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Schweizerinnen im WM-Final
Noch zwei Schritte fehlen auf den Mount Everest

Haben nach dem Halbfinal gegen Australien gut lachen: Stefanie Vögele, Viktorija Golubic, Heinz Günthardt, Belinda Bencic und Jil Teichmann.

Heinz Günthardt war noch nie einer, der sich an Details aufreibt, viel lieber sieht er das grosse Bild. In diesem dominiert bei ihm der Glaube an die eigenen Stärken und die Kraft des Moments. Die Erfahrung hat ihm auch schon oft recht gegeben – als Spieler, als Coach und auch hinter der Grundlinie. So interessierte er sich am späten Freitag auch nicht gross für das Team der Russinnen, die heute (ab 16 Uhr) in Prag zwischen der Schweiz und ihrem ersten WM-Titel stehen.

«Wir versuchen, die Punkte zu holen, indem wir den Sieg mehr wollen.»

Heinz Günthardt

«Wir versuchen, die Punkte zu holen, indem wir den Sieg mehr wollen und uns noch mehr konzentrieren», sagte der 62-jährige Zürcher. Motto: Wer uns gegenübersteht, ist egal. Denn, wie er nach dem 2:1-Sieg gegen Favorit Tschechien bemerkt hatte: «Wir können alle schlagen, und das haben wir heute bewiesen.»

Das Schweizer Team befindet sich in einer speziellen Situation. Über eineinhalb Jahre hatte es wegen der Corona-Pandemie auf dieses von Budapest nach Prag verlegte Finalturnier und die längst feststehenden Partien gegen Deutschland und Tschechien warten müssen. Nachdem diese am Dienstag und Donnerstag beide gewonnen worden waren, ging es dafür Schlag auf Schlag: Weniger als 20 Stunden später begann die Partie gegen Australien, die von Belinda Bencic und Jil Teichmann blitzschnell 2:0 gewonnen wurde, und ebenso wenig Vorbereitungszeit blieb vor dem Final.

«Das Feiern können wir später nachholen. Jetzt müssen wir konzentriert bleiben.»

Belinda Bencic

Die Russinnen hatten ihren Halbfinal zwar vor der Schweiz beendet, aber viel länger und härter kämpfen müssen. Ludmilla Samsonowa brauchte fast zwei Stunden für das 1:0 gegen Sloane Stephens (USA), dann verlor Anastasia Pawljutschenkowa nach 2:42 gegen Danielle Collins, ehe Samsonowa und Veronika Kudermetowa das entscheidende Doppel gewannen.

Die Russinnen verfügen zwar über keine Grand-Slam-Siegerin, stellen momentan aber fünf Top-40-Spielerinnen, mit der routinierten Pawljutschenkowa (12), den 24-jährigen Daria Kasatkina (28) und Kudermetowa (31) sowie Alexandrowa (32) und Samsonowa (40). Die 30-jährige Pawljutschenkowa liegt gegen Bencic 2:5 zurück, das letzte Duell im Olympia-Viertelfinal von Tokio war aber wie die meisten sehr umstritten (6:0, 3:6, 6:3).

«Wir hatten nach dem Sieg über Tschechien wenig Zeit zu feiern, aber das können wir nachholen. Jetzt ist es wichtiger, in unserer Routine und konzentriert zu bleiben», sagte Bencic. «Jetzt ist auch nicht der Moment, um über unsere Erfolge nachzudenken. Eineinhalb Jahre hatten wir nur an unsere Gruppengegner gedacht und nicht an einen möglichen Final.»

Dank diesem Erfolg ist die Schweiz übrigens zusammen mit Russland bereits für das Finalturnier 2022 qualifiziert, während die anderen zehn Teams zuvor ein Playoff bestreiten müssen.

«Emotionell ist es eine ganz andere Situation, wenn ich für mein Land spiele. Das bringt das Beste aus mir heraus.»

Belinda Bencic

Die Olympiasiegerin ist eine geborene Teamspielerin. «Ich habe jedes Mal Gänsehaut, wenn ich rausgehe», sagte sie nach dem Sieg über Tomljanovic, der den Finaleinzug bedeutete. «Emotionell ist es eine ganz andere Situation, wenn ich nicht nur für mich spiele, sondern für mein Land. Das bringt das Beste aus mir heraus.»

Wächst über sich hinaus, wenn sie für die Schweiz spielt: Bencic im Halbfinal gegen Ajla Tomljanovic.

Günthardt benutzte ein Bild aus dem Sportklettern: «Wenn du den Mount Everest erklimmen willst, musst du das auch schrittweise tun und zwischendurch ein Basislager erstellen.» Der Gipfel ist für die Schweizerinnen nun aber aus den Wolken gerückt und liegt verlockend nah. Erst zum zweiten Mal kämpfen sie um den Titel, nachdem Martina Hingis und Patty Schnyder 1998 in Genf den Spanierinnen unterlegen sind. Der Billie-Jean-King-Cup ist das Pendant zum Davis-Cup, der von den Schweizern 2014 zum einzigen Mal gewonnen werden konnte.

Günthardt beschwört den Teamgeist

Der Schweizer Captain beschwor einmal mehr den Geist in seiner Equipe. «Keiner weiss, wie viel der Teamgeist bringt. Aber wenn es nur zwei Punkte pro Satz sind, ist das enorm, denn einige wenige Punkte werden entscheiden. Wir sind wie eine grosse Familie, bis hin zur Ärztin und zum Physiotherapeuten.» Als Zeichen der Verbundenheit lassen sich auch die Männer im Team für jeden Sieg einen Fingernagel mit einem weissen Kreuz auf rotem Hintergrund bemalen. Fünf sind es schon, heute sollen zwei weitere folgen.