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Krieg in der Ukraine
Panzer Leopard 1 für die Ukraine – nun wird es konkret

Ein deutscher Leopard-1-Panzer. Dieser ist leichter gebaut und schiesst weniger weit als der Leopard 2, wie ihn die Schweizer Armee heute besitzt.
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Der Bundesrat hat geplant, am Mittwoch über ein brisantes Geschäft im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg zu entscheiden. Doch dazu kam es nicht abschliessend. Zu gross war in einer ersten Diskussion die Uneinigkeit, wie diese Zeitung aus zwei voneinander unabhängigen Quellen erfahren hat. Ein Panzerdeal zugunsten der Ukraine geht nun in eine zweite Verhandlungsrunde im Bundesrat: Das Justizdepartement von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider soll eine rechtliche Beurteilung vornehmen, ob der Rüstungskonzern Ruag Panzer des Typs Leopard 1 via Deutschland indirekt in die Ukraine verkaufen darf. Die ganze Rechnung bezahlen würden die Niederlande.

Es geht um schweres Kriegsgerät im grossen Stil, das der Bundesrat zugunsten der Ukraine freigeben soll: 96 alte Kampfpanzer vom Typ Leopard 1, die sich im Besitz des bundeseigenen Rüstungskonzerns Ruag befinden. Mit ihnen liesse sich auf ukrainischer Seite eine ganze Panzerbrigade ausrüsten, die ausgebildeten Soldaten – vier pro Fahrzeug – vorausgesetzt.

Viel Geld für alte Panzer

Die Schweiz hat den «Leo 1» nie für Verteidigungszwecke gekauft. Doch der Rüstungsbetrieb Ruag, zu hundert Prozent im Besitz der Eidgenossenschaft, hatte die teilweise über fünfzigjährigen Panzer aus ursprünglich deutscher Produktion 2016 von Italien erstanden. Damals witterte die Ruag ein Geschäft. In diversen Armeen, darunter in Griechenland und in der Türkei, sind Leopard-1-Panzer nach wie vor in Gebrauch. Mit Ersatzteilhandel liessen sich gute Franken verdienen, dachten sich damals die Ruag-Verantwortlichen. Das Geschäft wäre wohl auch aufgegangen.

Doch dann kam die Aggression Russlands und der Ukraine-Krieg. Plötzlich explodierten die Preise für Rüstungsgüter, insbesondere auch für Panzer. Und so fand sich in der deutschen Rüstungsfirma Rheinmetall, mit den Niederlanden als Geldgeber im Hintergrund, eine Käuferschaft, die der Ruag die 96 Leopard-1-Panzer als Gesamtpaket abkaufen wollte.


Der Preis pro Stück «Leo 1» ist nicht öffentlich bekannt. Der Gewinn für die Ruag dürfte aber, wie Kenner sagen, um einiges höher liegen, als sich die Ruag-Verantwortlichen 2016 erträumt hatten, als sie das Alteisen für den geplanten Ersatzteilhandel kauften.

Kriegsgewinner wären bei diesem Geschäft neben der Schweizer Ruag vor allem die deutsche Rüstungsfirma Rheinmetall. Rheinmetall würde für viel Geld aus den alten Panzern nochmals alles rausholen, was technisch irgendwie möglich ist.

Druck aus dem Ausland

Damit wird klar, dass dieser Panzerverkauf national und international hochpolitisch ist. Auf mündlichem Weg und via SMS haben dem Vernehmen nach Vertreterinnen und Vertreter aus Brüssel (Nato), Den Haag und Berlin den Druck auf den Bundesrat in den letzten Tagen nochmals erhöht: Dieser soll den Panzerdeal zugunsten des erbitterten Verteidigungskriegs der Ukraine ermöglichen. 

Noch im vergangenen März hatte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) das Geschäft auf Anfrage der Ruag bereits rechtsverbindlich abgelehnt. Doch die Ruag liess das Geschäft weiter laufen. Rheinmetall Deutschland regelte in der Folge den Deal mit den zahlenden Niederlanden rechtsverbindlich. Ein Nein des Bundesrats hätte deshalb wohl Proteste von Nato-Seite, Deutschland und den Niederlanden zur Folge. 

In seiner Sitzung vom Mittwoch lag dem Bundesrat dazu ein umfassender Bericht aus dem Aussendepartement von Bundesrat Ignazio Cassis vor. Absender war das Büro für «Internationale Sicherheit». 

Der Bundesrat könnte nun bestimmen, dass Kriegsgerät, das nie im Gebrauch der Schweiz war, verkauft werden darf.

Der Bericht, welcher neben einer politischen Beurteilung auch den rechtlichen Handlungsspielraum darlegte, fand am Mittwoch im Bundesrat indes keine Mehrheit. Deshalb soll nun das Justizdepartement ein weiteres Gutachten erstellen.

Infrage käme unter anderem eine Änderung der massgeblichen «Ukraine-Verordnung» des Bundesrats. Diese verbietet die Belieferung der Kriegsparteien Russland und Ukraine mit Schweizer Waffen explizit. Mit Blick auf die Leopard-1-Panzer im Besitz der Ruag könnte der Bundesrat nun via Verordnungsänderung bestimmen, dass Kriegsgerät, das nie im Gebrauch der Schweiz war, verkauft werden darf. 

Bundesrat entscheidet nächste Woche

Mit anderen Worten: Der Bundesrat erwägt, auf rechtlicher Ebene eine Spezialregelung zu formulieren, damit die 96 Leopard-1-Panzer aus dem Besitz der Ruag von Italien aus nach Deutschland an die Firma Rheinmetall verkauft werden dürfen, auch wenn diese zuvor offen deklariert hatte, dass sie die Panzer an die Ukraine liefern werde.

Nach bereits vorliegenden rechtlichen Beurteilungen aus dem Seco von SVP-Bundesrat Guy Parmelin und aus dem EDA von Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) ist nun also auch noch das Justizdepartement von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (SP) an der Reihe. Dieses muss bis nächsten Mittwoch eine weitere rechtliche Einschätzung über die Sachlage liefern.

Absehbar ist schon heute, dass der Bundesrat an der nächsten Sitzung politisch entscheiden muss. Er wird dabei die Erwartungshaltung aus Den Haag, Berlin und Brüssel wohl berücksichtigen.