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Neue Vorgaben vom Bund
Handynutzer müssen mit höheren Tarifen rechnen

Ein Antennenmast mit einer 5G Antenne, unten, und einer 4G Antenne, oben, am Dienstag, 26. Maerz 2019 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
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Es sind Horrorszenarien für eine Industrienation wie die Schweiz: Ein flächendeckender Stromausfall oder eine Strommangellage, die bedeutende Infrastruktur lahmlegen und so enorme wirtschaftliche Schäden verursachen. Spätestens seit Ende der Corona-Krise ist klar, dass Mobilfunkantennen zu den wichtigen Anlagen der Schweiz gehören. Ohne Handynetz wäre Heimarbeit während der Lockdowns kaum möglich gewesen, um die Wirtschaft am Leben zu halten.

Während eines Stromausfalls oder einer Energiemangellage müssen jedoch andere Funktionen gewährleistet sein: die ständige Erreichbarkeit der Notrufnummern und ein unterbruchsfreier Zugang zum Internet.

Die Eidgenossenschaft macht deshalb den drei Mobilfunkanbietern Swisscom, Sunrise und Salt strengere Vorschriften, damit ihre Netze auch während eines Blackouts weiter funktionieren. Bei einem Stromausfall haben demnach die Antennen bis zu 72 Stunden am Stück weiter in Betrieb zu sein. Im Falle einer schweren Strommangellage muss das Mobilfunknetz an 14 aufeinanderfolgenden Tagen zur Verfügung stehen.

Dazu müssen die Netzbetreiber ihre Sendeanlagen neu mit Notstromerzeugern aufrüsten. So steht es in der überarbeiteten Fernmeldeverordnung, welche der Bundesrat soeben in die Vernehmlassung geschickt hat. Bislang haben die Betreiber ihre Netze freiwillig gegen Stromausfälle gesichert. Dank spezieller Batterien können die Antennen bei einem Stromunterbruch aber lediglich bis zu vier Stunden weiterhin Signale senden oder empfangen.

Zusatzkosten von 150 Millionen Franken jährlich

Für die Konsumentinnen und Konsumenten ist der Entscheid aus Bern ein zweischneidiges Schwert. Einerseits können sie während eines Stromausfalls mit einem funktionierenden Mobilfunknetz rechnen. Auf der anderen Seite müssen sie sich aber mittelfristig auf höhere Tarife einstellen.

Die Notstromversorgung der drei Mobilfunknetze dürfte nämlich laut Schätzungen des Bundesamts für Kommunikation (Bakom) mit 150 Millionen Franken pro Jahr zu Buche schlagen. Diese Kosten müssen die Netzbetreiber selber tragen.

Dazu hält die Behörde fest, dass vor allem die Kundschaft von Swisscom, Sunrise und Salt von den Massnahmen profitiere. Es sei deshalb «sachlogisch angebracht», dass die Anbieter die Kosten «auf die Abonnementgebühren überwälzen». Aus Sicht des Bakom sind die Preiserhöhungen zumutbar, da es von einer Bandbreite von zusätzlichen 3,60 bis 8,40 Franken pro Jahr und Nutzer ausgeht.

Die Netzbetreiber halten sich bei der Frage bedeckt, ob sie die Kosten für die Notstromversorgung ihrer Mobilfunknetze an die Kunden weitergeben werden. Sie verweisen dabei auf die laufende Vernehmlassung, die bis Februar 2024 dauert. Bis dahin haben die Versorger Zeit, ihre Anliegen einzubringen.

Allerdings machen alle drei Anbieter keinen Hehl daraus, dass sie von höheren Auslagen für den Betrieb der Netze im Katastrophenfall ausgehen als von den Bundesbehörden veranschlagt. Grundlegende Kostenblöcke wie Schulungen des Personals und ein Pikettdienst im Krisenfall seien schlicht nicht beachtet worden, hält ein Swisscom-Sprecher fest.

Wie die SonntagsZeitung erfahren hat, fand ein intensiver Austausch zwischen der Bundesverwaltung und der Telecombranche darüber statt, welche Massnahmen sinnvoll und machbar sind. Zwei Knackpunkte sind dabei aufgetaucht: zum einen die Frage nach der zuverlässigen Energieversorgung wichtiger Infrastruktur. Das sei Aufgabe der Stromerzeuger und nicht der Netzbetreiber, monieren Swisscom, Sunrise und Salt. Die neuen Vorschriften zum Notbetrieb der Handynetze erachten sie deshalb als überrissen.

