Mit Dreier- oder Viererkette gegen Portugal?
Die Schweiz spielt am Mittwoch im Halbfinal der Nations League gegen den Europameister. In welchem System sie antritt, ist ein gut gehütetes Geheimnis.
Erst wenn der Schiedsrichter zum Anstoss pfeift, ist für den Zuschauer jeweils in etwa ersichtlich, mit welcher taktischen Ausrichtung Nationaltrainer Vladimir Petkovic sein Team auf den Platz geschickt hat. Die Flexibilität der Schweiz, auch während eines Spiels das System zu wechseln, um in der Verteidigung von einer Vierer- auf eine Dreierkette umzustellen, ist ihre grosse Stärke. Welche Formation liegt der Nationalmannschaft nun besser?
Noch nie haben die Schweizer gewonnen, wenn sie mit einer Dreierkette ins Spiel gestartet sind. Gegen England (0:1), Belgien (1:2) und Katar (0:1) setzte es im Herbst drei Niederlagen ab. Gegen Dänemark (3:3) verspielten die Schweizer eine 3:0-Führung. Das heisst jedoch nicht, dass das Projekt mit der Dreierkette gescheitert ist. Denn beim sensationellen 5:2-Sieg gegen Belgien stellte Petkovic das System nach dem Anschlusstreffer durch Rodriguez auf ein 3-5-2 um. Auch beim Sieg über Georgien (2:0) erzielten die Schweizer die entscheidenden Tore, erst nachdem der Trainer die Viererkette aufgelöst hatte.
Die Schweizer können ihr System flexibel wechseln
Wenn Petkovic auch gegen Portugal während des Spiels das System ändert, muss er dabei nicht einmal einen Spieler auswechseln – solange er nicht mit drei nominellen Innenverteidigern beginnt. Denn Ricardo Rodriguez kann sowohl in der Dreierkette wie auch in der Viererkette hinten links spielen. Dies erschwert es dem Gegner ungemein, sich auf die Schweiz einzustellen. Auch wenn die Portugiesen die Mannschaftsaufstellung vor dem Aufwärmen einsehen können, wissen sie noch nicht, welches System Petkovic gewählt hat. Ein Vorteil für die Schweiz, der nicht zu unterschätzen ist – er macht das Team unberechenbarer.
Petkovic hat die Nations League optimal genutzt, um die Umstellung des Systems zu testen und seine Mannschaft flexibler zu machen. Die Frage nach dem System stellt sich daher eigentlich gar nicht, da es durch eine kurze Anweisung – und für den Gegner ohne Ankündigung – gewechselt werden kann.
Ob mit einer Dreier- oder einer Viererabwehr gespielt wird, sagt eigentlich noch nicht viel über die taktische Ausrichtung aus, denn beide Formationen können sowohl offensiv als auch defensiv interpretiert werden. Viel mehr Aussagekraft darüber, wie Petkovic seine Mannschaft eingestellt hat, gibt die Wahl der Spieler, die auf den jeweiligen Positionen von Beginn weg auf dem Platz stehen. Spielt beispielsweise Rodriguez in der Dreierkette und Zuber auf der linken Aussenbahn, ist das Team offensiver eingestellt, als wenn ein dritter Innenverteidiger in der Abwehr spielt und Rodriguez aussen im Fünfermittelfeld.
Die Vor- und Nachteile der Dreierkette
Beim Spielaufbau mit drei Innenverteidigern (und nur zwei nominellen Aussenbahnspielern) zeigen sich meist mehrere Schwächen des Systems. Die Spieler sind zuweilen statisch in ihren Positionen gefangen. Dynamische Positionsänderungen sind nur schwer möglich. Der Aussenspieler muss beispielsweise an der Seitenlinie hoch stehen und kann nicht in die Mitte rücken, da er ansonsten die Breite der Mannschaft verschmälert und auf einer Seite somit keine Anspielstation mehr da ist.
Die beiden Stürmer stehen normalerweise nahe beieinander, um bei Ballbesitz miteinander kombinieren zu können – deshalb brechen auch sie selten auf eine Seite aus. Läufe in die Tiefe von den zentralen Mittelfeldspielern sind nötig, doch sind diese auch kraftintensiv – wenn der Ball dann nicht kommt, wird der Effort beim nächsten Mal nicht mehr betrieben. Auch das Hinterlaufen der Flügelspieler ist kaum möglich, da nur ein Spieler pro Seite zugeteilt ist und die drei Verteidiger sich nicht in die Offensive einschalten. Allgemein gilt: Angriffsauslösungen werden im 3-5-2-System schnell einmal durchschaubar. Die grosse Stärke der Dreierkette sollte eigentlich die bessere Absicherung in der Defensive sein. Drei Verteidiger bleiben bei Ballbesitz immer zurück und werden von einem defensiven Mittelfeldspieler unterstützt, um bei Ballverlust schnelle Konter unterbinden zu können. Verteidigt die Mannschaft tief in der eigenen Platzhälfte, bilden die Aussenspieler mit den Innenverteidigern eine Fünferkette, welche dem einzelnen Verteidiger deutlich mehr Sicherheit gibt.
Das Zentrum ist mit drei Innenverteidigern und drei zentralen Mittelfeldspielern nur schwer durchspielbar. Anfällig ist die Kette jedoch bei Angriffen über die Seiten, da dort oft Zwei-gegen-eins-Situationen entstehen können.
Vor- und Nachteile der Viererkette
Das klassische 4-2-3-1-System, welches die Schweiz bereits unter Ottmar Hitzfeld gespielt hatte, ist ein wesentlich flexibleres System. Es bietet Granit Xhaka bei der Spielauslösung die Möglichkeit, sich auf Höhe der beiden Innenverteidiger fallen zu lassen. Gleichzeitig mit dieser Bewegung können die beiden Aussenverteidiger nach vorne stossen und die Flügelspieler in die Mitte rücken. Durch das dynamische Verschieben der Positionen wird es für den Gegner schwierig, auf dem Mann zu bleiben und gleichzeitig die Passwege zu schliessen. Für die Aussenverteidiger bieten sich bei Ballbesitz mehr Anspielstationen als in einem 3-5-2, da sich ein Flügelspieler ebenfalls an der Seitenlinie für einen Pass anbieten kann. Ebenso ist das Hinterlaufen der Flügelspieler durch die Aussenverteidiger möglich, wodurch der gegnerische Flügelspieler gezwungen wird, weit in der eigenen Platzhälfte zu verteidigen.
Im Spiel ohne Ball können Zwei-gegen-eins-Situationen über aussen meist vermieden werden, da die Aussenbahn durch zwei Spieler pro Seite besetzt wird. Ein Problem stellen jedoch Ballverluste dar, wenn beide Aussenverteidiger hoch stehen. Sie können dann bei einem schnellen Konter nicht mehr in ihre Position zurückkommen. Den gegnerischen Angreifern bieten sich dadurch grosse Räume.
Für welches System sich Vladimir Petkovic entscheidet, erfahren wir am Mittwochabend um 20.45 Uhr, wenn die Partie angepfiffen wird.
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