Mysteriöse Drohnenflüge in SeuzachAnwohner fühlen sich beobachtet und ausspioniert
Auf Facebook beklagen sich verschiedene Seuzemer über Drohnen, die über Gärten und vor Fenstern schweben. Wer die Drohnen fliegt, weiss niemand.
Alle zwei bis drei Tage sieht Giselle Haidar kleine, blinkende Lichter, die vor ihrem Balkon schweben. Immer dann, wenn es draussen dunkel ist. «Sie fahren nicht hin und her, sondern sind statisch», erzählt die Seuzemerin am Telefon. Die Lichter gehören zu einer Drohne. Wer die Drohne steuere, wisse sie nicht, sagt Haidar. «Ich habe immer wieder geschaut, ob ich jemanden sehe, aber bisher konnte ich noch niemanden entdecken.» Und das, obwohl die Drohnenflüge ihr bereits seit mehreren Monaten aufgefallen seien.
Ob die Drohnen auch mit Kameras ausgerüstet seien, wisse sie nicht. «Als Laie kann ich das nicht beurteilen.» Ihr falle aber auf, dass die Flugobjekte jeweils bis zu 20 Minuten vor ihrem Balkon schwebten. «Da fühlt man sich beobachtet und in der Privatsphäre gestört.»
«Mindestens 20 Drohnen»
Haidar ist nicht die Einzige, welche die mysteriösen Drohnenflüge verunsichern. Auf der Facebook-Gruppe «Du bisch vo Seuzi, wänn» berichteten verschiedene Anwohnerinnen und Anwohner von Sichtungen. Eine Seuzemerin schreibt, die Drohne sei über ihrem Garten zum Stillstand gekommen, als sie draussen gewesen sei. Es sei unheimlich und total daneben, heisst es in einem anderen Kommentar.
Gegenüber dem Onlineportal «Züri Today» berichtete eine Anwohnerin gar von einer Drohne, die vor ihrem Schlafzimmer «eine Minute lang stehen geblieben» sei, während sie im Bett gelegen und Netflix geschaut habe. «Sie war nicht direkt vor dem Fenster, aber man hat gemerkt, dass man beobachtet wird», sagte sie gegenüber «Züri Today».
Offenbar ist in Seuzach nicht nur eine, sondern gleich mehrere Drohnen unterwegs: Ein Hündeler schreibt, er habe auf seinem Spaziergang sieben St¨ück gesichtet. Eine andere Anwohnerin spricht gegenüber dieser Zeitung sogar von mindestens zwanzig, die allein am letzten Sonntagabend über das Dorf geflogen seien. Einen Piloten habe auch sie nie sehen können, sagt die Anwohnerin. Und dies, obwohl sie mehrmals Ausschau gehalten habe.
Gemeinde hat Polizei informiert
Bei der Gemeinde Seuzach sei bisher eine Meldung über störende Drohnenflüge eingegangen, schreibt Noel Berger, der den Bereich Sicherheit leitet, auf Anfrage. Über die Vorkommnisse habe man die Kantonspolizei in Kenntnis gesetzt.
Wer genau für die Flüge verantwortlich ist, weiss offenbar auch die Gemeinde nicht. Abklärungen bei der Flugsicherung Skyguide hätten aber ergeben, dass keine bewilligungspflichtigen Flüge angemeldet worden seien, heisst es vonseiten der Gemeinde auf Facebook. «Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass die Flüge von einer oder mehreren Privatpersonen unternommen werden.»
Bewilligungsfreie Flüge hätten sich an die Bestimmungen des Bundesamtes für Zivilluftfahrt zu halten. Man empfehle, Verstösse gegen die Bestimmungen «umgehend» der Kantonspolizei zu melden.
Privatsphäre darf nicht verletzt werden
Doch was dürfen Drohnenpiloten überhaupt? Ist es okay, wenn die Flugobjekte über Menschen hinwegfliegen? Grundsätzlich hängt dies von der Kategorie der Drohne ab. So dürfen beispielsweise bewilligungsfreie kleine Drohnen, die bis zu 250 Gramm schwer sind, unbeteiligte Personen überfliegen, auch wenn sie das «nach Möglichkeit» vermeiden sollten. Drohnen bis zu 900 Gramm dürfen nur über Gebiete fliegen, in denen «vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann», dass keine unbeteiligten Personen überflogen werden. Bei noch grösseren Drohnen ist das Überfliegen solcher Personen grundsätzlich verboten.
Hinzu kommt, dass Piloten von Drohnen die Privatsphäre anderer beachten müssen. Drohnen mit Kamera dürfen also nur dann über fremde Gärten oder entlang von Fenstern fliegen, wenn der Eigentümer sowie die gefilmten oder fotografierten Personen damit einverstanden sind. Ausserdem muss sich die Drohne stets in Sichtweite des Piloten befinden. Er darf sich also nicht einfach mithilfe der Kamera orientieren.
Spionage durch Einbrecher «unwahrscheinlich»
Die Kantonspolizei schreibt auf Anfrage, dass «immer wieder Meldungen» über belästigende Drohnenflüge auf Kantonsgebiet eingehen würden. Ob die Meldungen zugenommen haben, beantwortet Sprecher Alexander Renner auf Anfrage nicht. Über die Vorfälle in Seuzach ist die Kantonspolizei informiert worden. Bisher ist laut Renner aber lediglich eine Meldung eingegangen.
Auf Facebook mutmasst eine Userin, dass hinter den Drohnenflügen Einbrecher stecken könnten, die die Häuser ausspionieren. Das hält die Kantonspolizei für «unwahrscheinlich». «Am häufigsten entscheiden sich Einbrecher spontan für ein Objekt, wenn sie augenscheinliche Hinweise dafür haben, dass Bewohnende nicht zu Hause sind», schreibt Renner.
Dass sich Anwohnerinnen und Anwohner über Drohnenflüge beklagen, scheint in der Region nicht oft vorzukommen. So schreiben mehrere Gemeinden auf Anfrage, dass sie bisher noch nie von diesem Phänomen gehört haben.
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