Bildkolumne SchnappschussEine Frau hat genug und wird pampig
Schauspielerin Hannah Waddingham tat, was viel zu wenige Frauen tun: Vor laufender Kamera haute sie einem Mann dessen Sexismus um die Ohren.
Sie stellte ihn live in den Senkel, und es war grossartig. «Show leg!», hatte der Fotograf gerufen, als Hannah Waddingham, Schauspielerin und 49 Jahre alt, letzte Woche bei der Verleihung des britischen Theaterpreises in London für die Presse posierte.
Waddingham aber mochte nicht. Weder artig das Bein unter dem hochgeschlitzten, violetten Chiffonkleid hervorstrecken noch so tun, wie wenn sie die Aufforderung überhört hätte. Stattdessen reagierte sie auf eine Weise, wie Frauen das viel zu selten machen, erst recht in aller Öffentlichkeit: Sie bockte. Und nicht nur das: Sie wurde pampig.
«Oh no, no, no», sagte sie zum Fotografen und wedelte mit dem Zeigefinger in seine Richtung, so rede er nicht mit ihr, «einem Mann gegenüber würdest du dir das nie herausnehmen, mein Freund.» Das sei ein sehr dummer Vergleich, urteilten umgehend viele Männer in den sozialen Medien, denn sie trügen nun mal keine hochgeschlitzten Kleider, weshalb man sie gar nicht zum Zeigen von Bein auffordern könne, ha! Das mag von einem bemerkenswerten Scharfsinn sein, geht aber natürlich komplett am Kern der Sache vorbei.
Der Fotograf zumindest hat das kapiert. Er hat sich bei Waddingham schriftlich entschuldigt. Geht doch.
In der SonntagsZeitungs-Rubrik «Schnappschuss» kommentiert Bettina Weber jede Woche ein aktuelles Bild.
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