Zum anderen sorgt die Dauer der Notstromversorgung für Kontroversen. Um diese Vorgabe zu erfüllen, müssten die Mobilfunkanbieter Tausende von Antennen an Dieselaggregate hängen. Das sei nicht nur wenig umweltfreundlich, monieren die Netzbetreiber, sondern auch mit bürokratischen Hürden verbunden. So braucht es für den Einsatz von Dieselaggregaten das Einverständnis des Eigentümers, auf dessen Boden eine Antenne steht.

Neue Verhandlungen mit Grundeigentümern nötig

Es wären somit neue Verhandlungen mit jedem einzelnen Grundeigentümer nötig, bei denen auch höhere Mieten zur Sprache kommen könnten. Denn ein Notstromaggregat braucht zusätzlichen Platz. Die Mobilfunkanbieter kritisieren diesen Aufwand als unverhältnismässig. Bei der Swisscom etwa steht nur eine von zehn Antennen auf einem Grundstück, das dem Schweizer Marktführer gehört.

Darüber hinaus wären ordentliche Baubewilligungsverfahren notwendig. «Die zuständigen Behörden würden mit Anfragen überschwemmt», sagt der Sunrise-Sprecher. «Schon heute gibt es einen Rückstand bei Baubewilligungen für 3000 Anlagen.» Es brauche deshalb schlankere Verfahren, um die vom Bundesrat vorgegebene Frist einhalten zu können. Die Anbieter haben nun fünf Jahre Zeit erhalten, um die Antennen mit Notstromaggregaten aufzurüsten.

Der Bundesrat begründet die verschärften Vorgaben damit, dass es sich bei den Mobilfunknetzen um «kritische Infrastruktur» handle. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Strommangellage eintritt, gibt das zuständige Kommunikationsdepartement (Uvek) von SVP-Bundesrat Albert Rösti mit «alle 30 Jahre» an. Die Möglichkeit einer solchen Krise gilt demnach als hoch.

Den wirtschaftlichen Schaden schätzt die Bundesbehörde auf 185 Milliarden Franken. Funktionierende Mobilfunknetze würden dazu beitragen, die Schadenssumme um 16 Milliarden Franken zu verringern.

Zur Kritik des hohen bürokratischen Aufwands schreibt das Uvek, die Mobilfunkanbieter hätten mit einer Dauer von fünf Jahren genügend Zeit erhalten, um mit den Grundstückbesitzern neue Mietverträge auszuhandeln.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die Mobilfunknetze durchaus anfällig für Störungen sind. In den Jahren 2021 und 2022 war die staatsnahe Swisscom von zwei schweren Pannen betroffen, welche zu einem Ausfall der Notrufnummern führten.

Die häufigste Ursache für Netzstörungen sind Softwarefehler, wie Zahlen für den Zeitraum von 2014 bis 2022 zeigen. In der Berichtsperiode gab es 16 Ausfälle wegen Stromunterbrüchen. Der letzte ereignete sich 2020.

Tiefere Schwelle bei Störungsmeldungen

Vor allem die Beeinträchtigung der Notfallnummern führte zu einem neuen Umgang mit Pannen – die Notstromversorgung von Mobilfunkantennen wurde indes unabhängig davon verfügt. Seit diesem Jahr müssen die Netzbetreiber jede Störung melden, wenn 10’000 Kundinnen und Kunden betroffen sind. Bisher lag die Grenze bei 30’000. Und statt ans Bakom geht die Meldung direkt an die Nationale Alarmzentrale, die rund um die Uhr erreichbar ist.

Die Eidgenossenschaft verspricht sich davon, dass Ausfälle zeitnah behandelt werden können. Dies sei für die Bewältigung von Krisensituationen besonders wichtig.

Nur bei der Transparenz hapert es noch etwas. Die Alarmzentrale nehme keine statistische Auswertung von Netzstörungen vor und plane keine Publikation solcher Berichte, sagt ein Sprecher. Die Verantwortung dafür liege beim Bakom.

Das Bundesamt wiederum sammelt zwar Störungsmeldungen, macht diese jedoch nicht aktiv publik im Sinne einer jährlichen Übersicht. Stattdessen sind die Mobilfunkbetreiber verpflichtet, Ausfälle auf ihren Websites zu vermelden.