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Italien weitet Green Pass weiter aus
Mario Draghi setzt ganz aufs Zertifikat

Bald gilt er fast überall: Der Green Pass wird immer weiter ausgeweitet – hier eine Kontrolle vor dem Eingang der Vatikanischen Museen in Rom im August. 
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In Italien gilt bald überall der Green Pass. Nach der Zertifikatspflicht in Restaurants, Kinos, Stadien sowie in überregionalen Zügen, Bussen, in Flugzeugen und auf Fähren hat der Ministerrat nun die Handhabung des Green Pass an Schulen, Universitäten und Altersheimen festgelegt. Alles in weniger als einem Monat. Und doch geht es Premier Mario Draghi nicht schnell genug. Er hätte das Obligatorium gerne sofort auf den gesamten staatlichen Beamtenapparat und auf die Firmen im Privatsektor ausgeweitet, um so auch die letzten Impfzögerer noch vom Impfen zu überzeugen. Nun soll diese Grossausweitung kommende Woche auf der Agenda stehen.

Salvinis taktisches Spiel

Innerhalb der Regierungsmehrheit bremst nur Matteo Salvini, Chef der rechtspopulistischen Lega. Er stemmt sich gegen die Umwälzung der Kräfteverhältnisse im rechten Lager zugunsten seiner Rivalin und Alliierten, der Oppositionschefin Giorgia Meloni von den postfaschistischen Fratelli d’Italia. Salvini hätte auch die neuesten Änderungen bekämpfen wollen, damit sich nicht nur Meloni im kleinen Lager der italienischen «No Vax» und «No Pass» profilieren kann. Bei der Abstimmung in der Abgeordnetenkammer stimmte die Lega dann aber mit der Regierung.

Flirten mit den Gegnern: Die Rechtspolitiker Matteo Salvini und Giorgia Meloni geben sich ambivalent, um sich die Gunst der «No Pass» zu sichern, hier ein Protestierender in Turin. 

Und so wird nun also der Green Pass auch an den Schulen eingeführt. Ausser den Schülern selbst müssen alle beim Betreten von Grund- und Mittelschulen das Zertifikat vorweisen, das sie als geimpft, genesen oder frisch getestet ausweist. Dazu gehören neben den Lehrern auch die Mitarbeiter in den Mensen, die Reinigungskräfte und die Eltern der Kinder. An den Hochschulen, die ihren Betrieb in den kommenden Wochen aufnehmen, gilt das Obligatorium für alle: Dozenten, Studenten und Angestellte. Wer gegen die Vorschrift verstösst, dem drohen Geldstrafen bis 1000 Euro. Lehrer und Professoren, die ohne gültigen Green Pass arbeiten, werden suspendiert. In Altersheimen geht die Regierung noch weiter: Vom 10. Oktober an müssen dort alle Angestellten geimpft sein, nicht nur Ärzte und Pfleger.

«Zu viel Philosophie schadet der Gesundheit.»

«La Stampa»

Einige Aufregung löste der Appell von 400 Professoren und Angestellten von Universitäten auf, die sich gegen den Green Pass starkgemacht haben. Das ist zwar nur etwa ein Prozent der Professorenschar, und ihr Einwand ist im Grunde eine juristische Spitzfindigkeit, doch die Zeitungen verhandeln die Initiative nun in grossen Debatten. Zusammenfassen liesse sich der Appell so: Die Unterzeichner monieren, der Staat schränke die Rechte der Bürgerinnen und Bürger ein – etwa jenes, ohne Green Pass an die Uni zu gehen –, obschon sie gegen kein geltendes Gesetz verstossen würden. Das sei absurd, sagt ihr prominentester Vertreter, der Turiner Historiker Alessandro Barbero, ein Experte für Mittelalter und Militärgeschichte, bekannt auch aus dem Fernsehen. Er wolle aber nicht als Impfgegner gelten, er selbst sei geimpft: «Gäbe es einen Appell für die Impfpflicht: Ich würde ihn unterschreiben.»

Der Vorwurf, der Green Pass sei rechtlich nicht genügend legitimiert, ist fragwürdig, denn der fusst auf dem Notfallgesetz, über das Italiens Parlament abgestimmt hat, und auf Dekreten des Kabinetts, die das Parlament bestätigen muss. Die Kritiker von Barbero & Co. werfen diesen aber vor allem vor, sie würden mit ihrem abgehobenen intellektuellen Gerede nur die Gemüter verwirren und damit den «No Vax» Auftrieb verleihen. In einer satirischen Note schreibt «La Stampa»: «Zu viel Philosophie schadet der Gesundheit.»