WHO warnt vor Virus Globale Alarmstufe wegen Mpox – die wichtigsten Fragen und Antworten
Die Weltgesundheitsorganisation schlägt Alarm: In Afrika steigen die Fallzahlen von Mpox-Infektionen (früher Affenpocken genannt) stark an. Was derzeit bekannt ist, lesen Sie hier.
Warum hat die WHO die höchste Alarmstufe ausgerufen?
Der Notfallausschuss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen der Ausbreitung des Mpox-Virus in Afrika beraten und WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus dann mitgeteilt, dass die Situation aus seiner Sicht eine «gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite» darstelle. Dies sagte Ghebreyesus am Mittwochabend an einer Pressekonferenz. «Ich habe diesen Ratschlag angenommen.»
Die «gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite» kann nur vom WHO-Direktor ausgerufen werden und sieht rechtlich bindende Schritte zur Eindämmung der betreffenden Krankheit vor. «Die WHO wird in den kommenden Tagen und Monaten in enger Zusammenarbeit mit allen betroffenen Ländern (...) die globalen Gegenmassnahmen koordinieren», sagte Tedros.
Die Entscheidung der 15 Mitglieder des Notfallausschusses sei einstimmig erfolgt, sagte die Ausschussvorsitzende Dimie Ogoina. «Wir stehen vor mehreren Epidemien mit verschiedenen Varianten in verschiedenen Ländern», hatte Tedros vor der Sitzung erklärt. Auch die Übertragungswege und die Gefahren einer Erkrankung unterscheiden sich laut dem WHO-Chef stark.
Wo grassiert das Virus?
Vom jüngsten Ausbruch der Mpox-Krankheit ist die Demokratische Republik Kongo am stärksten betroffen. Laut WHO gab es in dem zentralafrikanischen Land in diesem Jahr bereits mehr als 14’000 Mpox-Fälle. 524 Menschen starben an dem jahrzehntelang unter dem Namen Affenpocken bekannten Virus. Das seien mehr als im gesamten Jahr 2023, sagte Tedros.
Die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) bezeichnete die Ausbreitung des Virus als «sehr besorgniserregend». Der IFRC sei bereit, auch in entlegenen Regionen bei der Eindämmung der Ausbreitung des Virus zu helfen.
Insgesamt sind laut der Gesundheitsbehörde der Afrikanischen Union (Africa CDC) in 16 afrikanischen Ländern seit Januar 2022 über 38’000 Fälle registriert worden. 1456 Menschen seien an Mpox gestorben. 2024 stieg die Zahl der Fälle laut Behörde um 160 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Regierung der Demokratischen Republik Kongo sprach im Juli von einer «exponentiell» steigenden Fallzahl.
Am Dienstag hatte die Afrika CDC eine «kontinentale gesundheitliche Notlage» erklärt. Der Behörde zufolge gibt es auch Verdachts- und bestätigte Fälle in Kamerun, in der Republik Kongo, der Zentralafrikanischen Republik, in Nigeria, Liberia und Ghana.
Was ist über das Virus bekannt?
Das Virus ist mit dem klassischen Pockenvirus (Variola-Virus) verwandt. Sorge bereitet den Experten vor allem die Virusvariante Ib, die derzeit in einigen afrikanischen Ländern zirkuliert. Zu Beginn der Beratungen des WHO-Notfallausschusses hatte Tedros erklärt, in zuvor nicht von Mpox betroffenen Ländern in Afrika seien im Juli insgesamt rund 90 Infektionen mit der schwerer verlaufenden und zu mehr Todesfällen führenden Virus-Untergruppe Ib registriert worden. Die Variante breite sich «anscheinend vor allem durch sexuelle Netzwerke aus», sagte Tedros.
Mpox-Viren waren ursprünglich vor allem bei Nagetieren in West- und Zentralafrika verbreitet. Erstmals wurden sie in den 1970er-Jahren auf dem Gebiet der heutigen Demokratischen Republik Kongo entdeckt. Übertragungen von Mensch zu Mensch sind bei engem Kontakt ebenfalls möglich, etwa beim Sex.
