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Meinung

Milliardär will sich von der Schuld am Drogenelend reinwaschen

Allein in den USA sind schon 200'000 am Drogenelend ums Leben gekommen, an dem er mitverdient: David Sackler. Foto: PD
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Ist es nun ein Ende mit Schrecken, oder hat der Schrecken noch lange kein Ende? Gestern wurde bekannt, dass der Pharmariese Purdue bis zu 12 Milliarden Franken zur Bekämpfung der US-Drogenkrise zahlen – und dafür in Konkurs gehen will. Allein 4 Milliarden kommen von den Sacklers persönlich, der Besitzerfamilie. Mitausgearbeitet hat den Ablasshandel David Sackler. Er ist Ende 30, ein Enkel der drei Sackler-Brüder, Söhne armer jüdischer Einwanderer, die Purdue 1952 übernommen, die Firma gross und ihre Familie reich gemacht hatten.

Die Sacklers waren Kunstmäzene und liessen ganze Museumsflügel unter ihrem Namen bauen. Heute gelten ihre Milliarden als Blutgeld. Der Louvre in Paris, das Metropolitan Museum in New York, die National Portrait Gallery in London, das Jüdische Museum in Berlin – sie alle hatten einst die Dollars der Sacklers nur zu gern genommen; heute wollen sie mit der Familie nichts mehr zu tun haben. Ihr Name wurde überklebt. Das Guggenheim in Manhattan wurde von Aktivisten heimgesucht, die auf einem riesigen Plakat verkündeten: «Schämt euch, Sacklers!»

Der Grund: Oxycontin. Das auf Opium beruhende Medikament wurde von Purdue Pharma 1996 auf den Markt gebracht. Das Verkaufsargument war, dieses Opioid bekämpfe chronische Schmerzen besonders wirksam, jedoch ohne süchtig zu machen. Purdue behauptete, aus Angst vor der Sucht seien bis dahin zu wenig Schmerzmittel verschrieben worden. Aber das unerträgliche Leiden der Patienten sei vermeidbar – dank Oxycontin. Die Purdue-Vertreter traten bei den Ärzten aggressiv auf. Studien, die das wahre Suchtpotenzial offenlegten, wurden unter den Tisch gewischt.

Niemand sonst hat so viel am Elend verdient

Das Resultat war die Opioid-Krise, die die USA im Griff hat. Allein 200'000 Amerikaner kamen direkt durch Opioid-Sucht ums Leben; nochmals so viele dadurch, dass das Opioid sie in die Heroin- und andere Süchte getrieben hatte. Tom Petty und Prince waren die bekanntesten Opfer.

Schon 2007 wurde eine Mitschuld von Purdue an der Krise gerichtlich festgestellt. Aber die Sacklers schwiegen weiter eisern. Das Schweigen gebrochen hat jetzt erst David – aber nur in einem Hochglanzmagazin. In «Vanity Fair» konnte er seine Sicht ausbreiten. Seine Kinder würden in der Schule als Mörderbande beschimpft, sagte David dem Reporter unter Tränen. Dabei habe die Firma immer gemäss dem neuesten Stand der Wissenschaft gehandelt und sei heute ein Teil der Lösung – dank ihren Medikamenten zur Suchtbekämpfung.

Das wahre Problem sei, findet David Sackler, dass die Familie ihre Argumente nie öffentlich dargelegt habe. Die Wahrheit (also: David Sacklers Version der Wahrheit) sei deshalb ungehört geblieben. Tatsächlich hatte Oxycontin nur einen Marktanteil von bescheidenen 4 Prozent an den Opioiden. Bei Tom Petty und Prince waren andere Fabrikate im Spiel.

Aber nicht einmal «Vanity Fair» nimmt David Sackler den Weisswaschversuch ab. Keine andere Firma betrieb die Werbung derart offensiv, keine andere Familie hat an dem Elend so viel verdient. Und verliert nach ihrer Ehre nun wohl auch noch ihre Milliarden.