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Die Schweiz vor dem Kosovo-Spiel
Mit Stolz und grossem Doppelherz

Als Captain immer zuvorderst: Granit Xhaka mit Schiedsrichter Andreas Ekberg.
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Die schwierigste Aufgabe vor dem Spiel gegen Kosovo hat Granit Xhaka schon erledigt. Er hat Billette für die Menschen organisiert, die ihm am wichtigsten sind, «20, 25, so um den Dreh», sagt er. Wenn er alle eingeladen hätte, die er kennt, dann hätte er gleich das ganze Stadion mieten müssen.

Xherdan Shaqiri hat diese Aufgabe delegiert, an einen seiner Brüder. Er wollte nichts damit zu tun haben, sonst hätte er allein vermutlich das halbe Stadion gefüllt.

Xhaka und Shaqiri werden am Dienstag im Zentrum stehen, wenn sie mit der Schweiz im Letzigrund auflaufen. Im Land ihres Gegners, Kosovo, sind sie wohl die grössten Sporthelden. Er habe ein «Doppelherz», hat Xhaka einmal gesagt: Er ist der Mann, der seine kosovarischen Wurzeln nicht leugnen will und auch nicht muss und der gleichzeitig seit elf Jahren für die Schweiz spielt. Shaqiris Familie kommt ebenfalls aus Kosovo. Trotzdem spielt er seit zwölf Jahren für die Schweiz, er ist bei 101 Einsätzen angelangt, Xhaka nach seinem ersten seit der EM bei 99.

Ein Penalty als Ärgernis

«Zuerst einmal ist es ein Freundschaftsspiel», sagt Shaqiri, «und das heisst, Freundschaft verbindet.» Auf dem Papier ist es ein Spiel wie am Samstag in London, wo die Schweiz auf England traf und 1:2 verlor. In der Realität ist es doch anders, gerade für Xhaka und Shaqiri, gerade für einige auf kosovarischer Seite, weil sie in der Schweiz aufgewachsen sind und doch für Kosovo spielen.

Mirlind Kryeziu ist in Zürich aufgewachsen und spielt für den FCZ, Fidan Aliti ist in Binningen geboren und spielt für den FCZ, Betim Fazliji spricht Ostschweizer Dialekt und spielt für St. Gallen. Florent Hadergjonaj kommt aus dem Emmental und spielt nun in der Türkei. So ist das bei Kosovo. Hadergjonaj ist für Shaqiri ein Freund. Die anderen, die kenne er halt, sagt er auch, er werde einigen Hallo sagen müssen.

Bis am Dienstag ist sicher auch der Ärger verraucht, der Xhaka am Samstag beim TV-Interview fast aus jeder Pore seines Gesichts schaut. Das 1:2 bringt ihn auf, er hätte in dem Land, in dem er seit bald sechs Jahren für Arsenal arbeitet, gerne gewonnen, und er hätte gerne bewiesen, wie gut die Schweiz inzwischen ist. Was ihn deshalb besonders aufbringt, ist der schliesslich entscheidende Moment dieses Spiels im Wembley.

Nach einem Handspiel von Steven Zuber interveniert der VAR. Dass ein Kopfball von Marc Guéhi den ausgestreckten Arm von Zuber trifft, ist unstrittig. Xhaka sagt trotzdem: «Niemand weiss, wann Penalty ist und wann nicht.» Es sei nicht das erste Mal, dass ein Spiel so entschieden werde. Und Murat Yakin gibt zu bedenken, dass Zuber den Ball gar nicht sehen könne.

Der Schiedsrichter schaut sich die Bilder an, gibt Elfmeter, und Harry Kane verwandelt ihn magistral. Obwohl Jonas Omlin sehr gut reagiert, ist er chancenlos. Wegen dieses Tores in der 78. Minute kocht es in Xhaka. Sein Trainer dagegen nimmt es gelassen: «Wir können das nicht ändern – ausser ein nächstes Mal besser zu verteidigen.»

