Kommentar zu Corona-MassnahmenNochmals boostern ist vernünftig
Die Behörden empfehlen einen zusätzlichen Covid-Schutz. Das ist richtig. Doch ist das Chaos damit noch nicht abgewendet.
Eine vierte Spritze soll es also sein, für alle von uns. Die über 80-Jährigen sind aufgefordert, sich ihren zusätzlichen Corona-Booster per sofort zu holen, den Jüngeren wird die Auffrischimpfung voraussichtlich im Herbst empfohlen. So lautet der Plan, den die zuständigen Behörden am Dienstag präsentierten.
Er verdient eine vorsichtig positive Würdigung. Zwar wirkt er zögerlich, enthält auch viel Vages, Ungeklärtes. Wichtig aber ist schon mal seine Signalwirkung: Es geht weiter mit der Pandemie, so gerne wir es anders hätten. Das Omikron-Virus, das sich in immer neuen Untervarianten immer schneller reproduziert, hat diesbezüglich jede Illusion zertrümmert. Sobald die Temperaturen sinken, sind kritische Situationen erneut absehbar. Eine Auffrischung des Immunschutzes erscheint da vernünftig. Selbst wenn erst mittelfristig vorgesehen, ist es richtig, dies den Menschen jetzt schon zu kommunizieren. (Lesen Sie dazu das Interview mit Infektiologe Manuel Battegay: «Impfen hilft, erneute Corona-Massnahmen zu verhindern».)
Gesundheitsminister Alain Berset fühlt sich nicht mehr zuständig und zeigt auf die Kantone.
Doch auch ein zweiter Booster, sogar mit einem verbesserten Wirkstoff, dürfte vor allem die sogenannt schweren Verläufe einer Infektion eindämmen. Um die Infektionen selber samt ihren Langzeitfolgen (Long Covid) halbwegs unter Kontrolle zu halten, bräuchte es andere Massnahmen, etwa die Maskenpflicht. Doch niemand ist in Sicht, der entsprechende Planungen für Herbst und Winter an die Hand nimmt. Gesundheitsminister Alain Berset fühlt sich nicht mehr zuständig und zeigt auf die Kantone. Letztere wirken nicht so, als ob sie dem Problem eine hohe Priorität einräumten. Oder überhaupt irgendeine Priorität.
Christoph Berger, Chef der Impfkommission, ist für seine Entscheide oft kritisiert worden. Aber immerhin hat er Entscheide getroffen, und jetzt haben wir eine Art Impfplan. In anderen Bereichen wie der Maskenpflicht fehlt eine klare Verantwortlichkeit. Das könnte im Winter wieder zu einem Flickenteppich an kantonalen Massnahmen führen. Oder ohne textile Metaphern ausgedrückt: zu einem grossen Chaos.
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