Schneesturm auf dem Julierpass
Verletzte, umgestürzte Bäume, Stromausfälle: Sturmtief Petra hatte die Schweiz fest im Griff.
Auf das heftige Sturmtief Petra folgen teils starke Niederschläge in der ganzen Schweiz. In den Bergen wird bis zu 60 Zentimeter Neuschnee erwartet. Wie stark die Schneefälle tatsächlich sind, zeigt ein Leser-Video vom Julierpass im Kanton Graubünden. Bei einer Sichtweite von wenigen Meter kämpfen sich die Autos über den Pass.
«Autos mit Heck- oder Frontantrieb haben hier definitiv Mühe», sagt die Leser-Reporterin Mühlemann vor Ort. Derzeit gebe es noch keine Schneekettenpflicht. «Wir haben einen Allradantrieb und sind froh darüber», so Mühlemann. Sie habe gesehen, wie ein Tesla stecken blieb. Auch ein Volvo-Fahrer hatte Mühe mit dem Wetter. Sein Auto musste mit dem Pannendienst abgeschleppt werden.
Derzeit sind im Kanton Graubünden der Malojapass, der Ofenpass, der Berninapass und der Julierpass offen. Die Fahrbahnen sind schneebedeckt.
Video: Starker Schneefall auf dem Julierpass
In den Bergen wird bis zu 60 Zentimeter Neuschnee erwartet. Video: Leser
Mit den grossen Mengen Neuschnee steigt vielerorts die Lawinengefahr. Es sind zahlreiche mittlere und grosse Lawinen zu erwarten, vereinzelt sind auch sehr grosse möglich, die exponierte Teile von Verkehrswegen gefährden können, wie dem Lawinenbulletin zu entnehmen ist. Die Verhältnisse für Touren und zum Freeriden seien «sehr kritisch».
Windspitzen von über 170 Kilometern pro Stunde
Der Orkan «Petra» ist in der Nacht auf Dienstag mit Windspitzen von über 170 Kilometern pro Stunde (km/h) über die Schweiz hinweggefegt. Bei Polizei und Feuerwehr gingen hunderte Meldungen ein. Mindestens zwei Autofahrer wurden verletzt. Die stärksten Windböen wurden auf dem Napf und dem Bantiger BE gemessen mit je 171 km/h, wie SRF Meteo mitteilte. Auf dem Napf bedeutete dies den höchsten Wert seit Messbeginn im Jahr 1981, wie Meteonews mitteilte. Der bisherige Rekordwert stammte vom Orkan «Vivian» am 27. Februar 1990, als Windböen von 169 km/h gemessen worden waren.
Aber auch im Flachland wurden Orkanböen von über 120 km/h verzeichnet. In Thun BE und Affoltern bei Zürich erreichten die Windböen Geschwindigkeiten von 129 km/h. Auch in Luzern wurden 122 km/h gemessen.
Wie Meteonews weiter schreibt, habe sich das Messgerät auf dem Napf um 2.20 Uhr morgens verabschiedet, nachdem der Maximalwert erreicht worden war. Was war geschehen? Offenbar hat ein Stromausfall das Windmessgerät lahmgelegt, wie Melanie Ruosch von Meteo Schweiz auf Anfrage bestätigt. Das Gerät funktioniere nun aber wieder normal. Ob der Stromausfall tatsächlich auf den Sturm zurückzuführen war, konnte sie nicht bestätigen. Der Maximalwert von 171 km/h scheint den Meteorologen weiterhin plausibel.
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Aber auch im Flachland wurden Orkanböen von über 120 km/h verzeichnet. In Thun BE und Affoltern bei Zürich erreichten die Windböen Geschwindigkeiten von 129 km/h. Auch in Luzern wurden 122 km/h gemessen.
Feuerwehr und Polizei im Dauereinsatz
Die Sturmböen hielten Polizei und Feuerwehren in den frühen Morgenstunden auf Trab. Allein im Kanton Zürich rückten die Feuerwehren fast zu 200 Einsätzen aus, und bei der Polizei gingen rund 100 Meldungen ein. An zwei Orten im Zürcher Oberland fuhren Autofahrer in umgestürzte Bäume, einer verletzte sich.
Video: Sturmtief Petra in der Schweiz
Auch im Kanton Bern musste ein Autofahrer nach einem sturmbedingten Unfall hospitalisiert werden, wie die Berner Kantonspolizei twitterte. Rund 110 Meldungen seien wegen des Sturms eingegangen, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Verschiedenenorts seien Bäume und Äste auf Strassen gestürzt. Im Versorgungsgebiet der BKW waren vorübergehend 12'000 Menschen ohne Strom. Am Dienstagmorgen verfügten rund 600 von ihnen immer noch über keine Elektrizität.
Aus dem Kanton Aargau wurden 60 Schadenplätze gemeldet, und rund 20 waren es aus dem Kanton Solothurn. In der Zentralschweiz verzeichnete die Luzerner Polizei 55 Meldungen, hauptsächlich wegen umgestürzter Bäume, umgestürzter Bauabschrankungen oder abgedeckter Gebäude. Es standen über 500 Angehörige von 22 Feuerwehren im ganzen Kantonsgebiet im Einsatz, wie die Polizei mitteilte. In anderen Zentralschweizer Kantonen gab es nur vereinzelte Schadensmeldungen.
