Politische Wirren in Burkina FasoMeuternde Soldaten halten Staatschef fest
Schiessereien in Kasernen, Proteste auf den Strassen: In Burkina Faso mehren sich die Hinweise auf einen Militärputsch.
Nach den Wirren am Wochenende in Burkina Faso verdichteten sich am Montag die Hinweise auf einen möglichen Coup durch Mitglieder der Streitkräfte. Nach Medienberichten aus der Hauptstadt Ouagadougou wurde der Präsident des Landes, Roch Marc Kaboré, in einem Militärcamp festgehalten. Regierungskreise bestätigten seine Festnahme zunächst nicht. Ebenso bestritten sie, dass es einen Militärputsch gegeben habe.
Allerdings forderte Präsident Kaboré via Twitter «diejenigen, die zu den Waffen gegriffen haben» auf, sie niederzulegen. Die französische Botschaft in Ouagadougou sprach von einer «verwirrenden Lage» im westafrikanischen Staat. Burkina Faso ist damit – nach den Coups in Mali, im Tschad und im Sudan – ein weiterer Staat der Sahelzone, in dem Soldaten politische Macht beanspruchen. (Lesen Sie zum Thema die Analyse «Länder, die sich ständig am Abgrund bewegen».)
Die Krise in Burkina Faso dürfte auch auf den Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich ausstrahlen.
Die Meuterer forderten, dass mehr Mittel und bessere Ausrüstung für den Kampf gegen aufständische Jihadisten im Norden des Landes bereitgestellt werden. Sie erhalten dabei offenbar Unterstützung in Teilen der Bevölkerung, die unzufrieden damit sind, wie der Präsident die Islamisten bisher bekämpft hat.
Die Krise dürfte nun auch auf den französischen Präsidentschaftswahlkampf ausstrahlen. Emmanuel Macron wird sich Fragen stellen müssen, welche Konsequenzen die Entwicklungen in der Sahelzone für den französischen Militäreinsatz haben werden, nachdem nach Mali nun eine weitere Ex-Kolonie womöglich durch Putschisten kontrolliert wird.
Ob eine Machtübernahme des Militärs tatsächlich bessere Chancen für den Kampf gegen die Jihadisten bieten würde, ist fraglich. «Das Risiko ist recht hoch, dass dies nicht gelingt», sagte auf Anfrage der Sahel-Spezialist Andrew Lebovich vom European Council of Foreign Relations. Nach dem Putsch in Mali etwa wurde sichtbar, dass die Armeeführung bald mehr damit beschäftigt war, die eigene politische Macht zu sichern, als den Kampf gegen die Jihadisten voranzutreiben. Ganz ähnlich könnte es sich auch in Ouagadougou entwickeln, sagte Lebovich.
Den Frust über die Regierung haben zuletzt blutige Überfälle Ende 2021 befördert, als islamistische Milizen bei Angriffen im Norden Dutzende Menschen getötet hatten. Die Truppen vor Ort hatten beklagt, dass ihnen Nachschub fehlte. Als dies bekannt wurde, wuchs der Zorn all jener, die schon zuvor stark den Eindruck hatten, dass Präsident Kaboré keinen rechten Plan für die Bekämpfung der Islamisten habe. (Lesen Sie auch den Artikel «Ein Land der gewaltigen Probleme».)
Das Dreiländereck zwischen Mali, Burkina Faso und Niger gilt als ein Hotspot der Gewalt, mit massiven Vertreibungen und Massakern. Die Jihadisten sind gut vernetzt, sie gewinnen Einfluss «durch Einschüchterung, aber manchmal auch durch Schutz der Bevölkerung», sagte Lebovich, etwa vor Banditen, die solche Gegenden unsicher machten.
Islamisten nutzen vielerorts in der Sahelzone das Elend und das Sicherheitsvakuum, um Kämpfer zu rekrutieren. Bewohner im Norden Burkina Fasos fühlten sich schon von Dauermachthaber Blaise Compaoré vernachlässigt, der durch Massenproteste 2014 stürzte. Die zunehmende Gewalt untergräbt zudem das Vertrauen zwischen Religionsgruppen und Ethnien, die in Burkina Faso lange Zeit recht gut miteinander ausgekommen waren.
Schlecht gerüstet im Kampf gegen Jihadisten
Der Konflikt mit den Jihadisten jagt auch Schockwellen Richtung Süden. Dort wächst die Sorge, dass die Extremisten weiter in die Küstenstaaten vordringen, nach Benin, Togo und Ghana. Wie auch immer der Machtkampf in Ouagadougou ausgeht: Analysten warnen, dass die schlecht gerüsteten Streitkräfte Burkina Fasos mit dem Kampf gegen die Jihadisten überfordert sind.
Die benachbarte Putschregierung in Mali hat sich Hilfe von russischen Söldnern geholt, womöglich wird diese Option auch die Armee in Ouagadougou locken. Andernfalls hätte sie kaum eine andere Möglichkeit, als sich Beistand aus Frankreich zu holen, der Ex-Kolonialmacht in Burkina Faso.
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