Corona-Medienkonferenz des BundesratsJetzt kommt die grosse Offensive: Gratistests für alle, 5 Kits für zu Hause
Der Bundesrat will 40 Prozent aller Personen in der Schweiz regelmässig testen – zu Hause, in der Schule und in Unternehmen. Das wird allerdings extrem teuer. Wir berichteten live.
Das Wichtigste in Kürze:
Ab dem 15. März sollen alle Tests in Apotheken oder Testzentren kostenlos sein – auch für Personen ohne Symptome und für Grenzgängerinnen und Grenzgänger.
Zudem will der Bund jeder Person fünf Selbsttests für zu Hause pro Monat gratis abgeben, sobald verlässliche Tests dieser Art zur Verfügung stehen.
Der Bundesrat schätzt die Kosten für die Ausweitung der Teststrategie für das Jahr 2021 auf über eine Milliarde Franken.
Die Landesregierung gibt die Pläne in die Konsultation bei den Kantonen.
Definitiv über die Ausweitung der Teststrategie entschieden wird am 12. März.
Frage: Gibt es mit den Tests mehr Lockerungen Ende März?
«Die Strategie entwickelt sich Schritt für Schritt», sagt Berset. «Es ist nicht so, dass wir uns das erst diese Woche überlegt haben. Das ist seit Wochen in Vorbereitung, jetzt ist die Zeit reif, um den Schritt zu machen. Diese Teststrategie erlaubt uns, das Risiko mit unseren Öffnungen einzugehen.»
Die Lage sei nach wie vor nicht stabil (hier geht es zu den aktuellen Zahlen im Dashboard). «Wir glauben, wenn das sehr präzis umgesetzt wird, dass es möglich sein wird, weitere Öffnungsschritte vorzunehmen», so Berset weiter. «Wir möchten nicht die Kontrolle verlieren.»
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Frage: Hat der Bundesrat ein logistisches Problem?
Die lange Zeit geringen Testkapazitäten erinnern einen Journalisten an den Beginn der Pandemie, als der Bund wegen mangelnder Masken sagte, Masken nützten nichts. Hat der Bund ein Organisationsproblem?
«Wir haben nie gesagt, dass wir nicht am Maximum testen sollen», sagt Alain Berset. «Bei den Masken war es anders. Die Experten haben damals alle gesagt, dass die Masken nicht essenziell für die Bekämpfung der Pandemie sind. Wir haben seitdem viel gelernt.»
Frage: Wie lange wird es dauern, bis Selbsttest zur Verfügung stehen?
Alain Berset ist mit seinen Ausführungen zu Ende. Nun können die anwesenden Journalisten Fragen stellen. «Es ist klar, wir haben heute noch keine Selbsttests», antortet der Gesundheitsminister auf die erste Frage. «Was wir heute angekündigt haben, ist die massive Steigerung unserer Teststrategie. Die Selbsttests sind nur ein Teil davon. Sie sind noch nicht auf dem Markt, weil sie den Qualitätsansprüchen noch nicht genügen. Ansonsten wiegen sie uns in falscher Sicherheit.»
Berset geht davon aus, dass die Selbsttests frühestens im April zur Verfügung stehen. Wenn sie eingeführt werden, sollen die negativen Resultate nicht dem BAG gemeldet werden. «Das ist nicht praktikabel. Wer einen positiven Schnelltest hat, muss einen PCR-Test machen und sich in Quarantäne begeben.»
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«Es ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer weiteren Öffnung»
Berset geht davon aus, dass die Selbsttests in einigen Wochen auf den Markt kommen werden. «Die Labore und Testzentren haben jetzt die Kapazitäten, dass wir unsere Strategie umsetzen können», sagt er. «Es ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer weiteren Öffnung unseres Landes.»
Die Lage sei weiterhin fragil, so Berset. «Aber der Weg, auf dem wir uns bewegen, wird breiter.»
«Auch das breite Testen ist kein Zaubermittel»
«Die Tests in Firmen sind natürlich freiwillig», wiederholt Berset noch einmal. «Die Firmen, die 80 Prozent ihrer Belegschaft regelmässig testen, müssen Kontaktpersonen ohne Symptome nicht mehr in Quarantäne schicken. Das ist dann nicht mehr nötig.»
