Temperaturen über 15 GradMeteorologen erwarten an Silvester Rekordwärme in der Schweiz
Experten prognostizieren extreme Temperaturen am Neujahrswochenende. Das passt zum Dezember, der trotz Kälte zu Beginn des Monats überraschend mild wurde.

Auf die grünen Weihnachten folgt eine Rekordwärme an Silvester. Treffen die Erwartungen der Meteorologen ein, so werden die Thermometer zum Beispiel in Zürich auf über 16 Grad steigen, in Basel soll es gar über 17 Grad werden, und in Bern wird die Rekordmarke von 1920 von 13,2 Grad auch knapp übertroffen.
Der Jetstream, das starke Westwindband auf 5 bis 10 Kilometer Höhe, bringt weiterhin milde Atlantikluft auf den Kontinent, angetrieben von einem Tief westlich der Britischen Inseln. So stand die Schweiz laut Meteo Schweiz am Donnerstag unter dem Einfluss milder Luft aus Südwesten. Mancherorts auf der Alpennordseite wehte deshalb ein Föhn, so am Urnersee, am Walensee und am östlichen Bodensee. Südwestwind und Föhn werden laut den Prognosen der Meteorologen auch am Freitag das Wetter in der Schweiz prägen. «Dies läutet das sehr milde Silvesterwochenende ein», prognostiziert Meteo Schweiz.
Dezember: Eiskalt und trotzdem mild
Die erwarteten Rekordwerte passen zum Dezember. Er gehört gebietsweise zu den «mildesten Dezembern seit Messbeginn vor über 100 bis 150 Jahren», wie es in der am Freitag publizierten Dezember-Bilanz von Meteo Schweiz heisst. Die durchschnittliche Monatstemperatur lag an einzelnen Messorten 1,8 bis 2,3 Grad über dem langjährigen Durchschnitt von 1991 bis 2020. Zum Beispiel in Genf, La Chaux-de-Fonds, Sitten und Andermatt. Über die gesamte Schweiz gemittelt, lag die Dezembertemperatur 1,1 Grad über der Norm. Diese Werte sind insofern bemerkenswert, weil der langjährige Durchschnitt eine Zeitperiode abbildet, die bereits stark unter dem Einfluss der Erderwärmung stand.

Die Durchschnittstemperatur für die Schweiz im Dezember betrug minus 0,3 Grad. Das ist nicht ungewöhnlich. Dass die Bilanz nicht wärmer ausfällt, ist den anhaltend kalten Tagen in der ersten Hälfte des Dezembers zu verdanken. Kalte Polarluft brachte vielerorts eisige Kälte. Die Temperatur sank im Mittelland teilweise 6 bis 9 Grad unter die Norm, in den Bergen regional sogar mehr als 10 Grad. In dieser Zeit fiel denn auch Schnee bis in die Täler.
Nullgradgrenze steigt
Das änderte sich dann drastisch ab dem 20. Dezember, als milde und feuchte Luftmassen aus Westsüdwest die Polarluft ablösten. Es wurde nicht nur ungewöhnlich warm, es regnete auch bis in höhere Lagen. Die Konsequenz: Skigebiete der Voralpen zwischen 1000 und 1500 Meter Höhe erleben eine Periode zwischen Weihnacht und Neujahr, die in der langjährigen Statistik zu den schneeärmsten gehört. Es gab nur drei bis vier Winter in dieser Zeit mit weniger Schnee als heute – und diese liegen nicht weit zurück, das war in den letzten zehn Jahren.
Der Klimawandel ist in solchen Einzelereignissen (noch) nicht direkt erkennbar, aber dass sich die Wahrscheinlichkeit zu schneeärmeren Perioden in mittleren Lagen im Winter erhöht, ist nur logisch: Tatsache ist nämlich, dass die durchschnittliche winterliche Nullgradgrenze um etwa 250 Meter angestiegen ist. Vor 50 Jahren lag sie noch etwa auf 600 Metern. Das heisst, dass der Niederschlag häufiger als Regen statt als Schnee fällt und dass der Schnee weniger lang liegen bleibt.
Zwei grosse Wärmeschübe
Der milde Dezember rundet dieses Jahr ab, das als wärmstes und sonnigstes Jahr seit Messbeginn 1864 in der Schweiz in die aktuelle Klimastatistik eingeht. Herausragend ist Genf: Dort gab es dieses Jahr 150 Sonnenstunden mehr als beim nächsttieferen Wert.
«Das Jahr 2022 setzt den kräftigen Erwärmungstrend der letzten Jahre fort», schreibt Meteo Schweiz. In Zahlen: Die sieben wärmsten Jahre seit Messbeginn findet man alle nach 2010. Sie sind alle mindestens 1 Grad wärmer als die Rekordjahre vor 1980. Es gibt in den letzten rund vierzig Jahren laut Meteo Schweiz zwei Wärmeschübe: Der erste war während der 1990er-Jahre, der zweite ab 2010. Vergleicht man die langjährigen Durchschnittstemperaturen für die Schweiz – vorindustriell von 1871 bis 1900 und 1993 bis 2022 – so ist es im Mittel um 2 Grad wärmer geworden.
Pendel der Extreme in Nordamerika
Ganz anders erleben die Menschen in einem grossen Teil der USA und in Südkanada die letzten und kommenden Tage. Während der Weihnachtstage floss der Jetstream in grossen Wellen um die Arktis. Eine Schlaufe, gefüllt mit arktischer Luft, brachte eine Kaltfront aus Kanada über die USA in Richtung der Atlantikküste, wo es zuvor noch mild war. Weite Teile der USA litten unter eisiger Kälte: minus 16 Grad in Denver, Colorado; minus 41 Grad in Casper, Wyoming. In der Region Buffalo im Bundesstaat New York starben mindestens 60 Menschen durch den Blizzard.

Und nun schlägt das Wetterpendel in die andere – extreme – Richtung. Der Jetstream bringt nun an der Erdoberfläche eine Druckkonstellation, die warme subtropische Luft aus dem Süden ansaugt – und extremes Wetter bringt: Die Meteorologen erwarten an Silvester im Osten der USA und in Kanada Temperaturen, die für diese Jahreszeit 6 bis 9 Grad (Grafik 15 bis 20 Grad Fahrenheit) über der Norm liegen.
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