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Repression in Weissrussland
Minsk geht gegen weiss-rot-weisse Flagge vor

Die weissrussische Generalstaatsanwaltschaft will die weiss-rot-weisse Flagge als «extremistisch» einstufen.
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Die Kleiderpolizei kam von hinten und schnappte sich Ljubow Sarlai. Die Weissrussin trug beim Spaziergang in Grodno eine graue Jogginghose, ins Auge stach den Beamten jedoch der weiss-rot-weisse Seitenstreifen. «Sie haben mir gleich gesagt, dass ich die Hose sicher nicht zufällig trage», erzählt Sarlai am Telefon. Einen Tag musste Sarlai auf der Polizeiwache bleiben, dann erhielt sie eine Geldstrafe: 580 weissrussische Rubel, etwa 200 Franken. «Ich habe die Jogginghose schon seit 2014», sagt Sarlai, «ich hätte nie gedacht, dass man die Streifen als politisch interpretieren könnte.»

Die Farben sind überall zu sehen

In Weissrussland eskaliert gerade eine Machtprobe zwischen Staat und Protestbewegung. Seit dem vorigen Frühjahr prägen die Farben Weiss und Rot die Massendemonstrationen im Land; sie sind zum Symbol des Widerstandes gegen Machthaber Alexander Lukaschenko geworden. Jetzt kündigte die Generalstaatsanwaltschaft an, die weiss-rot-weisse Flagge als «extremistisch» einzustufen. Damit hätte sie ein Instrument mehr, willkürlich gegen Demonstrierende vorzugehen. Denn die Farben sind überall zu sehen. Eine Frau demonstrierte im weissen Hochzeitskleid, auf das sie einen roten Streifen gesprüht hatte. Auf eine weisse Hausfassade malte jemand einen breiten roten Streifen, Auslagen in Geschäften wurden in Weiss und Rot dekoriert. Mehr als 100'000 Unterzeichner hat eine Petition gegen den Plan.

Die weiss-rot-weisse Flagge war 1918 in der kurzen Zeit der Unabhängigkeit die weissrussische Nationalflagge gewesen. In der Sowjetzeit wurde die rot-grüne Flagge eingeführt. Nach dem Ende der UdSSR 1991 galt für einige Jahre wieder die alte weiss-rot-weisse Fahne als Nationalsymbol. Lukaschenko liess sich damals mit ihr sogar vereidigen. 1995 wurde sie nach einem Referendum durch die rot-grüne ersetzt. Lukaschenko wollte die zunehmende Sowjetnostalgie nutzen. Seitdem verwendeten vor allem Lukaschenko-Gegner das weiss-rot-weisse Symbol – als Protest gegen die Rückkehr zum Kommunismus.

Eine akrobatische Übung

Minsk argumentiert, dass im Zweiten Weltkrieg die Farben Weiss-Rot-Weiss von Kollaborateuren verwendet wurden. Doch die Geschichte spielt nach Ansicht von Politologen derzeit keine Rolle. Artjom Schraibman sagt, dass die Staatsmacht mit der Einstufung der populären Fahne als extremistisch «einen weiteren Weg zu einem Kompromiss zerstört». Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja sagte, «ein Verbot würde nichts in den Köpfen der Menschen ändern. Das Regime fürchtet sich vor der Kombination zweier Farben». Die Olympiateilnehmerin in Sportgymnastik, Melitina Stanjuta, fragte, ob jetzt Tomaten mit Mozzarella von den Speisekarten gestrichen würden. Und postete im Netz eine akrobatische Übung: mit knallrotem Sportdress im Schnee.

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