Deutsche Panzer für die Ukraine «Marder» und «Leopard» könnten dem «Gepard» folgen
Nach langem Zögern erlaubt Berlin einem deutschen Rüstungskonzern erstmals, schweres Kriegsgerät in die Ukraine zu liefern. Weitere Gesuche liegen vor.
Am Ende war der Druck von Grünen und Liberalen, christdemokratischer Opposition und westlichen Alliierten einfach zu gross. Als die sozialdemokratische deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht am Dienstag auf dem amerikanischen Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz Vertreter von den USA und vierzig weiteren Ländern traf, brachte sie eine Zusage mit: die Erlaubnis an einen deutschen Rüstungskonzern, Flugabwehrpanzer vom Typ «Gepard» an die Ukraine zu liefern.
Das schwere Kriegsgerät, offenbar handelt es sich um rund 50 Panzer, wurde vor zehn Jahren bei der Bundeswehr ausgemustert und lagert seither bei dessen Hersteller, dem Konzern Krauss-Maffei Wegmann. Jeder Export von Rüstungsgütern muss von der Regierung genehmigt werden. Der 48 Tonnen schwere «Gepard», der in den 1960er-Jahren entwickelt wurde, gilt zwar als veraltet, Fachleute halten ihn aber dennoch für nützlich. «Der «Gepard» ist genau das, was die Ukraine jetzt braucht, um den Luftraum vom Boden aus zu sichern», sagte Lambrecht.
Woher kommt die Munition?
Die fahrende Flugabwehrkanone kann mit ihren zwei 35-Millimeter-Geschützen aus der Produktion der ehemaligen Schweizer Rüstungsschmiede Oerlikon (heute Rheinmetall) Kampfhelikopter, tief fliegende Jets, Raketen und Drohnen vom Himmel holen. Sie lässt sich aber auch gegen Ziele wie Schützenpanzer einsetzen. Die Zwillingskanone wird von einem Feuerleitradar digital gesteuert und vermag Ziele in bis zu sechs Kilometern Entfernung zu bekämpfen.
Unklar ist derzeit noch, woher die Munition für die «Geparde» kommen soll. Sie wird unter anderem in der Schweiz gefertigt, Bern hat aber kürzlich ein deutsches Gesuch um deren Weiterexport in die Ukraine abgelehnt. Die gleiche Munition wird aber auch in Südafrika produziert. Die «Süddeutsche Zeitung» meldete am Abend mit Hinweis auf Regierungskreise, die Munition für den «Gepard» habe am Freitag vergangener Woche im «aussereuropäischen Ausland» beschafft werden können.
Kiew bestellt die Panzer selbst bei den Unternehmen, lässt sie sich aber von Berlin bezahlen.
Neben dem nun bewilligten Gesuch zur Lieferung des «Gepards» liegen der deutschen Regierung derzeit mindestens drei weitere Exportanträge von deutschen Rüstungskonzernen für die Ukraine vor. Gemäss Medienberichten geht es dabei ebenfalls um ausrangiertes Material der Bundeswehr: 88 Kampfpanzer vom Typ «Leopard», Version 1A5, 100 Schützenpanzer vom Typ «Marder» und 100 «Panzerhaubitzen 2000».
Sollte der Export auch dieser Waffen genehmigt werden, würde Deutschland auf einen Schlag zu einem der wichtigsten Lieferanten der Ukraine aufsteigen. Kiew bestellt die Panzer selbst bei den Unternehmen, lässt sie sich aber von Berlin bezahlen. Die deutsche Regierung stellt dafür nicht weniger als 2 Milliarden Euro zur Verfügung.
Allzu schnell geht es aber nicht
Anfänglich dürften allerdings jeweils wohl nur wenige Exemplare lieferbar sein. Die Ausbildung, die auch auf deutschem Boden stattfinden soll, wird einige Wochen in Anspruch nehmen, der Aufbau der Logistik ebenfalls. Nicht nur beim «Gepard», auch bei anderen Typen fällt es zudem offenbar schwer, genügend Munition aufzutreiben.
Schneller einsetzbar ist für die Ukraine Gerät aus russischer Produktion, das einige osteuropäische Nato-Mitglieder noch besitzen und mit dem die ukrainische Armee vertraut ist. Deutschland ist bereit, solche Lieferungen zu unterstützen. In einem Ringtausch will Berlin Slowenien beispielsweise jeweils 35 ausgemusterte Schützenpanzer «Marder» und Radpanzer «Fuchs» abgeben, wenn Ljubljana seinerseits 30 bis 40 russische T-72-Panzer der Ukraine überlässt.
Die USA koordinieren
Nach wie vor beharren SPD-Kanzler Olaf Scholz und Verteidigungsministerin Lambrecht aber auf dem Standpunkt, die Bundeswehr selbst könne keine schweren Waffen an die Ukraine abgeben, weil sie sonst ihren eigenen Pflichten nicht mehr nachkommen könne.
Scholz und seine SPD verhielten sich bisher auch deswegen vorsichtig, weil sie Russland nicht unnötig provozieren wollten. Aus diesem Grund haben bislang auch die USA, Grossbritannien oder Frankreich noch keine Panzer aus eigenen Beständen geliefert. Allerdings gibt es angesichts der neuen Kriegslage derzeit in vielen Ländern neue Anstrengungen. Um die Sendungen zu koordinieren, hatte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin unter anderem das Treffen in Ramstein einberufen.
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