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«Merkel ist zu einer Hassfigur geworden wie Hillary Clinton»

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Die Kanzlerin übernimmt die Verantwortung für das schlechte Ergebnis der CDU in Hessen - und erklärt ihren schrittweisen Abschied von der Macht. Ein längst überfälliger Schritt? Ein Abgang mit Grösse? Oder gar ein Coup in einer schwierigen Situation? So kommentieren die deutschen Medien:

Spiegel: Endlich hat sie es verstanden. Es geht nicht mehr. Zehn Prozent in Bayern, elf in Hessen, solche Verluste zertrümmern auch das Selbstbewusstsein der Union. Nun erfahren die Konservativen, wie vor ihnen die SPD, zu welchem Mahlstrom der Vernichtung eine Grossen Koalition sich entfaltet. Die Grosse Koalition ist das Schwarze Loch der Politik. Alles wird zerrieben, übrig bleibt Nichts. Man kann nur beten, dass die in Berlin sich das merken werden.

Frankfurter Allgemeine Zeitung: Was die CDU betrifft, ist Angela Merkel für Teile der Gesellschaft, die bei weitem nicht nur im AfD-Milieu zu finden sind, sondern bis tief hinein ins christlich-bürgerliche, zu einer persona non grata geworden, mit der kein Staat und erst recht keine Erneuerung mehr zu machen sei. Unter AfD-Anhängern ist sie gar zu einer regelrechten Hassfigur geworden, auf die alle Wut auf «die Politik» projiziert wird wie seinerzeit auf Hillary Clinton in den Vereinigten Staaten. (...) Ihr Schritt, den Parteivorsitz abzugeben, ist damit zugleich ein erstes Zugeständnis an die Tatsache, dass es in der Politik eben nicht allein um die Sacharbeit geht, sondern auch um die Kraft der Symbolik.»

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Angela Merkel ist seit 2005 Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Sie gilt als mächtigstes Regierungsoberhaupt Europas; 2015 wurde sie vom Time-Magazin zur Person des Jahres gewählt.
Wechsel an der Spitze: Angela Merkel will den CDU-Parteivorsitz abgeben.
Die Kanzlerin gerät zunehmend unter Druck, nachdem die CDU  bei den Wahlen vom Wochenende in Hessen unter dem Landesvorsitzenden Volker Bouffier einbrach.

Süddeutsche Zeitung: «Seit dem Aufstieg der AfD und der negativen Energie, mit der das vor allem seit dem Flüchtlingssommer 2015 vonstatten ging, wirkte Merkels Politikstil nicht mehr nur klug, sondern defensiv. Mit Nüchternheit allein konnte sie der eigenen Partei keine Energie mehr verleihen. Aggression muss man nicht mit Aggressionen beantworten. Aber es braucht Leidenschaft und Energie, um der negativen Kraft der rechtsradikalen Gegner etwas Adäquates entgegen zu setzen.»

Frankfurter Rundschau: «Ein Coup ist Merkels Entscheidung dennoch. Sie hat viele in der Partei überrascht, auch und vor allem ihre Gegner, die sich nun schnell sortieren müssen. Sie steht nun als Handelnde da, nicht als Getriebene und vor allem nicht als Vertriebene. Das ist immer noch die beste Option, wenn eine Niederlage einzuräumen ist.»

Tagesspiegel: «Was bei der SPD die verzweifelte Suche nach neuen Inhalten, ist bei der CDU die verzweifelte Suche nach neuem Personal. Muss Merkel weg? Was einst zum Markenkern der AfD-Rhetorik gehörte – «Merkel muss weg!» -, hat durch medial verstärkte Köpferolllust längst Einzug in die Talkshows gehalten. Doch in dem Glauben, dass eine andere Frau oder ein anderer Mann an der Spitze der Partei diese wieder zu alter Form auflaufen lassen könnte, drückt sich vor allem die Sehnsucht nach einem Gestern aus, das unwiederbringlich vorbei ist.»

Focus: «Angela Merkel in ihren letzten Monaten als Vorsitzende war die schlechteste Merkel in 18 Jahren an der Spitze der Partei. Geschichtsschreiber werden aber in der Retrospektive vor allem etwas anderes erkennen, und das macht den übergrossen Teil ihrer Arbeit aus: Diese Frau hat die CDU modernisiert, und zwar gründlich. Sie hat die Partei, die immer etwas verschlossen, arg männerlastig und gesellschaftspolitisch verkrampft war, offener gemacht. In der Familienpolitik, in der Integrationspolitik, in der Umweltpolitik, in Frauen-Fragen, im Umgang mit militärischen Interventionen, in der Wirtschafts- und Sozialpolitik waren die 18 Jahre unter ihrer Führung Jahre der Versöhnung der deutschen Gesellschaft mit sich selbst. . Jedenfalls die ersten 15 Jahre waren es.»

Westdeutsche Allgemeine Zeitung: «Merkels Entscheidung ist kein «vertretbares Wagnis», wie sie es am Montag öffentlich verklärte. Es ist der verständliche Versuch, nach vier gewonnen Wahlen als Kanzlerin einen würdigen Abgang hinzubekommen. Die Chancen darauf stehen aber denkbar schlecht. Der Druck auf die Kanzlerin wird nicht nachlassen, sondern zunehmen. Das war schon nach Merkels Rückzugsankündigung zu spüren. Der Satz Christian Lindners, Merkel gebe «das falsche Amt» ab, wird Wirkung zeigen. Bei ihren parteiinternen Gegnern aber auch in der Öffentlichkeit.»

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DANIEL GÜNTHER: Der 45-jährige Ministerpräsident aus Schleswig-Holstein gilt vor allem für CDU-Anhänger, die sich eher in der politischen Mitte oder sogar eher links einordnen, als Hoffnungsträger.
Angela Merkel will bis zum Ende der Legislaturperiode im Amt bleiben, dann aber das Kanzleramt abgeben. Ihre möglichen Nachfolgekandidaten:
ANNEGRET KRAMP-KARRENBAUER: Der 56-jährigen CDU-Generalsekretärin geben viele in der Partei die besten Chancen

Stuttgarter Zeitung:«Am Montag um die Mittagszeit ist aus der mächtigsten Frau Europas eine sprichwörtliche lahme Ente geworden. Die Ankündigung Angela Merkels, im Dezember nicht erneut für den CDU-Vorsitz zu kandidieren und keine weitere Legislatur als Kanzlerin anzustreben, bedeutet nicht nur den Anfang vom Ende ihrer Macht, sondern weit mehr: Sie beschneidet ihren Gestaltungsspielraum von diesem Moment an.»

Stern: «Merkel hat sich politisch verbraucht. Sie hat dem Land und ihrer Partei nichts mehr zu geben. Dass sie jetzt den Weg frei macht, ist nobel. (...) Mit preussischen Tugenden, mit Fleiss und Disziplin bis zur Selbstaufgabe, hat Merkel das Land durch all die Finanz-, Euro- und Flüchtlingskrisen der vergangenen Jahre gesteuert. Das verdient Anerkennung. Aber sie hat auch Verwüstungen angerichtet. Ihre Politik der offenen Grenzen im Herbst 2015 und – noch schlimmer – ihr unfassbar lässiger Umgang mit den Folgen der Massenmigration: All das hat Deutschland gespalten, das gesellschaftliche Klima nachhaltig vergiftet. Es hat die AfD, die fast schon tot war, zur kleinen Volkspartei hochgezüchtet, die CDU fast ruiniert und einen Keil in die Europäische Union getrieben, der die Gemeinschaft in ihrer Existenz bedroht.»