend isoliert», erklärte etwa die Parteizentrale in Sachsen. «Seine regelmässige Kritik an Parteikollegen über die Medien war wenig konstruktiv und hat mehr und mehr Schaden angerichtet.» Der AfD-Vortand in Bayern äusserte hingegen sein Bedauern über Meuthens Austritt.
AFP/fal
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