Kolumne «Heute vor»Mit 300 Dollar von Tokio an den Zürichsee
Ein Student aus Tokio finanziert sich vor 50 Jahren seine Weltreise mit Schmuckverkauf in Wädenswil. In Männedorf verursachen junge «Zeusler» derweil einen Grossbrand.
«Ich bin japanischer Student aus Tokio – ich mache alles von Hand», ist im April vor 50 Jahren auf einem Kartonschild an der Zugerstrasse in Wädenswil zu lesen. Geschrieben hat es ein 25-jähriger Reisender. Wie dem «Allgemeinen Anzeiger vom Zürichsee» zu entnehmen ist, war der junge Mann mit lediglich 300 Dollar in seiner Heimat Tokio aufgebrochen. Sein Ziel: die Welt sehen. So reiste der Mann mit der Transsibirischen Eisenbahn via Moskau nach Finnland. Dann ging es – ebenfalls mit dem Zug – durch ganz Skandinavien nach Deutschland und Paris, wo er sogar noch Zeit zum Studieren fand.
Eine derartige Reise mit dem Budget von 300 Dollar würde heutzutage enden, bevor sie überhaupt angefangen hätte. Nur schon die Kosten für die Transsibirische Eisenbahn belaufen sich heute auf mehr als das Doppelte des Reisegeldes des jungen Japaners. Aber auch 1972 reichte das Geld nicht ewig. Also begann der junge Mann Schmuck aus versilbertem Nickeldraht zu basteln und diesen bei Gelegenheit zu verkaufen – so auch in Wädenswil. Sein Schmuck wurde vom Zeitungsredaktor als «äusserst hübsch und geschmackvoll» bezeichnet.
«I han es Zündhölzli azündt, und das het e Flamme gäh», singt der Schweizer Liedermacher Mani Matter in einem seiner bekanntesten Werke. Eine ähnliche Geschichte wie in diesem Schweizer Musikklassiker ereignete sich im April 1972, notabene nur einige Monate vor Matters Tod, in Männedorf. Mit Streichhölzern, die sie zufällig gefunden hatten, entfachten zwei Kindergärtler unbeabsichtigt ein Feuer auf dem Dachboden eines grossen Lagerhauses. Als sie merkten, dass es ihnen nicht mehr gelingt, das brennende Papier zu löschen, rannten sie weinend aus dem Gebäude, wie der rechtsufrigen «Zürichsee-Zeitung» zu entnehmen ist. Nachdem ein Nachbar die Feuerwehr alarmiert hatte, waren 40 Einsatzkräfte und sechs Schlauchleitungen nötig, um das Feuer unter Kontrolle bringen zu können. Das Lagerhaus war zu diesem Zeitpunkt aber schon mit all seinem gelagerten Gut bis auf die Grundmauern abgebrannt.
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