Rund 65 Einsätze meldete auch der Kanton St. Gallen. Umgestürzte Bäume hätten Strassen blockiert, es seien Abschrankungen von Baustellen, Toilettenkabinen oder Trampoline weggeblasen worden. Sachschäden habe es an einzelnen Häusern und Autos durch herumfliegende Bäume geben. Ein Autolenker kollidierte bei Mörschwil mit einem umgestürzten Baum. Im Kanton Thurgau gab es innerhalb von drei Stunden rund 70 Meldungen bei der Polizei.
Umgestürzte Bäume behinderten den Bahnverkehr in den Waadtländer Alpen. Die Strecken zwischen Aigle und Le Sépey, zwischen Bévieux und Gryon und zwischen Montbovon FR und Rossinière VD waren unterbrochen. Es verkehrten Ersatzbusse. Am stärksten betroffenen Abschnitt zwischen Bévieux und Gryon, wo ein entwurzelter Baum die Fahrleitung heruntergerissen hatte, dürften die Reparaturarbeiten bis Freitag dauern. Die beiden anderen Strecken werden voraussichtlich am Mittwochmorgen wieder für den Verkehr geöffnet.
Auch zwischen Saignelégier und Glovelier im Kanton Jura sorgte ein umgestürzter Baum für einen Streckenunterbruch. Auf dem übrigen Bahnnetz dagegen wurden keine grösseren Behinderungen gemeldet.
Im Wallis stürzte bei Salvan ein Felsbrocken auf die Strasse. Ein Automobilist vermochte nicht mehr auszuweichen, die nachfolgende Kollision ging für ihn aber glimpflich aus; er blieb unverletzt.
Wie geht es jetzt weiter?
Laut Meteonews hat das Wetter am Dienstagnachmittag Aprilwettercharakter. Neben Auflockerungen und Sonne folgen aber einige Schauer, die Schneeregen, Schnee und Graupel bringen, lokal können auch Blitz und Donner dabei sein, heisst es auf Twitter. Die Temperaturmaxima betragen gemäss Meteo Schweiz zwischen 2 und 5 Grad. Teils weht noch starker Westwind, dieser sollte aber bis am Abend nachlassen.
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Der Mittwochmorgen startet wieder bewölkt mit einigen Schneeschauern an den Voralpen. Am Nachmittag wird es freundlicher mit zunehmend sonnigen Abschnitten und Temperaturen um 4 Grad.
Bis und mit Samstag bleibt es vorwiegend sonnig mit eher kühlen Temperaturen um 4 bis 8 Grad. In den Bergen herrschten perfekte Wintersportbedingungen, schreibt «SRF Meteo». Am Sonntag ist es gemäss Meteo Schweiz nur teilweise sonnig, es bleibt jedoch meist trocken. Die Temperaturen betragen rund 6 Grad.
Vor dem Sturm fast 20 Grad warm
Die Kaltfront war gemäss den Meteorologen sehr schnell unterwegs. Um drei Uhr früh zog sie über Basel und war zwei Stunden später bereits an den Alpen angekommen. Dahinter sei der Luftdruck schnell angestiegen.
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Unmittelbar vor dem Durchzug der Kaltfront wurden extrem milde Temperaturen gemessen, wie Meteonews mitteilte. In Evionnaz im Wallis war es beispielsweise um 02.40 Uhr 19,3 Grad warm. An einigen Stationen seien sogar neue Februarrekorde aufgestellt worden.
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Im Vorfeld war vor dem Sturm gewarnt worden. Meteorologen sagten gar Sturmwinde wie bei «Burglind» vor zwei Jahren voraus. Bei «Burglind» waren Anfang Januar 2018 auf dem Bantiger Windspitzen von 172 km/h gemessen worden, also ähnlich starke Böen wie in der vergangenen Nacht.
Damals wurden 16 Menschen verletzt, die Hälfte davon, als ein Triebwagen eines Zugs der Montreux-Berner-Oberland-Bahn (MOB) wegen einer Windböe aus den Schienen gehoben wurde. Allein die Gebäudeschäden in der Schweiz wurden damals auf 60 bis 90 Millionen Franken geschätzt. Mit 1,3 Millionen Kubikmeter wurde damals ein Viertel der Holz-Jahresnutzung durch Sturmwinde gefällt.
Wärmster Januar seit 1981
Der Januar war der wärmste Januar in Europa und auch - zusammen mit dem Januar 2016 - weltweit seit Beginn der Aufzeichnungen 1981. Das teilte der europäische Klimawandeldienst Copernicus (Copernicus Climate Change Service) am Dienstag mit.
Demnach war der Monat in Europa um 3,1 Grad Celsius wärmer als die durchschnittliche Januartemperatur der Jahre 1981 bis 2010. Die Durchschnittstemperatur lag demnach um etwa 0,2 Prozent über dem bisherigen Rekordhalter, dem Januar 2007.
«Über grossen Teilen Nord-Ost Europas waren die Durchschnittstemperaturen besonders hoch, in manchen Gebieten ganze 6 Grad Celsius höher als die Temperatur der Referenzperiode im Januar (1981-2010)», hiess es weiter. Der weltweite Mittelwert überstieg demnach jenen vom Januar 2016 - dem bisherigen alleinigen Rekordhalter - sehr knapp um 0,03 Grad.
Copernicus ist das Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union, das sich zum Grossteil auf Satellitendaten, aber auch auf Messungen von Wetterstationen, Flugzeugen und Schiffen stützt.
SDA/chk/sho
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