«Das massive Testvolumen, mit dem wir jetzt beginnen, ist ein starkes Mittel», sagt Berset. «Aber wir dürfen uns nicht in falscher Sicherheit wiegen. Auch das breite Testen ist kein Allerheilmittel gegen die Pandemie.»
«Die Basismassnahmen bleiben: Abstand halten, Maske tragen, Händewaschen», sagt Berset.
«Das sind massive Kosten»
Auch Selbsttests gehören laut Berset zur Teststrategie des Bundesrats. «Wir wollen zusätzlich allen Personen in der Schweiz fünf Tests pro Monat zur Verfügung stellen», erläutert der Gesundheitsminister. Diese seien zwar noch nicht auf dem Markt erhältlich. «Aber sobald sie das sind, wollen wir sie verteilen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Selbsttests die Qualitätsansprüche erfüllen.»
Der Bund übernimmt ab sofort alle Kosten für sämtliche Tests. «Wir gehen davon aus, dass das eine zusätzliche Milliarde kosten wird», sagt Berset. «Das sind massive Kosten.»
«Alle Personen, die positiv sind, sollen gefunden werden»
«Die Idee ist, dass wir nächste Woche einen Entscheid treffen können und im Idealfall ab 15. März mit unserer Strategie beginnen können», erklärt der Gesundheitsminister.
«Sie fragen sich vielleicht, wieso gerade jetzt?», führt Berset weiter aus. «Die Strategie war einige Wochen in der Vorbereitung, ausserdem haben wir jetzt genug Tests und genug Testkapazitäten.» Auch zahlreiche Kantone hätten Konzepte für Massentests vorgelegt.
Die Testoffensive des Bundesrats beinhaltet auch Massentests an Schulen, Universitäten und anderen Orten, wo viele Menschen zusammenkommen. «Alle Personen, die positiv sind, sollen gefunden und in Isolation geschickt werden», sagt Berset. Das Ziel sei, dass 40 Prozent aller Personen in der Schweiz regelmässig getestet werden. Die Tests bleiben jedoch freiwillig.
«Wir befinden uns jetzt in einer neuen Situation»
Nun kommt Berset auf den neusten Entscheid des Bundesrats zu sprechen. «Wir befinden uns jetzt in einer neuen Situation», sagt der Gesundheitsminister. «Wir haben unsere Strategie immer an die epidemiologische Lage angepasst. Sie baut auf den drei Eckpunkten Testen, Impfung und Öffnungen auf.»
Als begleitende Massnahme zu den Öffnungen will der Bundesrat nun die Teststrategie stark ausbauen: Ab sofort finanziert der Bund jeden Corona-Test für alle, die sich testen lassen wollen, auch für Menschen ohne Symptome.
«Basierend auf den Risiken sollten wir so die Kontrolle über die Situation behalten können», sagt Berset. «Darum hat der Bundesrat heute den Kantonen einen Vorschlag in die Vernehmlassung gegeben.» Es handle sich dabei um eine massive Kursänderung beim Testen.
Bundesrat hielt Schweigeminute ab
Die Pressekonferenz beginnt. «Vor einem Jahr hatten wir den ersten Todesfall im Zusammenhang mit dem Coronavirus zu beklagen», sagt Gesundheitsminister Alain Berset, bevor er über die heutigen Entscheidungen des Bundesrats spricht.
Aus diesem Grund rief der Bundesrat heute um 11.59 Uhr zu einer Schweigeminute auf. «Die Schweigeminute ist für alle Opfer der Pandemie und für ihre Familien», sagt Berset. «Und auch für alle, die jeden Tag die Krise bekämpfen.»
Bundesrat will Corona-Gratistests für alle
Wie der Bundesrat nach seiner Sitzung am Freitag mitteilte, sollen ab dem 15. März alle Tests in Apotheken oder Testzentren kostenlos sein – auch für Personen ohne Symptome und für Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Zudem will der Bund jeder Person fünf Selbsttests für zu Hause pro Monat gratis abgeben, sobald verlässliche Tests dieser Art zur Verfügung stehen. Die Landesregierung gibt die Pläne in die Konsultation bei den Kantonen. Definitiv entscheiden über die Ausweitung der Teststrategie will sie am 12. März.
