Politik in Winterthur Nach Flyern zu Abstimmung: Regierung sieht kein Problem
Dürfen sich Mitglieder des Regierungsrats in ihrer Funktion zu kommunalen Abstimmungen äussern? Nein, finden die Bürgerlichen. Eine offizielle Richtlinie gibt es nicht.
Am 9. Juni hat die Winterthurer Stimmbevölkerung über zwei Stadtklima-Initiativen und zwei Gegenvorschläge abgestimmt – und die Gegenvorschläge angenommen. Im Vorfeld haben zwei prominente Winterthurer auf einem Flyer dafür geworben, 4 x Ja zu stimmen: die Regierungsrätin Jacqueline Fehr (SP) und ihr Ratskollege Martin Neukom (Grüne).
Dies stiess den bürgerlichen Parteien sauer auf. Die FDP des Kantons Zürich veröffentlichte eine Medienmitteilung, ihr Präsident Filippo Leutenegger äusserte sich öffentlich und drei bürgerliche Winterthurer Kantonsräte platzierten beim Regierungsrat eine dringliche Anfrage.
Diese ist inzwischen beantwortet worden. Nun ist klar: Für solche Fälle, also die Meinungsäusserung zu aktuellen politischen Fragen auf kommunaler Ebene, gibt es keine offizielle Richtlinie. Und es brauche auch keine, findet der Regierungsrat. «Praxisgemäss sind die Mitglieder des Regierungsrats dabei jedoch zurückhaltend», schreibt er in seiner Antwort.
Die Sache sei vorgängig nicht im Regierungsrat diskutiert worden, die beiden hätten ihre Empfehlungen von sich aus abgegeben. «Eine Ermächtigung durch den Regierungsrat gab es nicht und wäre auch nicht erforderlich gewesen.»
Zur Frage, ob sich die beiden Regierungsratsmitglieder in diesem Abstimmungskampf auch finanziell beteiligt haben und wenn ja in welcher Höhe, gibt es keine Antwort. «Ein allfälliger finanzieller Aufwand für das Engagement ist Privatsache, zu der sich der Regierungsrat nicht äussert.»
Ausstand im Gesetz geregelt
Eine «Einmischung in den Abstimmungskampf» sei in diesem Fall besonders brisant, fanden die Verfasser der dringlichen Anfrage. Dies, weil Jacqueline Fehr als Justizdirektorin die Gemeindeaufsicht verantworte und Martin Neukom als Baudirektor umweltpolitisch bei der Umsetzung der Initiative involviert sein könnte.
Deshalb wollten sie wissen, wie der Regierungsrat dieses Risiko beurteile und wie er Neutralität und Unvoreingenommenheit sicherstelle, falls die Initiativen und Gegenvorschläge angenommen werden. Weiter stelle sich die Frage, ob das politische Engagement einen Ausstand begründe.
«In einem konkreten Fall würde sich die Frage des Ausstands nach der einschlägigen Gesetzgebung richten», heisst es dazu in der Antwort. Die Basis für Ausstandsentscheide ist das Verwaltungsrechtspflegegesetz VRG. Dort ist geregelt, dass Personen, «die eine Anordnung zu treffen, dabei mitzuwirken oder sie vorzubereiten haben», dann in den Ausstand treten, wenn sie persönlich befangen scheinen. Beispielsweise weil sie ein persönliches Interesse haben.
«Die Antwort des Regierungsrats ist absolut unbefriedigend», sagt René Isler, Winterthurer SVP-Kantonsrat und einer der Initianten der Anfrage. «Er hat viel geschrieben, ohne etwas Konkretes zu sagen.» Dieter Kläy, sein Ratskollege von der FDP, findet die Antwort etwas knapp. «Aber uns ging es vor allem darum, zu sensibilisieren, auch für zukünftige Abstimmungen.»
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