Im Mai 2022 hatte sich die Virus-Untergruppe IIb der Krankheit auch ausserhalb Afrikas ausgebreitet, vor allem in Europa. Betroffen waren hauptsächlich Männer, die Sex mit Männern hatten. Die WHO rief danach – wie beim Coronavirus Sars-CoV-2 – eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite aus, die im Mai 2023 wieder endete. Die Virus-Untergruppe IIb ist allerdings wahrscheinlich weniger gefährlich als die sich derzeit ausbreitende Gruppe Ib.
Mpox hiessen früher Affenpocken, weil sie zufällig erstmals bei Affen nachgewiesen worden waren. Generell will die WHO Krankheiten aber nicht nach Tieren oder Ländern benennen, in denen sie entdeckt werden, um Diskriminierungen vorzubeugen.
Welches ist die Gefahr einer Ausbreitung in Europa?
Die Europäische Gesundheitsbehörde ECDC hat das Risiko einer Ausbreitung der neuen Variante in Europa Ende Juli als «sehr gering» eingeschätzt. Nach Angaben des deutschen Robert Koch-Instituts (RKI) gibt es bislang keine bekannten Fälle der Klade I.
«Mpox ist nicht so leicht übertragbar», sagte Virenforscherin Marion Koopmans von der Erasmus-Universität Rotterdam. «Es wird durch direkten Kontakt verbreitet und ist daher – theoretisch – relativ leicht zu stoppen, wenn es diagnostiziert und erkannt wird.»
Wie ist die Situation in der Schweiz?
Aktuell gibt es in der Schweiz nur vereinzelte Ansteckungen mit Mpox. Im Jahr 2023 wurden hierzulande 13 Fälle registriert, im laufenden Jahr sind es bis jetzt 20. Laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) habe sich bis jetzt gezeigt, «dass besonders (aber nicht ausschliesslich) Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), sowie trans Personen mit wechselnden männlichen Sexualpartnern betroffen waren». Die Ansteckungsgefahr für die Allgemeinbevölkerung sei gering. Das BAG empfiehlt Risikopersonen, sich durch eine Verhaltensanpassung vor einer Übertragung zu schützen. Ausserdem könne nach individueller Nutzen-Risiko-Analyse eine vorbeugende Impfung verabreicht werden, so das BAG. Das Gleiche gelte auch für Personen, die aus beruflichen Gründen gegenüber Affenpockenviren exponiert sind.
Welches sind die Symptome einer Mpox-Erkrankung?
Typische Symptome einer Infektion mit der Ib-Variante sind Hautausschläge am ganzen Körper. Bei milderen Varianten beschränkt sich der Ausschlag auf einige Stellen wie Mund, Gesicht oder Genitalien. Neben Pusteln gehört auch Fieber zu den typischen Symptomen der Krankheit.
Gibt es einen Impfstoff?
Der Impfstoff gegen das Pockenvirus schützt auch vor einer Infektion mit dem Mpox-Virus. Es gibt zwei Impfstoffe, aber bei weitem nicht genügend Dosen, vor allem nicht in Afrika. Tim Nguyen von der WHO sagte, es stünden 500’000 Impfdosen des MVA-BN-Impfstoffs zum Kauf bereit. Weitere 2,4 Millionen könnten bis Ende des Jahres produziert werden, wenn es feste Aufträge gebe.
Die WHO appellierte an Geberländer, dafür Geld bereitzustellen. Sie bat Länder mit Lagerbeständen auch darum, Impfdosen abzugeben. Der zweite Impfstoff LC16 werde in Japan hergestellt, aber nicht kommerziell, sagte Nguyen. Japan sei aber immer sehr grosszügig mit Spenden.
Die EU hat bereits angekündigt, gut 175’000 Dosen des MVA-BN-Impfstoffs zur Verfügung zu stellen. Der Hersteller, das Pharmaunternehmen Bavarian Nordic, wollte 40’000 Dosen spenden.
AFP/DPA/aeg
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