Bildkolumne SchnappschussDer beste Moment von Putins Rede zur Lage der Nation
Russischen Offizieren geht es während grässlich langer Präsidenten-Monologe nicht anders als unsereins an Sitzungen – sie werden beim Nicht-Zuhören ertappt.
Es ist ein Kreuz. Ständig muss man Veranstaltungen besuchen, die man gar nicht besuchen will. Das fing mit dem Mathe-Unterricht in der Schule an und setzte sich nahtlos im Berufsleben fort: Immer steht da vorne einer, der nicht gut reden kann, aber einfach nicht mehr damit aufhören will.
Weil das auf Dauer kein Zustand ist, gleichzeitig aber negatives Auffallen verhindert werden muss, hilft nur das Sitzungsgesicht. Ein einstudierter Ausdruck, der eine interessierte Aura verleiht, derweil man überlegt, wonach einem essensmässig der Sinn steht. Oder zu ergründen versucht, ob der Kollege vor einem die Haare färbt, zumal dieser Aubergine-Ton ... wobei: Vielleicht liegts nur am Licht? Auch kurzweilig: zu raten, wie viele der Anwesenden geschieden sind und bei wie vielen Männern die zweite Frau jünger ist.
Jetzt kann es aber aller Perfektionierung zum Trotz immer passieren, dass man ertappt wird. Dann schaut man just genau so drein wie dieser russische Offizier während des zweistündigen Zur-Lage-der-Nation-Monologs seines Präsidenten.
In der SonntagsZeitung-Rubrik «Schnappschuss» kommentiert Bettina Weber jede Woche ein aktuelles Bild.
Fehler gefunden?Jetzt melden.