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Inhaftierte Schweizerin in Belarus
Natallia Hersche ist im Hungerstreik

Natallia Hersche im Gerichtssaal in Minsk, Dezember 2020. Derzeit befindet sich die Schweizerin unter verschärften Haftbedingungen in einem Gefängnis der Stadt Mogiljow.
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Schlechtes Essen, Kälte und dazu noch den ganzen Tag das weissrussische Propagandaradio. Für Natallia Hersche werden die Zustände im Gefängnis Nummer 4 in der Stadt Mogiljow unerträglich. Seit Sonntag ist die Schweizerin deshalb im Hungerstreik. Das sagte ihr Bruder Gennady Kasjan dem Internetmedium Radio Swoboda; auf Anfrage dieser Redaktion bestätigte er den Bericht.

Seit einiger Zeit laufe in Hersches Zelle über einen Lautsprecher ununterbrochen das Radioprogramm des Staatssenders von 6 bis 22 Uhr in voller Lautstärke, erzählt der Bruder. Das sei nicht mehr psychologischer Druck, «das ist Folter». Die Bitten der Gefangenen, das Radio auszuschalten oder zumindest leiser zu drehen, seien von der Gefängnisleitung ignoriert worden. Ausserdem klage seine Schwester über die ständige Kälte in ihrer Zelle und habe wegen des schlechten Essens dramatisch abgenommen. Sie wiege nur mehr 53 Kilo.

Besonders strenges Gefängnisregime

Natallia Hersche wurde im September 2020 in Minsk festgenommen, weil sie an einer Kundgebung gegen die Wahlfälschung des Langzeitdiktators Alexander Lukaschenko teilgenommen hatte. Die heute 52-Jährige wurde wegen eines angeblichen Übergriffs auf einen Polizisten zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt und inzwischen fünfmal von einem Gefängnis ins nächste verlegt. Bereits im März 2021 war Hersche für mehrere Wochen in den Hungerstreik getreten. Damals war sie noch in der Frauenstrafkolonie in der Stadt Gomel und protestierte gegen die dort verordnete Zwangsarbeit.

Seit vergangenem Oktober sitzt Hersche nun im Gefängnis für Männer und Frauen in Mogiljow, in dem ein besonders strenges Regime herrscht. Zu Beginn war Hersche über die Verlegung trotzdem froh, da sie in eine Einzelzelle eingesperrt ist und nicht mehr an gemeinsamen Arbeiten mit anderen Frauen teilnehmen muss.

Nun scheint das Regime Lukaschenko bei der einzigen ausländischen Gefangenen die Schrauben wieder anzuziehen. Laut dem Bericht ihres Bruders werden viele Briefe an Hersche von der Gefängnisverwaltung zurückgehalten. Zudem wurde ihr Tagebuch konfisziert. Schreibsachen und Briefpapier werden ihr verweigert.

Alexander Lukaschenko spricht zur Lage der Nation am 28. Januar 2022. Politische Gefangene können vom Diktator keine Gnade erwarten. 

Hersches neuerlicher Hungerstreik kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem die Schweizer Diplomatie einen neuen Dialog mit der weissrussischen Führung sucht. Wie diese Zeitung berichtete, wird die Schweiz in den nächsten Tagen eine neue Botschafterin nach Minsk schicken, die dort ihr Beglaubigungsschreiben Alexander Lukaschenko persönlich überreichen soll. Dabei soll auch das Thema der Schweizer Gefangenen angesprochen werden.

Die Meldung über das geplante Treffen der Diplomatin mit dem Diktator hat allerdings heftige Proteste der weissrussischen Opposition ausgelöst. Die Schweiz legalisiere mit dem Antrittsbesuch der Botschafterin einen Terroristen, heisst es im Chat einer Oppositionsgruppe im Nachrichtenkanal Telegram. Der ehemalige Kulturminister Pawel Latuschko sprach von «einer Beleidigung für die Gefühle aller weissrussischen Bürgerinnen und Bürger. Vor allem jener, die aus politischen Gründen im Gefängnis sitzen oder vor der Diktatur Alexander Lukaschenkos ins Ausland flüchten mussten.»