Golf-EM in ZürichMit 18 lässt es sich noch unbeschwert träumen
Im Nobelclub GC Zürich in Zumikon sehen sich die Zürcher Talente Ronan Kleu und Nicola Gerhardsen diese Woche als Titelkandidaten.
Der Golf & Country Club Zürich gehört zu den exklusivsten Adressen der Schweizer Golfszene. Idyllisch auf 685 Meter über Meer zwischen Zürich- und Greifensee bei Zumikon gelegen, bildet er eine Oase über der brodelnden Stadt. Die Mitglieder bleiben hier gern unter sich, externe Spieler müssen pro Runde bis 250 Franken bezahlen, und gelegentliche Passanten getrauen sich oft nur, scheue Blicke durch die Hecken zu werfen.
Diese Woche allerdings herrscht ungewohnter Betrieb auf den 18 Spielbahnen, die zwischen 2015 und 2018 komplett neu gestaltet worden sind. Von Dienstag bis Freitag ist der Club Schauplatz der Amateur-EM. «Eine grosse Ehre», sei das, eine «Supergeschichte», sagt Clubmanager Jürg Welti. Er rechnet mit maximal 200 Zuschauern, vornehmlich aus dem Umfeld des Clubs und der Spieler. Der Club sprang kurzfristig ein, weil der vorgesehene Austragungsort in Frankreich Corona-bedingt ausfiel. Das 1986 entstandene Turnier brachte schon Champions wie Rory McIlroy und Sergio Garcia hervor. Verbunden mit dem Sieg ist eine Einladung ans British Open der Professionals.
«Das Ziel ist der EM-Titel.»
Die 18-jährigen Ronan Kleu, der hier selber Mitglied ist, und Nicola Gerhardsen vom GC Rheinblick fühlen sich hier heimisch. Sie gehören zum Team, das für die Schweiz in den Niederlanden eben überraschend die Bronze-Medaille der Amateur-Mannschafts-EM errang, und das als letztjährige Aufsteiger. Sie trainieren schon in der Vorwoche hier und gehören zu den Hoffnungsträgern unter den acht Schweizern.
Ihre Ambitionen wollen sie gar nicht verbergen: «Das Ziel ist der Turniersieg», sagen beide in jugendlicher Unbekümmertheit. Ihr Optimismus ist bemerkenswert und erfrischend in der Schweizer Golfszene, die sich seit Jahren schwertut, international den Anschluss zu finden. «Das macht den Anreiz fast noch grösser – als einer der ersten Schweizer oben mitzuspielen», sagt Kleu, der mit dem Gewinn der internationalen Amateur-Meisterschaft der Schweiz kürzlich seinen grössten Erfolg feiern konnte, auf diesem Parcours.
Kleu träumt vom Sieg in Augusta
Der 1,91 m grosse Kleu ist zwar nur die Nummer 389 der Amateur-Weltrangliste, hat aber ein beeindruckendes Handicap von plus 4,8 erreicht und träumt von einer grossen Profikarriere. «Ganz klar: Das Ziel ist die Europatour und die PGA-Tour. Dazu träume ich davon, in Augusta das Masters zu gewinnen, denn auf jenem Platz konnte ich schon zweimal spielen.» Die Schweizer würden an den Turnieren, an denen sie antreten, immer mehr respektiert von anderen Nationen, hat Gerhardsen festgestellt. «Wir haben auch etwa zehn Spieler in unserem Alter, die alle Profi werden wollen. Dadurch ergibt sich ein richtiger Konkurrenzkampf.»
Kleu kam als Sohn südafrikanischer Eltern in Johannesburg zur Welt und als kleiner Bub in die Schweiz, wo er Kindergarten, Primarschule und Gymnasium absolvierte. Seit zwei Jahren studiert der Küsnachter an der Columbus State University in Georgia im Fach Business-Datenanalyse und hat sich golferisch in dieser Zeit enorm entwickelt. Im Herbst 2021 wechselt er zur Iowa State University, dessen Golfteam zur ersten Division der College-Meisterschaft gehört. «2020 war bisher meine beste Saison», sagt er.
Gerhardsen träumt vom Sieg in Crans Montana
Wie Kleu hat es auch Nicola Gerhardsen (Handicap plus 4,2) nicht eilig, zu den Profis zu wechseln. «Ich bin jetzt schon voll aufs Golf fokussiert. Online möchte ich aber wenigstens noch einen Highschool-Abschluss machen.» Das Ziel sei, in zwei, drei Jahren zu den Berufsspielern zu wechseln. Auch Gerhardsen träumt von einem ganz speziellen Turniersieg: «Ich würde gerne in Crans-Montana gewinnen, vor meinem Heimpublikum.»
Gerhardsen wurde im Juli Schweizer Juniorenmeister. Er studierte eine Weile in Südafrika am Rundle College, war aber mit dem Niveau der Golfakademie nicht zufrieden. In der Schweiz profitiert er wie Kleu davon, dass Swiss Golf ein neues Team gegründet hat, in dem die besten Profis mit den besten Amateuren mehrmals im Jahr trainieren.
Gerhardsen wohnt in Glattfelden und spielte in der Jugend vor allem Fussball, ehe er sich mit zwölf für Golf entschied. «Immerhin spielt meine ganze Familie Golf. Und dann wurde ich ins regionale Kader aufgenommen, und es packte mich immer mehr.» Seinen Namen verdankt er dem Grossvater, einem Norweger, der in die Schweiz kam und hier eine Zahnarztpraxis eröffnete, die nun von seinem Vater geführt wird.
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