Interview mit Petra Gössi«Mein Rücktrittsentscheid fiel bereits Wochen vor der Abstimmung»
Sie verlasse das Präsidium der FDP nicht wegen des gescheiterten CO₂-Gesetzes, sagt Petra Gössi und erklärt, warum sie keine Zeit mehr für das Amt hat.
Sie sagen, Ihr Rücktritt habe nichts mit Ihrer Niederlage vom Sonntag beim abgelehnten CO₂-Gesetz zu tun. Wie glaubwürdig ist denn das?
Mein Rücktrittsentscheid fiel bereits Wochen vor der Abstimmung vom Sonntag. Ich wollte während des Abstimmungskampfs nicht zum personalpolitischen Thema werden. Für mich war klar, den Abstimmungskampf voll durchzuziehen. Ich bleibe auf dem Kampffeld, bis der Kampf zu Ende ist. Schon nur aus Respekt vor meinen Mitkämpfern.
Weshalb der Rücktrittszeitpunkt per Ende Jahr?
Wir befinden uns zwischen den Wahlen 2019 und 2023. Mir war es wichtig, dass die
Nachfolgerin oder der Nachfolger genügend Einarbeitungszeit hat bis zu den nächsten Wahlen.
Weshalb haben Sie nun plötzlich zu wenig Zeit?
Ich war nun über ein halbes Jahrzehnt Parteipräsidentin und habe dies mit grossem zeitlichem Aufwand gemacht. Ich bin jetzt 45 und will mich vermehrt auf meine berufliche Karriere konzentrieren. Ich will meine Arbeitsmarktfähigkeit behalten können. Weiterbildung ist mir wichtig, deshalb absolviere ich gegenwärtig ein Nachdiplomstudium in St. Gallen. Mein oberstes Credo war für mich immer, nie wirtschaftlich abhängig zu sein von der Politik und darauf angewiesen, wiedergewählt zu werden.
Die SVP fordert sie wegen der neuen FDP-Klimapolitik, die Sie massgeblich aufgegleist hatten, zum Rücktritt auf. Gab es solche Stimmen auch parteiintern?
Die gibt es immer, aus allen Parteien – viel Feind, viel Ehr. Ich sehe das sportlich. Gäbe es das nicht, gäbe es keine Ideenvielfalt. Dass Gegner mit der Ausrichtung der Partei nicht zufrieden sind, ist selbstverständlich. Aber genau dieser Diskurs muss innerhalb der Partei möglich sein; hält man dies nicht aus, darf man nie ein Parteipräsidium übernehmen.
In welchem Zustand hinterlassen Sie Ihre FDP?
Wir sind gut unterwegs und konnten zuletzt Regierungsratssitze hinzugewinnen. Wir sind wieder im Aufwind. Zudem herrscht bei uns eine rege Diskussionskultur. Diese Fähigkeit ist für den Freisinn wichtig, und wir konnten sie in den letzten Monaten schärfen. Hinzu kommt, dass wir gegenwärtig nach liberalen Lösungen in der Europapolitik und im Bereich der sozialen Sicherheit suchen. Hier werden wir bald sehr gute Lösungen präsentieren können. Stark beschäftigt uns zurzeit auch die Arbeitsplatzsicherheit nach Corona.
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