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Englischer Häftling schliesst Studium ab
Nachts studierte er im Gefängnis auf der Toilette

Stephen Akpabio-Klementowski, der Mann mit der ungewöhnlichsten akademischen Karriere Grossbritanniens.
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Und dann hielt er das Papier in den Händen, starrte drauf, las es immer wieder durch und konnte es nicht fassen. Es stimmte trotzdem: Stephen Akpabio-Klementowski hatte, nach einem sechsjährigen Studium vom Gefängnis aus, seinen Universitätsabschluss in Sozialwissenschaft erhalten. Die BBC lässt seinen Fall in ihrer Rubrik «Ideas» von ihm selber schildern. Er tut das unsentimental und eindrücklich zugleich. 

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Der Häftling studierte weiter und schloss noch in den Fächern Internationale Beziehungen und Internationales Recht ab. Heute doziert er an der Open University im englischen Milton Keynes Kriminologie und schreibt an seiner Dissertation. Die Universität, die per Fernunterricht funktioniert, ist die grösste Englands. Und gibt Leuten die Gelegenheit zum Studium, die es nie auf einen Campus schaffen würden. Zum Beispiel, weil sie im Gefängnis sitzen.

Mit 15 Jahren ging er von der Schule

Für Stephen Akpabio-Klementowski hatte das Leben ungünstig begonnen. Der Sohn nigerianischer Eltern wuchs in einer Londoner Armensiedlung auf. Das Leben zu Hause wurde von Gewalt und anderen Spannungen verdüstert. In der Schule gab er sich rebellisch – und lernte, wie er es selber sagt, sozusagen nichts. Als er mit 15 Jahren die Schule verliess, war er ohne jede Bildung und Chance. Dann starben sein Vater und eine seiner Schwestern unabhängig voneinander an Unfällen. Stephen, der damals schon seit zwei Jahren gedealt hatte, intensivierte seine berufliche Tätigkeit. Er wurde erwischt, verhaftet und im Jahr 2002 zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt. Er hatte vor kurzem geheiratet und und ein drei Monate altes Kind.

Nach drei Monaten Haft begann er, in der Gefängnisküche zu arbeiten. Und weil er in den Routinetests bei Haftantritt durch eine ungewöhnliche Intelligenz aufgefallen war, ermunterte ihn die Gefängnisleitung, sich weiterzubilden oder, in seinem Fall, sich überhaupt zu bilden. «Ich merkte, dass ich gern lerne», sagte er dem «Guardian».

So arbeitete er tagsüber in der Küche und studierte nachts auf der Toilette, weil seine Mitgefangenen dermassen schnarchten, dass er sich nicht konzentrieren konnte. Nach acht Jahren, also der Hälfte seiner Haftdauer, wurde Akpabio-Klementowski wegen guter Führung entlassen. Heute engagiert er sich neben seiner Dozententätigkeit für die Rehabilitierung von Häftlingen, die für ihn, wen kann das erstaunen, über die Bildung erfolgt.

Jedes Jahr kommen mehr Leute ins Gefängnis

Der 56-Jährige, Vater dreier Kinder, weiss die Statistiken auf seiner Seite. In Grossbritannien sitzen fast 90’000 Menschen im Gefängnis ein, ihre Zahl wächst mit jedem Jahr. Die Zahl der Häftlinge ist innert 30 Jahren um 70 Prozent angestiegen. Stephen Akpabio-Klementowski findet das nicht nur auf deprimierende Weise unerträglich, sondern auch unglaublich teuer und ineffizient. «Ein Platz im Gefängnis kostet 43’000 Pfund», sagt er (ungefähr 52’000 Franken). Damit liesse sich ein Studium finanzieren. Und weil Bildung das beste Gegenmittel ist gegen einen kriminellen Rückfall, versucht er, die Häftlinge dazu zu motivieren. Gefängnisse hätten zwei Aufgaben, sagt er: Häftlinge gefangen zu halten und sie zu rehabilitieren. «Das eine können sie sehr gut, das andere nicht sehr gut.» Man glaubt dem Doktoranden aufs Wort.