Neuer Klima-Kurs der FDP: Der Kreis der Kritiker wächst
Nach Wasserfallen gibt ein weiterer FDP-Politiker sein Amt ab. So reagieren Präsidentin Gössi und Fraktionschef Walti.
Christian Wasserfallen will nicht mehr. Der Nationalrat hat am Montagmorgen seinen Rücktritt als Vizepräsident der FDP Schweiz per Ende Jahr bekannt gegeben. Die Ankündigung erfolgt zwei Tage, nachdem die Delegierten der FDP beschlossen haben, dass ihre Partei in Zukunft ökologischer politisieren soll – gegen Wasserfallens Willen. Der Berner gehört zu den schärfsten Kritikern der Kurskorrektur, die Parteichefin Petra Gössi im Februar eingeleitet hat. Sein Amt als Nationalrat will Wasserfallen weiterführen.
Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus. Jene von Gössi kurz und bündig: Sie nehme die Demission zur Kenntnis und bedanke sich bei Wasserfallen für seinen Einsatz als Vizepräsident. Worte des Bedauerns äussert sie nicht. Anders Thierry Burkart. «Ich bin überrascht und bedaure, dass Christian Wasserfallen zurücktritt», sagt der Aargauer FDP-Nationalrat. Er schätze ihn sowohl als Politiker wie auch als Mensch sehr.
Petra Gössi dankt Christian Wasserfallen für seinen Einsatz. Worte des Bedauerns äussert sie nicht.
Doch es gibt auch andere Stimmen – jene, die diesen Schritt erwartet haben. Wasserfallen, so sagen sie, ziehe die logische Konsequenz. Ein Amt in der Parteileitung vertrage sich nur schwerlich mit Fundamentalkritik an der neuen Umwelt- und Klimapolitik der Partei. FDP-Fraktionschef Beat Walti sagt, er kenne Wasserfallens Beweggründe nicht. Möglicherweise sei es auch eine Frage der Motivation, ob man in dieser Situation nochmals als Vizepräsident kandidiere. Immerhin sei es kein sofortiger Rücktritt, sondern ein geordneter Rückzug.
Einigkeit herrscht in der Beurteilung von Wasserfallens Wirken: Der Berner Nationalrat arbeite sehr seriös und engagiert, heisst es. Auch habe er das Vize-Amt sehr gerne wahrgenommen, es habe ihm viel bedeutet – nicht zuletzt, weil ihm andere Karriereschritte nicht gelungen seien. 2015 scheiterte Wasserfallen beim Versuch, das Präsidium der FDP-Bundeshausfraktion zu übernehmen. 2017 verweigerten ihm die Berner FDP-Delegierten, für die Partei ins Rennen um einen Sitz in der Berner Kantonsregierung zu ziehen.
Nationalrat Hans-Ulrich Bigler bedauert den Rücktritt Wasserfallens. Der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes vermutet bei Wasserfallen eine «gewisse Unzufriedenheit und Frustration». Wasserfallens Ankündigung folge kaum zufällig auf die Verabschiedung des Positionspapiers. Bigler selbst gehört ebenfalls dem rechten FDP-Flügel an. Er könne einige Positionen des Umweltpapiers «mehr und andere weniger» mittragen. Entschieden werde die Sache jedoch ohnehin bei den konkreten Vorlagen.
«Kein Zusammenhang» mit Klimakurs?
Nur: Wasserfallen selber begründet seinen Abgang anders. Nach sieben Jahren als Vizepräsident habe er «es gesehen», und er möchte sich an der einstigen Amtszeitbeschränkung in der FDP von acht Jahren «orientieren». Sein Entschluss habe «nicht direkt mit den neuen Klimapositionen zu tun», wird er auf Nau.ch zitiert. Schliesslich sei er auch in der Privatwirtschaft stark ausgelastet.
Doch was heisst das: nicht direkt? Auf Nachfrage dieser Zeitung präzisiert Wasserfallen: «Es gibt keinen Zusammenhang.» Warum hat er dann den Entschluss genau heute öffentlich gemacht? Es gebe dazu nichts weiter zu sagen, schreibt er. «Danke für die Respektierung.»
Kommunikativ sei dieser Auftritt völlig missglückt, sagt ein Freisinniger hinter vorgehaltener Hand. Kaum jemand werde Wasserfallen Glauben schenken. Sein Rücktritt erhöhe zudem das Risiko, dass sich die Gräben in der Partei vertiefen würden.
Freisinnige Befürworter und Gegner des neuen Klimakurses jedenfalls gifteln sich in den sozialen Medien mit harschen Worten an. Manch ein Freisinniger befürchtet, dass es weitere Rücktritte oder gar Parteiaustritte geben werde. Über Twitter gab etwa der Berner Marketingunternehmer Lahor Jakrlin seinen Austritt bekannt, weil es in der Schweiz nun zwei grünliberale Parteien gebe.
«Meine Motivation ist dahin. Ich kann die Partei nicht in die Wahlen führen, wenn ich mit ihrer Politik in zentralen Punkten nicht einverstanden bin.»
Auch der Jungfreisinnige Alain Schwald reagiert. Er gehört wie Wasserfallen zum Kreis der Kritiker. Am Samstag hatte er versucht, die Delegierten vom neuen Kurs abzubringen – vergeblich. Nun wird er sein Amt als Präsident der FDP-Bezirkspartei Affoltern im Kanton Zürich niederlegen, wie er sagt. Dies sei nichts als konsequent: «Ich kann die Partei nicht in die Wahlen führen, wenn ich mit ihrer Politik in zentralen Punkten nicht einverstanden bin.»
Fraktionschef Walti erwartet kein Rumoren
Damit meint er nicht nur die Klima- und Umweltpolitik, sondern auch das «Ja, aber» der FDP zum Rahmenabkommen, das Schwald ablehnt, oder das Ja der Partei zur AHV-Steuervorlage, die Schwald bekämpfte. «Meine Motivation ist dahin.» Die Partei sei drauf und dran, alles, was sie erfolgreich mache, binnen kürzester Zeit zu zerstören. Ähnlich hat sich heute Nicolas A. Rimoldi geäussert. «Eine Partei schafft sich ab», twitterte der Luzerner Jungliberale.
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FDP-Fraktionschef Walti geht nicht davon aus, dass es in der FDP wegen des Positionspapiers nun zu rumoren beginne. Wie breit im Parlament allfällige Vorlagen für eine Treibstoff- oder Flugticketabgabe von FDP-Mitgliedern mitgetragen würden, werde auch von deren Ausgestaltung abhängen und ob die von der Partei geforderten Begleitmassnahmen getroffen würden.
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