Velobrillen mit RückspiegelMit dem Dritten sieht man besser
Oft werden Velofahrer von zu dicht überholenden Autos oder Lastwagen erschreckt – eine höchst gefährliche Angelegenheit. Brillen mit Rückspiegel sollen Abhilfe schaffen. Wir haben zwei Exemplare ausprobiert.
Ja, auch ein kleiner Spiegel am Velolenker kann die Sicherheit erhöhen. Aber zum einen sieht er eher uncool aus. Und wenn man mal nicht mit dem eigenen Velo unterwegs ist, fühlt man sich ohne diesen optischen Helfer ziemlich unsicher. Was also tun? Ganz klar – die Rücksicht immer am Mann oder an der Frau haben. So wie mit einem Produkt aus Schottland namens Hindsight, was übersetzt nichts anderes als Rücksicht bedeutet. Die Erfindung eines Teams um Bahnradolympiasieger Callum Skinner soll Velofahrern, Läuferinnen und Fussgängern dabei helfen, das Geschehen hinter sich im Auge zu behalten.
Dazu haben die Schotten zu einem Trick gegriffen: Die patentierten Gläser ihrer Hindsight-Brillen sind aussen leicht abgewinkelt, und diese schmalen Streifen sind halb durchlässig verspiegelt. Wer den Kopf ein bisschen nach links oder rechts dreht, bekommt einen ziemlich guten Eindruck davon, wer oder was ihm im Rücken sitzt. Will ein Auto überholen? Nähert sich ein schnellerer Velofahrer? Diese Information ist nach kurzer Gewöhnungszeit auf einen Blick verfügbar und erhöht die Sicherheit. Natürlich auch für E-Scooter-Piloten oder sonstige Verkehrsteilnehmerinnen.
Allerdings ist die Intensität der Spiegelung stark von Wetter und Tageszeit abhängig. Starkes Sonnenlicht verschlechtert die Sicht nach hinten, bei wolkenbedecktem Himmel wiederum funktioniert das mit dem Blick in den Hindsight-Knick besonders gut. Gibt es da nicht vielleicht noch eine bessere Lösung? In der Tat – nämlich die Produkte einer findigen Firma aus Schweden.
Trieye – der Name ist Programm
Sie heisst Trieye. Und dieser Name ist Programm. Denn mit ihren Sportbrillen bekommt der Nutzer im übertragenen Sinn noch ein Extra-Auge verpasst, in Gestalt eines kleinen, links unten am Brillenglas ansteckbaren Knubbels, der einen Minispiegel enthält. Das sieht im ersten Moment ungewohnt aus, man wird auch tatsächlich permanent von anderen Velofahrerinnen darauf angesprochen. Aber an der Effektivität dieses – wie ein Autorückspiegel drehbaren – Anhängsels gibt es nichts zu deuteln. Ob dunkel oder hell, Sonne oder Schatten: Wer den Spiegel richtig eingestellt hat, hat innerhalb von Sekundenbruchteilen einen klaren Blick nach hinten. Auch an die Trieye-Brille muss man sich gewöhnen, keine Frage. Allerdings fällt das ziemlich leicht, weil sie das identische Ergebnis liefert wie der Blick in einen gewohnten Rückspiegel – nur eben kleiner.
Vorteil Hindsight: Mit ihr kann man links und rechts zurückblicken, bei Trieye muss man dazu zur Variante für Ruderer mit den Spiegeln links und rechts unten greifen, die eigentlich Foureye heissen müsste. Und: Die Brillengestelle der Hindsight-Modelle Artemis und Morpheus sind deutlich cooler und alltagstauglicher als die wirklich nur als Sportbrillen gedachten Trieye-Produkte. Beide erfordern umso mehr Kopfdrehung nach links und nach oben, je tiefer – oder sportlicher – der Fahrradlenker angebracht ist. Ein dicker Schal oder eine ausladende Kapuze geraten bei beiden Brillen beim Zurückschauen störend ins Blickfeld.
Bei Nachhaltigkeit und Preis liegt Trieye jeweils vorne. Denn alle ihre Einzelteile sind austauschbar und dauerhaft im Angebot. Und sie ist schon ab knapp 60 Franken zu haben, die teuerste Version namens View Sport Photocromatic Dual mit selbsttönenden Gläsern kostet um die 150 Franken. Für die beiden Hindsight-Versionen sind jeweils durchaus selbstbewusste 175 Euro fällig.
Testfazit nach mehreren längeren Touren mit beiden Kandidaten: Hilfreich und nach kurzer Gewöhnung gut nutzbar sind beide. Die Vorteile der Trieye-Brille überwiegen, wenn es um den möglichst klaren Blick nach hinten geht. Spielt auch die Design- oder Stilfrage eine Rolle, kann das Hindsight-Produkt punkten.
Fehler gefunden?Jetzt melden.