Rennen um BundesratssitzMit viel Selbstbewusstsein gegen die Männerkonkurrenz
Sie wäre die erste richtige SVP-Bundesrätin und die erste Nidwaldner Vertretung in der Landesregierung: Die 55-jährige Michèle Blöchliger will die Nachfolge von Ueli Maurer antreten.
Den Auftakt zu ihrer bisher wohl wichtigsten Medienkonferenz begann Michèle Blöchliger konventionell: Sie sprach Respekt und Dank aus. Der galt dem Parteikollegen und abtretenden Bundesrat Ueli Maurer, den die Nidwaldner Regierungsrätin in den höchsten Tönen lobte. Selbstlos, offen und loyal gegenüber den Menschen sei er gewesen: «Ich habe ihn bewundert.» Wie Maurer wolle sie der Schweiz Sorge tragen, sagte sie am Montagnachmittag bei der Bekanntgabe ihrer Bundesratskandidatur in Stans, im historischen Bannersaal des Rathauses.
Gute Bildung ist ihr wichtig
Gleich danach sprach sie über das Bildungssystem. Das liegt der dreifachen Mutter von schulpflichtigen Kindern ganz offensichtlich sehr am Herzen: «In der Berufswelt zählen Einsatz und Leistung, begleitet von Empathie.» Eine Wesenseigenschaft, die im Vokabular von SVP-Politikern sonst eher weniger vorkommt. Noch seltener Blöchligers Nachsatz, dass Herkunft und Hautfarbe dabei keine Rolle spielen dürfen.
Die Rechtsanwältin ist selbstbewusst und macht keinen Hehl daraus. So sagte Blöchliger in dieser Zeitung bereits letzte Woche, dass sie dieses Amt sehr reize und sie über den nötigen Rucksack verfüge. Diesen stellte sie auch am Montag in den Vordergrund. Sie zählte auf, was eine künftige Bundesrätin mitbringen sollte. Punkt für Punkt ging sie die notwendigen Eigenschaften durch und liess keinen Zweifel offen, dass sie über diese verfüge:
Die Kernthemen der Partei in den Bundesrat einbringen: Diesen Vorsatz hatten alle SVP-Politiker, die in die Landesregierung gewählt wurden, mit höchst unterschiedlichem Erfolg.
Das Kollegialitätsprinzip beachten: Den Beweis dafür hat sie als Regierungsrätin erbracht. «Sie hat gezeigt, dass sie gut und schnell in eine neue Rolle wachsen kann und überzeugt als Exekutivmitglied», sagt etwa Dominik Steiner, Fraktionschef der FDP im Nidwaldner Kantonsrat.
Politische Erfahrung in der Legislative und der Exekutive sowie Führungserfahrung im Beruf vorweisen: Das hat sie als langjährige Kantonsrätin, Regierungsrätin und Geschäftsführerin eines KMU und verschiedene Kaderpositionen bei der UBS.
Sprachkompetenzen einbringen: Dafür ist sie gerüstet: Englisch bezeichnet sie als ihre zweite Muttersprache (ihre Mutter ist Engländerin). Zudem spricht Blöchliger Italienisch und Französisch. Den Beweis trat sie an der Pressekonferenz gleich an – zumindest was Französisch betrifft.
Aus der richtigen Region stammen: Sie erfüllt die Hauptbedingung, nämlich eine Deutschschweizer Herkunft. Ohne auf diesem Punkt herumzureiten, betonte Blöchliger, wie wichtig eine angemessene Vertretung der Landesgegenden sei.
Nur bei einem Punkt überliess Blöchliger das Urteil anderen: die Forderung, dass eine Bundesrätin eine integre, bodenständige Persönlichkeit sein müsse, die mit Verstand und Herz agiere. Dass der SVP-Kantonalpräsident an der Pressekonferenz einen Lobgesang auf sie anstimmte, erstaunte wenig. Aber auch der Nidwaldner FDP-Ständerat Hans Wicki fand nur lobende Worte: «Sie ist bestens für dieses Amt gerüstet.»
«Auch wenn sie politisch natürlich nicht auf unserer Linie ist, hat sie doch ein offenes Ohr für unsere Anliegen.»
Selbst politische Gegner zollen ihr Respekt. Als Mutter von drei Kindern habe sie eine gesunde Bodenhaftung und könne es gut mit Leuten, sagt Landrat Daniel Niederberger, der für die SP im Kantonsparlament sitzt.
Zudem erlebe er sie als eher gemässigt und nicht als SVP-Hardlinerin: «Auch wenn sie politisch natürlich nicht auf unserer Linie ist, hat sie doch ein offenes Ohr für unsere Anliegen.» Sie habe eine klare Meinung und könne diese auch beharrlich vertreten, betont Mitte-Kantonsrat Christof Gerig. Aber sie lasse mit sich reden.
Viele SVPler wollen eine Frau auf dem Ticket
Michèle Blöchliger ist die erste Frau, die ins Rennen um den frei werdenden Bundesratssitz steigt. Sie eröffnet der Partei damit die Möglichkeit, der Bundesversammlung ein Zweier- oder Dreierticket mit einer Frau zu präsentieren. SVP-Parteipräsident Marco Chiesa und der ehemaligen Präsidenten Toni Brunner legten in den vergangenen Tag unmissverständlich dar, dass eine Kandidatin sehr wünschenswert wäre.
Jetzt muss Blöchliger noch von ihrer Kantonalpartei nominiert werden (eine Formsache) und von der Bundeshausfraktion im Dezember auf das Ticket gehievt werden. Konkurrenten sind bisher Favorit Albert Rösti (BE), Werner Salzmann (BE) und Heinz Tännler (ZG).
Blöchliger ist sehr gut vernetzt
Parteiintern ist Blöchliger sehr gut vernetzt. Sie war zeitweise im nationalen Leitungsausschuss. Zudem kennt sie den Präsidenten der Findungskommission, Caspar Baader, bestens. Mit ihm machte sie sich vor zwei Jahren auf die Suche nach einem neuen Parteipräsidenten.
Sollte Michèle Blöchliger tatsächlich am 7. Dezember den Sprung in die Landesregierung schaffen, hätte die Zentralschweiz nach der Ära Villiger (1989–2003) wieder eine Bundesrätin. Und Nidwalden wäre dort erstmals überhaupt vertreten. Zumindest die Festorganisatoren hätten leichtes Spiel: Als Hobbys gibt Blöchliger Wein und Käse, Whisky und Zigarren an.
Fehler gefunden?Jetzt melden.