Ein Fehler als Lehre

Beim 1:2 bleibt es – und damit bei der Erkenntnis, dass die Schweiz gegen England nicht mehr gewinnen kann. Seit dem letzten Sieg, einem 2:1 in Basel, sind knapp 41 Jahre vergangen, in den 13 Spielen seither hat es gerade zu vier Unentschieden gereicht. Das sind die Zahlen eines Aussenseiters gegen einen Favoriten.

Diesmal reicht es der Schweiz wenigstens dazu, um am Sieg zu schnuppern. Ihr gelingt, allerdings gegen ein genügsames England, eine gute erste Halbzeit. Breel Embolo erzielt das Führungstor, Fabian Frei trifft die Latte, Xherdan Shaqiri bei einem Corner den Pfosten, Xhaka und Rodriguez prüfen Jordan Pickford mit harten Distanzschüssen.

«Ich will als spezieller Spieler gesehen werden, der Freude gemacht hat»: Xherdan Shaqiri, hier gegen den Engländer Mason Mount.

Das 1:0 ist verdient, und es fehlen nur noch ein paar Sekunden, um es in die Pause zu bringen. Dann unterläuft Fabian Frei, einem sonst so ballsicheren Spieler, ein verhängnisvoller Fehler. Statt den Ball wegzuschlagen, will er ihn sauber aus der Abwehr herausspielen. Kyle Walker-Peters fängt sein Zuspiel ab, am Ende der Aktion steht der Ausgleich durch Luke Shaw.

In der zweiten Halbzeit kommt nicht mehr viel von der Schweiz, von England kommt etwas mehr. Nach einer Stunde ruht das Spiel für drei Minuten, weil auf beiden Seiten so viele neue Spieler eingewechselt werden. Bei der Schweiz ist das ohne positive Wirkung, bei England dagegen stehen neu Raheem Sterling, Jack Grealish und Declan Rice auf dem Platz. Das ist Prominenz aus der Premier League, die für einen Qualitätsunterschied sorgen kann. Und Xhaka erkennt: «Kleine Fehler werden gegen eine solche Mannschaft bestraft.»

Shaqiris Plan

Yakin findet trotz der Niederlage warme Worte für seine Mannschaft. Sie habe ein gutes Spiel gezeigt, sagt er. Und ein wenig Lob hat er auch für sich bereit. Aufstellung, System, Strategie, das sei alles richtig gewesen. In Erinnerung bleibt aber auch seine letzte Erkenntnis des Tages: «So, abhaken, besser machen.» In diesem Moment dringt die «Coolness» durch, die Shaqiri bei ihm dieser Tage so sehr betont hat: «Muri hat sie einfach.»

Dienstag also, 18 Uhr, Letzigrund. Das Stadion ist ausverkauft, auch ohne alle Verwandten und Bekannten von Xhaka und Shaqiri. Als Xhaka erstmals für die Schweiz spielte, 2011 im Wembley, hätte er sich nie vorstellen können, einmal gegen Kosovo zu spielen. Dass diese Begegnung mit seiner anderen Heimat ansteht, drückt für ihn aus, wie viel da seither passiert ist. Aus dem einstigen Kriegsland ist 2016 ein Fifa- und Uefa-Mitglied geworden, das Qualifikationen für WM und EM bestreitet.

«Das Spiel ist für mich doppelt emotional», sagt Xhaka. Da ist Kosovo, und da ist die Tatsache, dass er sein 100. Länderspiel bestreitet. Es ist ihm eine Ehre, so weit gekommen zu sein. Und er fühlt den Stolz, überhaupt die Chance bekommen zu haben, für sein Land spielen zu dürfen. So sagt er das: sein Land. Und meint die Schweiz.

Den Rekord Heinz Hermanns von 118 Spielen wird er übertreffen, da ist er sich sicher. Aber ob er am Ende seiner Karriere mehr hat oder Shaqiri, ist ihm einerlei. Shaqiri ist es das auch. Er will eines Tages nicht als Rekordspieler gesehen werden, «ich will als spezieller Spieler gesehen werden, der Freude gemacht hat».

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