Verfahren gegen Bolsonaro«Niemand steht über dem Gesetz»
In Brasilien hat ein hoher Richter ein Ermittlungsverfahren gegen Präsident Jair Bolsonaro genehmigt.
Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro und sein enges Umfeld stehen im Fokus der Justiz. Am späten Montagabend genehmigte ein Richter des obersten Gerichts Brasiliens die Eröffnung eines Verfahrens gegen das Staatsoberhaupt. Brisant ist das vor allem auch deshalb, weil die Ermittlungen potenziell in ein Amtsenthebungsverfahren münden könnten.
Bolsonaro wird vorgeworfen, politischen Einfluss auf Untersuchungen der Bundespolizei genommen zu haben. Der Politiker habe verhindern wollen, so der Verdacht, dass die brasilianische Behörde weitere Ermittlungen gegen drei seiner Söhne anstrengt. Diese sind selbst in der Politik aktiv und gelten als enge Berater des Präsidenten. Dazu stehen sie aber auch seit längerem im Verdacht, in kriminelle Machenschaften verstrickt zu sein. So wird unter anderem wegen Korruption, Geldwäsche und der Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation gegen sie ermittelt.
In Drogenhandel verwickelt
Dazu haben die Söhne enge Verbindungen zu Mitgliedern der mafiösen und paramilitärischen Milizen, die in Rio de Janeiro ganze Stadtviertel unter Kontrolle haben und den dortigen Handel mit Drogen steuern. Um Verfahren zu behindern, entliess Jair Bolsonaro den Chef der Bundespolizei. Nachfolger im Amt soll ein enger Freund der Präsidentensöhne werden. Wenige Stunden nach der Entlassung des obersten Bundespolizisten gab Justizminister Sérgio Moro seinen Rücktritt bekannt und erhob schwere Vorwürfe gegen Bolsonaro.
Dem brasilianischen Präsidenten werden unter anderem Behinderung der Justiz, Pflichtverletzung und passive Korruption vorgeworfen. Zwar verhindert die brasilianische Verfassung, dass ein Staatsoberhaupt wegen üblicher Vergehen vor Gericht gestellt wird. Stehen diese aber im Zusammenhang mit dem Amt, ist ein Verfahren dennoch möglich. «Niemand steht über dem Gesetz», sagte Celso de Mello, Richter am obersten Gerichtshof Brasiliens. Er hat am Montagabend die Eröffnung eines Verfahrens genehmigt. Die brasilianische Bundespolizei hat nun 60 Tage Zeit, um den ehemaligen Justizminister Moro zu den von ihm erhobenen Vorwürfen zu befragen.
Massengräber werden ausgehoben
Die Ermittlungen verschärfen die Krise, in der das Land steckt. Das Coronavirus breitet sich aus, in einigen Städten werden bereits Massengräber ausgehoben, und Rio de Janeiro will Leichen aus Platzmangel in Kühlcontainern lagern. Die Wirtschaft brach zuletzt dramatisch ein, die Währung verliert an Wert und Bolsonaro immer mehr politischen Rückhalt. Die Gouverneure der Bundesstaaten haben sich mehrheitlich gegen ihn gewandt, und das Kabinett zerbricht. Der beliebte Gesundheitsminister musste Mitte April im Streit mit dem Präsidenten gehen, letzte Woche folgte dann Justizminister Moro.
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