Viel mehr testen
Mit der Übernahme der Kosten sämtlicher Tests will der Bund erreichen, dass im Gleichzug mit den Öffnungsschritten insgesamt noch mehr getestet wird. Damit sollen unbemerkte Corona-Ausbrüche früh erkannt werden.
Firmen und Schulen
Der Bund ermuntert insbesondere Unternehmen und Schulen zu wiederholten freiwilligen Tests. Firmen, die häufig testen, können nach den Plänen des Bundesrats durch die Kantone von einer Quarantänepflicht für Kontaktpersonen befreit werden. Allerdings müssen die Betriebe daneben weiterhin die Schutzkonzepte befolgen.
In Unternehmen und Schulen soll die Testform mit sogenannten gepoolten Speichel-Proben zur Anwendung kommen. Dabei werden die Proben der Testpersonen nicht einzeln, sondern wegen der Material- und Zeitersparnis in einer einzigen Sammelprobe analysiert.
Fünf Selbsttests für zu Hause – wenn bereit
Selbsttests für zu Hause hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) noch nicht genehmigt. Für die Anwendung solcher Selbsttests bei asymptomatischen Personen würden noch nicht genügend Informationen vorliegen, erklärte der Bundesrat. Dereinst sollen sich aber alle Personen regelmässig testen können, auch wenn sie keine Symptome haben. Der Bundesrat will jeder Person monatlich fünf Selbsttests bezahlen.
Bundesrat warnt vor Risiken
Der Bundesrat warnte zugleich vor Risiken bei einer Ausweitung der Massentests. Jedes Testresultat sei nur eine Momentaufnahme, hiess es in der Mitteilung. Ausserdem seien Selbsttests deutlich weniger verlässlich als PCR-Tests. Ein negativer Test dürfe nicht zu falscher Sicherheit und unvernünftigem Verhalten führen.
Die Regierung erklärte, dass das Tragen einer Maske und das Abstandhalten weiterhin nötig sein würden. Wichtig sei zudem, dass Personen mit einem positiven Schnelltest oder Selbsttest einen PCR-Test machen und sich sofort in Isolation begeben müssten.
Zugang zu Veranstaltung bei negativem Test?
Noch nicht entschieden ist laut dem Bundesrat, ob ein negatives Testresultat als Voraussetzung für die Teilnahme an gewissen Veranstaltungen oder den Zugang zu gewissen Bereichen definiert werden darf.
Über eine Milliarde Franken Kosten allein für 2021
Der Bundesrat schätzt die Kosten für die Ausweitung der Teststrategie für das Jahr 2021 auf über eine Milliarde Franken. Grundlage bildet das Covid-19-Gesetz. Dieses ist bis Ende Jahr befristet. Gegen das Gesetz wurde das Referendum ergriffen. Das Volk stimmt am 13. Juni darüber ab.
Kriterien derzeit knapp nicht erfüllt
Seit dieser Woche sind Läden, Museen und Freizeitanlagen im Freien wieder geöffnet. Der nächste Öffnungsschritt soll bereits am 22. März erfolgen. Am nächsten Freitag wird der Bundesrat dafür die epidemiologische Lage analysieren. Davon hängt ab, ob und wie Restaurants – unter Umständen auch Innenräume – wieder geöffnet werden können. Auch Lockerungen für Kultur- und Sportveranstaltungen mit Publikum, Sport in Innenräumen, Präsenzunterricht an Hochschulen sowie eine Aufhebung der Homeoffice-Pflicht stehen zur Diskussion.
Nach einer Konsultation der Kantone will die Regierung am 19. März über mögliche Lockerungen entscheiden. Voraussetzung ist eine günstige epidemiologische Entwicklung, die der Bundesrat anhand von vier Kriterien beurteilt:
IPS-Belegung durch Covid-Patienten unter 250 Betten
R-Wert unter 1 im 7-Tages-Schnitt
14-Tages-Inzidenz nicht höher als am 1. März
Test-Positivitätsrate unter 5% im 7-Tages-Schnitt
Drei von vier Punkten sind derzeit knapp nicht erfüllt.
Gleichzeitig macht das Parlament Druck auf den Bundesrat, das Land weiter zu öffnen. Die Landesregierung muss sich also etwas einfallen lassen, damit der nächste Öffnungsschritt trotz der heiklen Corona-Lage erfolgen kann.
/aru
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