Kommentar zu Olympia in der SchweizHat da jemand Zwängerei gesagt?
Dezentral, ökologisch, nachhaltig: Swiss Olympic will eine neue Art von Spielen organisieren – in Kürzestzeit. Viele Fragen sind offen.
Erstaunt hat es niemanden, als Swiss Olympic am Mittwoch seine Machbarkeitsstudie für Olympische Spiele 203x präsentierte und zum Schluss kam: Jawohl, möglich! Und zwar lieber schon 2030 als erst 2034. Trotz mehreren Volks-Nein in den vergangenen Jahren, als es um St. Moritz/Davos 2022 und dann um Sion 2026 ging. Man kann sich tatsächlich fragen, wer denn prädestinierter wäre für einen solchen Mega-Event als die reiche Schweiz, die zumindest jetzt noch eine Wintersportnation ist.
Die Antwort darauf gab in jüngerer Vergangenheit das IOK mit der zunehmend verstörenden Vergabe der Spiele nach Sotschi (2014), Pyeongchang (2018) und Peking (2022). Dahin, wo der Demokratiegedanke keiner ist oder Umweltfragen keine Rolle spielen. Doch nun, in der Not, da dem IOK die Veranstalter ausgehen, scheint dieses zu Kompromissen und damit zu Spielen bereit, die sich vom Gigantismus abwenden. So, wie es das längst in seiner Agenda 2020 festgeschrieben und doch nie verwirklicht hat.
Swiss Olympic hat deshalb dezentrale Spiele vorgestellt mit Austragungsorten in allen vier Landesteilen, in bestehender Infrastruktur und ohne olympisches Dorf. Ökologischer als viele, nachhaltiger als alle. Die Schweiz soll eine Premiere als «Host Country» veranstalten, Kosten der Durchführung: 1,5 Milliarden Franken. Und weil das IOK keine staatliche Defizitgarantie mehr verlangt, soll es kein Referendum geben.
Das tönt super. Nur: Die Sicherheitskosten ausserhalb der Sportveranstaltungen müsste beispielsweise die öffentliche Hand tragen, veranschlagt für Sion waren 400 Millionen. Also doch Abstimmungen? Und: Hat der Tourismus Freude, wenn im Winter 2030 seine Stammgäste vergrault werden? Zudem – dezentrale Spiele heisst: Rund 15 Weltmeisterschaften gleichzeitig an unterschiedlichen Orten, angeschrieben mit Olympia. Wo ist da der Geist, den die Athleten so beschwören?
Darum darf es jetzt nicht gehen. Das Konzept steht (grob), die Zeit drängt (sehr), die Vergabe ist im Sommer (schon). Hat da jemand Zwängerei gesagt?
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